>>>Alexander<<<
Sie heute Nacht in den Armen zu halten, bis sie in den Schlaf gefunden hatte, war bei weitem das herzzerreißende, was ich je miterleben musste. Wie konnte nur alles so schief gehen? Als ich sie im Restaurant gesehen hatte und mir sicher sein konnte, dass dort eine Chance besteht, schwor ich mir, sie so zu behandeln, wie sie es brauchte. Gut zu ihr zu sein und ihr trotzdem die Strenge zuteilwerden zu lassen, die sie brauchte.
Stattdessen riss ich sie ein paar Tage nach unserem Wiedersehen aus ihrer Heimat, überrumpelte sie, hielt mich nicht an die Sachen, die ich ihr versprach und alles lief einfach von Grund auf schief.
Ich rieb mir mit den Händen durchs Gesicht. Wie sollte es jetzt weitergehen? Ohne zu zögern griff ich nach meinem Handy.
"Hallo? Nicole hier."
"Hallo." Ich zögerte kurz, bevor ich fortfuhr: "Hier ist Alexander."
"Ah ja, natürlich. Schön von dir zu hören. Wir hören so wenig von unserer kleinen, du musst sie ja wirklich viel beschäftigen", führte sie Smalltalk und schlug sich wirklich gut bei dem Versuch, sich nicht anmerken zu lassen, wie verwirrend und unangenehm das hier sein musste.
"Genau deshalb rufe ich an."
Die darauf eintretende Stille, in der sie zu bemerken schien, worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde, war erdrückend.
Ich atmete noch einmal tief ein und machte es dann endgültig:
"Ich habe hier doch wesentlich mehr mit der Arbeit zu tun als ich dachte und schaffe es kaum, Zeit mit Ihrer Tochter zu verbringen. Sie scheint von Tag zu Tag unglücklicher, auch wenn sie selbst das noch nicht bemerkt zu haben scheint. Wir haben gestern ausführlich miteinander gesprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt für uns ist. Ich wollte es Ihnen selbst mitteilen, so dass Sie wissen, warum sie nach Hause kommt und Layla es nicht nochmal erklären muss." Ich spürte, wie mein Hals von Wort zu Wort trockener wurde. War das hier wirklich die richtige Sache?
"Ich verstehe. Danke dir, Alexander. Es ist immer schwer, eine solche Entscheidung zu treffen. Wir werden alles vorbereiten, sodass sie das Gefühl hat, nach Hause zu kommen. Sie wird das schaffen."
Ungläubig wiederholte ich das Gesagte im Kopf. Wieso stand sie mir nun bei? Sie sollte mich als Mutter doch viel mehr hassen. Ich, der ihre einzige Tochter in ein anderes Land gebracht hat, ohne ihnen vorher Bescheid zu geben. Und nun nach nicht einmal einem Monat schickte ich sie zurück.
"Vielen Dank", sprach ich einfach das aus, was wohl am passendsten in diesem Moment war und legte auf.
>>>Layla<<<
Alles in meinem Körper schrie danach einfach im Bett liegen zu bleiben, aber das würde mir nun auch nicht mehr helfen. Ich hätte gestern einfach ins Bett gehen sollen. Ob dann alles anders gekommen wäre?
Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich ins Esszimmer, wo wie jeden Morgen ein Buffet wartete, das alles beinhaltete, was man sich nur wünschen konnte. Inklusive aller drei Männer, mit denen ich etwas in den letzten Tagen hatte. Ich schluckte, bevor ich mich an den Tisch setzte.
"Guten Morgen", sprach Cecil, ohne auch nur so zu tun, als ob er ein Fünkchen Mitleid mit meiner Situation hätte. Ein Blick in die Runde zeigte ein mildes Lächeln von Sebastian und einen nicht eindeutigen Blick von Alexander. Diese Stimmung passte nicht zu dem, was gestern vorgefallen war.
"Was ist hier los?", fragte ich verunsichert, worauf Cecils gute Laune noch weiter anzusteigen schien und Sebastians Lächeln verschwand und zu einer Miene wurde, die der von Alexander ähnelte.
"Ihr müsst verrückt geworden sein!", entkam es mir, als mir ein Licht aufging. Doch sie schienen das einfach schon für mich beschlossen zu haben.
"Du solltest dich glücklich schätzen, andere würden hierfür töten", brachte mir Cecil entgegen, erhob sich von seinem Stuhl, was die anderen ihm gleich taten.
"Genieß es einfach, Kleine. Ich habe dich nicht so behandelt, wie ich es vorhatte. Und auch wenn es das hier nicht gutmachen kann, so ist es hoffentlich doch ein halbwegs akzeptables Abschiedsgeschenk", redete nun Alexander auf mich ein.
"Abschied?". kam es fast tonlos aus meinem Mund.
"Dein Flug geht in 8 Stunden. Ich werde dich zum Flughafen bringen", erklärte Sebastian den Plan, den sie anscheinend schon ausgeklügelt hatten.
Es wäre ein guter Moment gewesen, um anzufangen zu weinen, aber wie könnte ich das tun, wenn ich stattdessen alle Männer haben könnte, die mein Interesse geweckt hatten?
"Wo gehen wir hin?", fragte ich also und erhob mich ebenfalls.
"Wer hat gesagt, dass wir irgendwo hingehen?"