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>>>Layla<<<

Entgegen meinen gestrigen Erwartungen war mein Kater deutlich schlimmer als gedacht. Abends war mir irgendwie auch entgangen, dass Mattheos Wohnzimmer ein verdammter Glaskasten war. Unter normalen Umständen natürlich ein Traum aber gerade sorgte es dafür, dass ich mich wie ein Vampir ohne Tageslichtring fühlte.

Trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen, gespannt über die Schulter in die offene Küche zu blicken. Von wegen es war das Licht. Mattheo ist verdammt heiß geworden. Wie ist mir das entgangen?
„Guten Morgen."
Mir meine peinliche Berührtheit nicht anmerken lassend, schaute ich ihm weiter dabei zu, wie er die Eier am Rand der Pfanne aufschlug, ohne dass ihm auch nur ein kleines Stück Schale hineinfiel. Vorausgesetzt es war tatsächlich so. Die Vorstellung davon, dass der Pfanneninhalt eine Art Eierschalenauflauf war, was er nur nicht korrigierte um vor mir nicht dumm dazustehen, belustigte mich.

„Brauchst du etwas?", fragte er wobei er mich genau anblickte. Oh ja ich brauchte etwas. Dass er mich über seine Arbeitsplatte lehnt um mich durchzunehmen.
„Hast du etwas gegen Kopfschmerzen da?", fragte ich bedacht darauf meine innere Stimme zu ignorieren.
Statt mir zu antworten, griff er hinter sich und brachte mir ein Glas Wasser und zwei Ibus. „Bitte sehr"

Er stellte die Dinge auf dem Wohnzimmertisch ab, um sich wieder unserem Frühstück zu widmen.
„Isst du Fleisch?", fragte er mich nach ein paar viel zu langen, stillen Minuten. Und natürlich wollte das was in mir nicht mit Frühstück gefüttert werden wollte nun nicht das falsche sagen.
„Ab und zu, aber ich brauche nichts, wenn du es nicht isst", gab ich also die beste Antwort, die ich mir auf die schnelle zusammendenken konnte.

„Das hier hätte ich ohne Fleisch wohl nicht so schnell hinbekommen, wie es nun einmal habe", erklärte er belustigt und zeigte dabei mit dem Pfannenwender auf seinen Körper, wobei er sich eher auf seinen Oberkörper beschränkte, den ich darauf wohl oder übel näher betrachteten musste.

„Du trainierst also noch nicht lange?", schlussfolgerte ich. Oh Gott, er war doch wohl nicht verknallt gewesen und hatte angefangen, nachdem ich für einen anderen das Land verlassen habe? Sofort ohrfeigte ich mich selbst für dieses Szenario. Er wusste zwar, dass ich existiere, aber mehr Interesse bestand da sonst nicht. Bis jetzt.
Es würde mich auch nicht wundern, wenn er schwul wäre. Vielleicht war es das was ihn und Phil so zusammen brachte.

„Seit ein paar Monaten. Ich brauchte einen Sport bei dem ich etwas freier bei der Zeiteinteilung bin und da bot sich Krafttraining in einem Fitnessstudio einfach an."
Er lächelte bei diesem Satz tatsächlich, was mir fast schon Angst machte. Leute die Spaß an Einzelsportarten hatten, waren mir einfach suspekt.
„Wollen wir auf dem Sofa oder in der Küche essen?" Riskieren auf dem Sofa nah an ihm zu sitzen oder Aufstehen müssen...
„Auf dem Sofa, wenn es dir wirklich nichts ausmacht." Mit meiner Antwort richtete ich mich auf und legte meine Sachen beiseite um Platz zu schaffen.

Er hatte sich viel mehr Mühe gegeben, als ich mir je gegeben habe. Es gab verschiedene Sorten Brötchen, aber auch Brot und sogar Obstsalat hatte er vorbereiten. Er schien mein erstauntes Betrachen leider falsch einszuschätzen. Darauf ließ zumindest seine Frage, ob ich morgens lieber Müsli esse und die Enttäuschung als er gestand, dass er keines in der Wohnung hatte, schließen. 

„Wie? Nein, nein das ist.. perfekt. Ich hatte es einfach nicht erwartet. Du hättest dir nicht so viel Mühe geben müssen"
Nun war ich diejenige die seinen Gesichtsausdruck nicht deuten konnte.
„Also ich frühstücke immer so. Es war jetzt wirklich kein Aufwand das zweimal zu machen. Mach dir keine Sorgen."
Ich wusste nicht, ob nun lachen oder weinen angebracht war. Wer bitte frühstückt bitte immer wie ein verdammter König?

„Oh, achso. Dann ist ja alles gut." Wenn er mir nicht anhörte, wie unangenehm mir das war, stimmte etwas mit ihm nicht aber er reagierte nicht wirklich anders. Wahrscheinlich, damit ich mich nicht noch unwohler fühlte und noch was dummes sagte.
„Was schaust du so?", holte er mich aus dem Grab, das ich mir gerade schaufelte, um mich darin zu begraben, um dieser unangenehmen Situation nicht länger ausgesetzt zu sein.

„Ich schaue eigentlich alles. Vielleicht finden wir ja einen neu herausgekommenen Film, den wir beide noch nicht kennen und interessant finden", schlug ich vor, was er annahm und begann, unter neu erschienenen Filmen etwas zu suchen und den ersten Trailer zu zeigen. Da er uns beiden zusagte entschieden wir uns ohne noch etwas anderes anzusehen. Es war eine Komödie über eine Familie mit drei Kindern die die Scheidung ihrer Eltern verhindern wollten, die aber eigentlich gar kein Thema war. Ein typisches Missverständnis aber sehr unterhaltsam,

„Lass es dir schmecken", kommentierte ich Matheos riesiges belegtes Brötchen, von dem er kaum abbeißen könnte.
„Du dir auch", nuschelte er als Antwort. Ein Wort mehr uns er hätte sich vermutlich verschluckt.
Nach einer halben Stunde fing ich an mich zu fühlen als würde ich mit Phil etwas schauen. Ich saß nicht mehr auf meine Haltung achtend und behutsam essend neben ihm. Mittlerweile saß ich im Schneidersitz, hatte mir die Decke wiedergeben lassen, um sie über meine Beine zu legen und schaufelte mir ein Löffel Obstsalat nach dem anderen in den Mund.

Irgendwas hatte er an sich, dass man sich einfach wohl fühlte in seiner Nähe. Er strahlte die selbe Ruhe aus wie Phil. Vielleicht sogar mehr. Wie kam es, dass er und Mattheo so gute Freunde waren und wir noch nie etwas unternommen hatten?
„Wie haben du und Phil euch eigentlich kennen gelernt?", ließ ich das Pausieren des Films sich in die Länge ziehen.

„Ich hatte eine nette Diskussion mit ihm, als er sich meine Uni angeschaut hat und habe ihm zu einem Basketballspiel meiner Universität eingeladen, um unsere Unterhaltung danach fortzusetzen", lachte er. Man bekam eindeutig mit, dass mehr dahinter steckte, aber würde er mir sagen wollen, um was für eine Diskussion es sich handelte, hätte er es wohl gesagt.

„Was studierst du überhaupt?", versuchte ich auf anderem Wege an meine Antwort zu kommen.
„Theologie im vierten Semester."
Anscheinend erwartete er eine heftigere Reaktion als man sie bei anderen Studiengängen haben würde, denn mein verschlucken und husten überraschte ihn nicht wirklich.
„Entschuldige", ein weiteres Husten, „das hatte ich nur einfach nicht erwartet."

„Das tun die wenigsten", sprach er freundlich und reichte mir mein Glas, von dem ich auch gleich ein paar Schlucke nahm.
„Was möchtest du mit deinem Studium später machen?", versuchte ich in der normalsten Tonlage die ich nach dieser Information hinbekam das Gespräch weiter zu führen.
„Ich werde Priester." Auf diese Information wusste nicht einmal mehr mein Körper eine Reaktion.
„Priester, wie katholischer Pfarrer?", fragte ich in der Hoffnung, es gab noch eine andere Bedeutung für dieses Wort.

„Ähm ja so kann man es wohl auch beschreiben."
Mir kamen dazu viele Themen in den Sinn. Gleichstellung von Frauen, Homosexualität. Sex vor der Ehe. Wie konnte man das nur wollen. Von den aktuellen Aufdeckungen ganz zu schweigen.
„Wie also ich meine wa- warum?", war deshalb wohl die einzige Frage die meinen Mund verließ.

Was wohl Mattheos Antwort sein wird?

Enchained Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt