Kollaps

6 1 4
                                    

Kapitel 43 Kollaps

Noch immer standen Dave und Raffaela im Aufenthaltsraum, während mittlerweile die Lichter im Raum mehr Licht spendeten, als es draußen der Fall war.
,,Ich glaube die Nacht bricht schneller herein als einem lieb ist.", erklärte Dave, der sogleich sein Handy zückte und es anstellte.
Sofort konnte er eine Nachricht im WhatsApp Chat erkennen.
Sie war von Lillia.

19.30 Uhr
,,Hey, hoffe ihr kommt bald zu unserem Treffen…der Countdown läuft. Und die Uhrzeit ist 21 Uhr bis später. Wir sehen  uns vor dem Bloomsbury Lane Hotel ! ;). "

Dave seufzte noch einmal schwer auf und schaute auf die Uhr. Es war bereits 19.30. Wie sollte er pünktlich in einem neuen Look dort ankommen? Und außerdem…er konnte doch nun ebenso Raffaela in der Situation schlecht allein lassen. Nun wo es Mikel doch schlecht ging. Er hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen !
,,Alles in Ordnung Dave ?"
Auf Raffaelas Frage steckte Dave das Handy wieder weg.
,,Wie man es nimmt."
Raffaela zog direkt eine Augenbraue hoch und Dave begann noch einmal heftig zu seufzen.
,,Nun ja eine Kundin hat mich und ihre beste Freundin heute Abend eingeladen am Dinner teilnehmen. Aus Vorfreude auf ihre morgige Hochzeit. Zuerst habe ich zugesagt, aber unter diesen Umständen nun…"
,,Du solltest hingehen, Dave."
Auf ihre bekräftigenden Worte, sah der Schwarzhaarige sie leicht skeptisch an.
,,Aber ich kann dich doch nicht einfach…"
,,Doch kannst du…es reicht, wenn ein schmerzhafter Stern vom Himmel fällt. Wenn eine Kundin dich sogar als Bereicherung empfindet, dann solltest du es tun. Denn wenn Mikel stirbt. Tut er das sowieso. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen und Sam ist schließlich auch noch hier."
Unter Daves nun schmerzlich verzogenes Gesicht mischte sich ein gezwungenes Lächeln. Als ob Sam gerade ihr bester Ansprechpartner für diese Situation war ?!
Wenn sie bloß wirklich wüsste, was zwischen Sam und Mikel lief, dann wäre sie wohl die nächste, die hier im Krankenhaus liegen würde.
,,Miss Terencino?", auf die leicht schüchterne Frage, drehten sich die Beiden zum Flur um. Und sahen wie eine Schwester im weißen Gewand und einer ebenso weißen Mütze mit einem roten Kreuz auf sie zukam.
,,Es geht um Mikel Terencino."
Trocken schluckte Rafaela auf, während die Schwester fortfuhr.
,,Er ist von der Intensivstation auf den Opsaal 10 verlegt worden. Die Ärzte kämpfen gerade verzweifelt um sein Leben. Wir können derzeit nicht sagen, ob er es überleben wird. "
Schlagartig begannen Raffaelas Beine zu schlottern und nur dank Daves nun beherztes Eingreifen war es zu verdanken, dass sie statt des Bodens nun in einem der gestreiften Sessel Platz nahm.
,,Mikel ", kam es flüsternd aus ihrem Mund.
,,Es tut uns furchtbar leid. Leider haben wir noch eine weitere schlechte Nachricht. Ein junger Mann mit blonden Haaren, der nach Terencino gefragt hatte…vielleicht kennen Sie ihn ja."
,,Das ist Sam Anderson. Was ist mit ihm ?", fragte Dave nun überrascht.
,,Nun ja, er hat den Transport von Mr. Terencino mitbekommen und unsere Kollegin hat daraufhin den nächsten Arzt konsultiert. Mit anderen Worten, er ist bei diesem Anblick einfach direkt zusammengebrochen und in Ohnmacht gefallen. Zum Glück nichts gravierendes. Wir dachten nur…vielleicht wäre es gut, wenn er nicht allein aufwachen mag und um diesen Schock zu verdauen.", plapperte die Schwester weiter, während Dave und Raffaela sich noch einmal langanhaltend ansahen. Unglaublich wie rasant die Dinge hier verliefen.
,,Tja, dann werde ich mich zu Sam aufmachen.", sprach Raffaela, die schließlich noch einmal kurz ihre Augen geschlossen hatte und mit ihrem Restmut wieder aufstand.
,,Aber Raffaela ! Ich denke nicht, dass es jetzt gut wäre, mit Sam allein zu sein. Es gibt Dinge, die…"
,,Ich weiß selbst, was ich zu tun habe und was nicht Dave ! Mach dir keine Sorgen und fahr zu deiner Verabredung. Wenn irgendwas ist, dann kannst du mich jederzeit erreichen. Ich hab Mikels Handy bereits eingesteckt. Die Nummer kennst du ja."
,,Ja schon, aber ich muss um 21 Uhr hier erneut in London sein und meine Wohnung liegt nicht in der selben Stadt. Mit dem Zug bräuchte ich…"
Doch in Windeseile hatte Raffaela aus ihrer pinken Jacke einen Schlüsselbund gezogen.
,,Hier. Mikels und meine Wohnung liegt nicht mal 50m zu Fuß von hier entfernt. Und auch diese kennst du. Such dir einfach einen Anzug aus seinem Schrank aus, geh doch Duschen und genieß dann anschließend die Party."
,,Aber…"
Auf Raffaelas Gesicht erschien  ein Lächeln.
,,Nun hör schon auf mit deinem ,,Aber" sicher wären Mikels Kleidungen vielleicht ein wenig klein ausfallen zumindest die Hosen, aber lieber so als völlig verdreckt und verschmutzt auf so einem Dinner anzukommen. Außerdem ist das eh Mikels Schlüsselbund. Meinen eigenen hab ich in der Tasche. Also jetzt geh und hab Spaß!"
,,Den Spaß kann ich dir nicht versprechen, aber ich geb mir Mühe. Dennoch, pass  bitte auf Sam auf und tue mir den Gefallen und bricht nicht auch noch  zusammen. Denn naja Sam…"
,,Schon gut nun geh endlich!" , herrschte Raffaela ihn an und somit nickte Dave ihr dankbar zu, ehe er um die nächste Kurve verschwand und die beiden Damen allein ließ. Wobei ihm eine Frage dringend beschäftigte. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen ?!
Indessen hatte Raffaela die Schwester nach der Zimmernummer von Sam Anderson gefragt und war auf den Weg dorthin, dabei fragte sie sich schon, warum Dave nicht wollte, das sie mit Sam zusammen allein sein konnten? In gewisser weise fand sie sein Verhalten komisch. Aber das würde sie noch rauskriegen, da war sie sich sicher !
Währenddessen ratterte der Zug von Karlotta mit Sundance und Anastasia zur selben Zeit bereits durch den Untergrund von London. Sorgfältig hatte Karlotta die Musik ausgeschaltet, die Halle abgeschlossen und waren  auf dem Weg zu Lillias Wohnung. Doch mit jedem Meter, den sie näher an die Villa brachte, könnte Karlotta erkennen, wie immer nervöser Anastasia wurde.
,,Alles in Ordnung Ana ?"
,,Mhm ? Ja…ja natürlich. Ich Ehm…naja ich steige nur nicht bei der Station von Primose-Hill aus."
Perplex begann nun, Karlotta zu blinzeln.
,,Sondern ?"
,,Naja ich will mich mit Sassy treffen wegen Hausaufgaben machen. Ich hab…noch ein paar Fragen dazu."
,,Aha und dafür hast du statt deinen Rucksack nun eine kleine rote Mini Tasche dabei ?"
Auf Karlottas skeptische Frage, schaute Anastasia schelmisch nach oben zur Decke.
,,Tja weißt du…ich wollte mir einfach die Antworten von ihr auf lose Zettel notieren und dann in die kleine Tasche stecken. Die haben da voll gefaltet Platz. Und der Ranzen an sich war eben  zu schwer und ich war zu faul, ihn auszupacken."
,,Aha.", erwiderte Karlotta, wobei sie ihre Arme verschränkte und sie mit einem scharfen Blick ansah.
Einige Schweißtropfen rollten von Anastasias Stirn hinunter zu ihren Wangen. Und auch wenn sie demoment nicht direkt in des rotblonden Fräuleins Gesicht schaute…aus den Augenwinkeln vernahm sie dennoch ihren leicht verbitterten Blick. Oh man jetzt war guter Rat echt teuer ! Wenn Lillia von ihrem heimlichen Treffen erfuhr, würde sie definitiv sie zurück holen ! Gut sie brauchte eine neue Notlüge und in Windeseile begann in ihrem Gehirn sich eine Glühbirne aufzutun ! Schnell sah die Braunhaarige mit dem Pferdezopf wieder auf Karlotta.
,,Also gut ..du hast mich erwischt. Meine Mutter und ich haben nochmal was für Lillias Hochzeit extra geplant. Eine gigantische Torte, aus der ich später heraus springen werde, aber pssst…sag das bitte nicht Lillia weiter. Darum muss ich heute zu meiner Mutter !"
Die 17 jährige faltete wie eine betende Madonna ihre Hände und kniff für kurze Zeit die Augen zu, ehe sie  eins öffnete, als wäre hinter ihr ein Bücherregal umgestürzt und hätte vorsichtig nachgesehen, ob sie mit dem blauen Auge davon gekommen wäre.
In Karlottas Gesicht, fiel derweil ein breites Grinsen.
,,Das ist ja eine fantastische Idee. Was gäbe es für Lillia schon besseres, als ihre kleine Schwester als große Überraschung. Keine Sorge, ich verrate nix. Ich freue mich sogar richtig drauf."
Anastasia setzte nun ein künstliches Lächeln auf. Tja jetzt hatte sie sich Zeit für diesen Abend besorgt aber…aber wo zum Teufel sollte sie so schnell zu ner unechten großen Torte kommen ?!
Derweil hatte sich Raffaela neben Sam ans Krankenbett gesetzt und sah ihm beim Schlafen zu, wobei sie ihm flüchtig eine Strähne aus seinem Haar kämmte, wobei er allmählich seine Augen öffnete und in die blassblauen von der massiv korpulente Frau blickte, die ihn mit leichter Sorge aber dennoch versuchte Sicherheit auszustrahlen, anlächelte. Abrupt setzte sich Sam aufrecht, starrte sie erst verdutzt an und begann, ihr dann Fragen zu stellen.
,, Raffaela? Sagmal was mach ich hier im Bett und wie geht es Mikel ?"
,,Tja, seit der Info, dass er im Op Saal liegt, nix neues. Dave hingegen hab ich losgeschickt zu seiner Verabredung."
Sogleich fiel Sams bitterböser Blick auf seine leichte Zudecke.
,,Ach, der kann mir gestohlen bleiben ! Wenn ich  weiß daß es Mikel überstanden hat, ist für mich die Geschäftsbeziehung und auch unsere Freundschaft hin !"
Raffaela begann ihn jedoch nur verwirrt zu meistern und legte gar ihren Kopf schief.
,,Wie meinst du das ?"
,,Dieser Idiot verknallt sich in eine Frau, die erst einen Tag kennt und ruft Mikel, um sich mit ihr auf die Socken zu machen und das Ergebnis ist…er überlebt und Mikel schwebt in Lebensgefahr! Er hat unsere Freundschaft aufs Spiel für so ne Feuerlöscherin aufs Spiel gesetzt, das verzeih ich ihm nie !!!"
Doch kaum hatte er das letzte Wort zähneknirschend und voller Wut ausgesprochen, da landete auch schon behutsam die zarte Hand von Raffaela auf seine linke Hand. Verwundert betrachtete der McGyver Schönling sie, während Raffaela ihn sanft anlächelte, wobei ihre Augen jedoch einen leicht feuchten Glanz bekamen.
,,Dave hat nichts falsch gemacht. Er liebt diese Person anscheinend. Und du…du liebst doch auch."
Verblüfft über diese Aussage, verkrampfte sich die linke Hand unter ihrer und sie ließ ihn langsam los.
,,W…Woher ?... hat Dave etwa…"
,,Aha…er weiß es also auch schon."
Wie als hätte man Sams Kopf gegen eine Glasscheibe geworfen, sah er sie mit noch größeren Augen an.
,,Ich weiß von deinem Verhältnis mit Mikel.
Ja es hat mich damals wirklich fix und fertig gemacht, als ich eines Tages nachhause kam und dich und meinen Ehemann in einem Bett schlafend und zusammen gekuschelt gesehen hab, aber mit der Zeit hab ich einfach gemerkt, das er immer wenn er mit dir zusammen war, viel glücklicher war, als er mit mir. Es war ok. Wie haben uns alle drei was vorgemacht. Nur….auch ich hab es nie fertig gebracht, es euch zu sagen. Das es erst dazu kommen musste, dass Mikel am seidenen Faden hier im Krankenhaus hängen musste…Mir ist klar, dass das ein  Es tut mir Leid, nicht  alles wieder gut macht, aber gib bitte nicht Dave für diesen Unfall die Schuld und rede mit ihm auf Augenhöhe. Denn besonders ihn belastet das Ganze. Immerhin hatte er nur Glück und wäre auch fast gestorben. Und nicht zu vergessen ist auch er Jemand, der gerade furchtbar leidet. Ich musste ihn regelrecht zwingen, das Krankenhaus zu verlassen. Freiwillig wäre er hier geblieben, vergiss das bitte nicht !"
Tonlos  seufzte Sam auf und starrte wieder auf seine Decke.
Er konnte es nicht fassen: Raffaela wusste also die Ganze Zeit schon über ihn und Mikel Bescheid und sie hatte es tolleriert, obwohl ihr das doch am meisten mit belasten musste. Was für eine starke Frau!
Schließlich sah Sam sie gefasst an.
,,Auch mir tut es leid Raffaela. Wir hätten es nie so lange geheim halten sollen und nun…nun ist es beinahe zu Spät. Ich hoffe nur so sehr…das er schafft es !"
Erneut landete Raffaelas Hand auf seiner, diesmal stärker und kräftiger.
,,Bei der Prognose dürfte es schwer werden Sam. Aber…was ich dir auf jeden Fall sagen möchte…ich bin bei dir. Wann immer du Rat oder ne Schulter zum Ausweinen brauchst…ich bin für dich da !"
Kurz darauf begann Sam ergriffen zu nicken, wobei sich die ersten Tränen bei dieser vielleicht realen Wahrheit zu sammeln. Ohne zu zögern beugte sich Raffaela über ihn und hielt ihm fest um Arm. Tonlos fielen bereits die ersten Tränen auf das schneeweiße Bettlaken und Sam begann leise zu schlurchzen, während sich auch bei Raffaela erste Tränen in ihren himmelblauen Augen abzeichneten. Egal was ab nun an passierte. Eines war definitiv klar. Liebe war stärker, als der Tod…

Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt