Das Aufblühen einer Rose

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Tief seufzte Anastasia in der U-Bahn auf, als sie dort wie zerschlagen auf einen der freien Plätze setzte und ihren Rucksack auf ihren Knien abgelegt hatte. Einige Menschen standen um sie herum und murmelten leise miteinander. Anscheinend eine Gruppe Jugendlicher, wie Anastasia es aus ihren Augenwinkeln bemerkte, daneben stand eine ebenso junge Frau, die pfefferminzgrüne Kopfhörer trug und in Bass Lautstärke ,,Some one Like You" von Adele hörte und dazu frech Kaugummi kaute.

Anastasia bemerkte in erster Linie den Geruch von Erdbeer in ihrer Nase. Das Kaugummi schien wirklich sehr intensiv zu sein und löste in ihr ein Gefühl des Hungers aus. Kein Wunder, immerhin hatte die Jugendliche mit den blassbraunen Haaren und dem Pferdezopf noch gar nichts gegessen. Hatte sowohl im Unterricht, als auch in den Pausen nur Gedanken an diesen ominösen und geheimnisvollen Zettel verschwendet und wie sich herausstellte, fürs erste gar umsonst ! Weiterer Trübsal umgab sie, wozu sich plötzlich ein unkontrolliertes Magenknurren in ihrem Inneren bemerkbar machte, das sogleich auch für die umliegenden Fahrgäste zu hören war. Als Anastasia daraufhin ihren Kopf hob, konnte sie selbst ihr hochrotes Gesicht nicht verkneifen. Man war das peinlich ! 
Einer der Jugendlichen zog aus seiner lockeren grünen Jeansjacke sogleich ein Erdbeerkaugummi aus seiner Brusttasche und reichte es sogleich Anastasia, wobei er sich geschmeidig mit der linken Hand an der Metallstange festhielt. 
,,Hier…ist so ein Snack für zwischendurch.", hatte er knapp von sich gegeben und Anastasia schluckte leicht. Schaute nun intensiver in das scharfkantige Gesicht des Jugendlichen, der ihr gerade etwas anbot.
Er trug eine phänomenale schwarze Sonnenbrille, besaß dazu helle und kurze geschnittene, aber exzellent gestylte Haare und lächelte sie sogar ein bisschen schalkhaft an. 
,,Nun komm…Greif zu, sonst schnappt sich mein Kumpel Bro dir den noch weg." 
Scherzhaft konnte Anastasia beobachten wie dieser Junge, den sie nicht einmal unattraktiv fand, unvermittelt einen Ellenbogen in seine schlanke Hüfte gerammt bekam.
,,Hey, was soll das denn heißen ?! Ich bin der verträglichste Mensch, den es überhaupt gibt. Nun ja gut…außer wenn's ums Essen geht.", brabbelte der Vollschlanke Mensch mit den dichten schwarzen Haaren neben ihm los und der Blondschopf begann amüsant aufzulachen. 
,,Na was meinst du, was ein Kaugummi wohl ist ?" 
Verlegen begann sich Schwarzschopf mit einer Hand den Hinterkopf zu reiben. 
,,Ja, das stimmt wohl."
,,Na los…jetzt greif zu…der beißt nicht.", meinte der Blonde mit der Sonnenbrille wieder zu Anastasia gerichtet und zaghaft griff Anastasia nun danach. 
,,Ehm…vielen Dank. Ich heiße übrigens Anastasia. Anastasia Redfort.", antwortete die 17 jährige und während sie das pinke Papier hin und her drehte, konnte sie  ,,Meet my Shadow" von Jake Scott aus den Kopfhörer vernehmen.

Das blieb auch den blonden Schönling nicht verborgen, der sich verlegen räusperte. 
,, Anscheinend magst du gerne Musik. Ich auch. Außerdem bin ich hier im Londoner Breakdance Club. Übrigens mein Name ist Andrew Smile, für meine Freunde aber auch gerne ,,Smitty" genannt und das hier ist mein ,,Bro" Freund Finley Stevenson. Auch genannt ,,Smarty" und zusammen findet man uns im Breakdance unter dem Duo Namen ,,Smitty und Smarty". Wir proben täglich in der Bakerstreet im Dancebuzz. Wenn du magst, komm doch ruhig Mal vorbei. Dann zeigen wir dir  auch gerne Mal ein paar Moves.", sprach der Blonde vergnügt weiter und begann dabei sogar leicht seine Sonnenbrille in die Haare zu graben und Anastasia hatte das Gefühl, das ihr Herz augenblicklich stehen bleiben würde, bei dieser eleganten Bewegung ja sie könnte sogar einen kurzen Blick auf diese kristallblauen Augen werfen. Wow war der heiß! Schoss es ihr sogar leicht durch den Kopf und hätte um ein Haar ihren Kaugummi fallen gelassen, wenn sie nicht noch schnell mit der rechten Hand nachgefasst hätte. 
Nun begann der Schwarzhaarige amüsiert aufzulachen.
,, Anscheinend ist Prinzessin ganz schön auf Abwegen."
,,Ach hör nicht auf Smarty Anastasia. Ich finde, du bist viel hübscher als eine Prinzessin. Eher so ne Art Rose im frühmorgendlichen Lichtstrahl.", kommentierte Smitty fast poetisch und ließ mit einem gekonnten Nicken seine Sonnenbrille wieder auf seine Nase fallen. Auf Anastasias Haut begann sich eine kleine Gänsehaut zu bilden. Noch nie hatte sie sich zu einem Jugendlichen so hingezogen gefühlt. War dies vielleicht die große Liebe, von der alle schwärmten ? 
,,Also…wo steigt denn die frische Rose mit Erdbeerduft heute aus ?", fragte Smitty ganz cool und Anastasia begann allmählich nach Worten zu ringen. 
,,Tja Ehm…ja also…nun…" 
Der Schwarzhaarige erkannte sogleich Anastasias Dilemma und begann sogleich seinen Freund einen Arm um den Hals zu legen. 
,,Hey, du brauchst nicht schüchtern zu sein! Smitty ist der netteste Typ, den ich kenne." 
,,Hey, lass das Bro. Wir sind doch keine Spackos !", riss sich der Blonde abrupt von ihm los, wobei sogar ein klein wenig seine Sonnenbrille verrutschte, die er aber sogleich wieder in die richtige Position schob, ehe er sich räusperte. 
,,Aber mal im Ernst. Schüchtern brauchst du echt nicht sein. Und ich glaube…in Wirklichkeit bist du das auch gar nicht."
Anastasias grüne Augen wurden so groß wie Tennisbälle.  
,,Ja, aber woher…"
,, Okay Butter bei die Fische. Wir gehen doch wohl alle auf dieselbe Schule soweit ich es mitbekommen hab und…ja eigentlich hängst du immer mit so ner Schwarzhaarigen ab, aber heute da …ja du schienst du in den Pausen echt planlos gewesen zu sein. Darf man fragen, was der Grund dafür war ?" 
Hörbar begann Anastasia noch einmal ein und auszuatmen, bevor sie den Kaugummi in ihre Seitentasche des karierten Rocks steckte und mit ihrer rechten Hand den Reißverschluss ihres Rucksacks aufzippte. Kurz darauf griff sie zu dem gefalteten Zettel und gab ihm Smitty. Der Blonde nahm diesen Kommentar los in die Hand, ließ die Stange los, schob seine Brille zu seinen Haaren hoch und las aufmerksam und still vor sich hin. Anastasia wusste selbst nicht genau, wieso sie diesen Jugendlichen so sehr vertraute. Zumal sie ihn selbst nicht kannte. Es war auch ein seltsames Gefühl, nun zu wissen, dass dieser Jugendliche auf ihre Schule ging und sie hatte in all den Jahren nix davon gemerkt ? Wie blind konnte sie denn nur gewesen sein ?! Innerlich schlug sie sich bereits ihre rechte Hand ins Gesicht, während sie den Jungen vor sich weiter musterte, der ehrlich und konzentriert ihren erhaltenen Brief las. Mit blauer Tinte geschrieben und mit einem Herzchen versehen.
,,Puh…da scheint es ja einer auch ganz schön ernst mit dir zu meinen Anastasia. Hast du eine Ahnung wer dir das geschrieben haben könnte?", fragte er, wobei Smitty das Papier ihr wieder zurück gab.
,,Nein überhaupt nicht. Ich dachte Sassy, also meine Freundin die Schwarzhaarige hätte etwas darüber gewusst, aber ich hab sie nirgends angetroffen und zum Schulschluss hab ich sie nur noch ins Auto steigen gesehen. Den Brief habe ich von meiner Mitschülerin Marie und die wiederum von Selina. Auch eine Mitschülerin und die wiederum von irgendeinem Schüler vom Schulhof, aber den Namen wollte sie mir nicht verraten."
,,Mhm verstehe…und gehst du hin ?"
Auf die neugierige Frage von Smitty, ließ Anastasia betrübt ihren Blick zum Fußboden schweifen.
,,Tja…ich weiß nicht…eigentlich wollte ich erst was über Sassy in Erfahrung bringen und mich dann entscheiden, ob ich nochmal um 20 Uhr zur Schule fahre."
,,Also ich würde hingehen.", mischte sich Smarty mit einer positiven Einstellung ein, während Anastasia ihn nur hingegen ängstlich musterte. Smitty hingegen könnte sich gut in Anastasia hineinversetzen. Vor einigen Jahren war er noch selbst ein schüchterner Schüler gewesen und bei dem Thema Liebe hatte es noch keiner bei ihm wirklich ernst gemeint und wenn er tief in sein Herz hörte, wusste er, dass er Anastasia schon jetzt sehr mochte. Da war die Sache doch klar, dass er ihr helfen wollte.
,,Ich mach dir einen Vorschlag Smarty und ich werden uns nahe dem Treffpunkt von dir und dem Unbekannten verstecken. Sicher, wir kennen uns noch nicht so lange, aber ich hab das Gefühl, du vertraust uns und wir dir. Ist das nen Deal, kleine Rosenblüte ?"
Auf Anastasia schlich sich ein kleines Lächeln, ehe sie nickte. 
,,Ja, das machen wir." 
Kurz darauf öffneten sich die Türen der Bahn und die beiden Jugendlichen verabschiedeten sich mit einem kleinen Handgruß, während Anastasia noch einmal mehr auf ihrem Platz zusammen sank und ihre Gänsehaut noch einmal mehr an Intensität zugenommen hatte. Gott war dieser Smitty heiß ! Heiß wie ein kandierter Apfel auf dem Weihnachtsmarkt. Wollte sie da tatsächlich noch diesen ominösen Fremden kennenlernen, wenn sie Smitty vielleicht ergattern konnte? Den smarten Jugendlichen mit der absolut coolen schwarzen Sonnenbrille und der grünen Jeansjacke, die sich so locker um seine schmale Taille anschmiegte. Vergnüglich atmete Anastasia aus. Der Typ war einfach nur ihr Traummann !!! Und sie mochte innerlich kreischen vor Liebesgefühle. Ja, so musste einfach Liebe sein ! Langsam begann sie ihre Augen zu schließen, während die Tür sich erneut schloss und die Bahn weiter Richtung Primose-Hill ratterte. Unentwegt hörte Anastasia ,,Meet my Shadow" wie auf Dauerschleife in ihren Ohren dröhnen und dämmerte dabei weit weg. In ihr persönliches Traumland in dem sie die besagte niedliche pinke Rose auf einer Wiese wuchs und von Smitty zart in seine Hände hin und her gewogen wurde. So lieblich, zart und fein. Das musste einfach Liebe sein…

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