War das der Grund für Phillips Verhalten? Hatte er es erst jetzt erfahren und kann das nicht vertreten, wodurch er seinen besten Freund verloren hat? Aber wieso sollte er dann noch mit ihm reden. Wieso redete Mattheo mit ihm? Es war ja wohl kein Geheimnis, dass Philip schwul war.
„Ich will es besser machen", beendete er meinen Gedankenstrudel. Besser machen?
„Ich will den katholischen Glauben wieder zu etwas machen, für das man sich nicht schämen muss und aufräumen, was die Gewichtung mancher Sünden angeht. Angefangen in meiner Gemeinde aber hoffentlich schafft meine Generation es, die Situation zu verbessern."„Wie wäre es mit konvertieren und einfach Pfarrer werden?", brachte ich etwas bissiger hervor als geplant.
„Das würde das Problem ja nicht lösen und mir gefällt der Katholizismus einfach mehr", antwortete er ganz verständlich.
Wie um Himmelsleitern sollte dieses Gespräch wieder in eine normale Richtung gehen?„Du glaubst wirklich, dass du es schaffst, alle Probleme zu lösen?" Er lacht. Warum lacht er?
„Nein natürlich nicht, aber einer muss den Anfang machen und zum Glück sehen es jetzt schon viele wie ich. Bis wir praktizieren, dauert es aber leider noch."
Ah ja, eine Horde motivierter Pfarrer die für Sex, Lgbtq, und das Finger lassen von Kindern sind, verstecken sich also aktuell noch in den Universitäten des Landes. Ist klar.„Ich weiß wirklich nicht, wie ich damit umgehen soll", gab ich zu.
„Und das ist völlig in Ordnung. Ich kann dir anbieten, was ich auch Phil nach unserem Abend anbot: Lass es sacken, besuche einen Gottesdienst mit mir und wirf mir alles an den Kopf, was du dann noch zum Werfen hast. Ich bin mir sicher, ich kann für vieles eine Lösung finden, auch wenn es keine schnelle ist.Er meinte das tatsächlich ernst und ich konnte nicht fassen, dass Phillip diesen Schwachsinn mitgemacht hat und es ganz offensichtlich auch noch akzeptiert hatte!
„Also ich denke, ich werde jetzt gehen. Es war wirklich schön, aber ich muss das jetzt irgendwie erst einmal verarbeiten."
Ich schien ihm einen kleinen Stich zu verpassen, wusste allerdings nicht, ob das an meinem Bild von seiner Religion lag oder meinem Verwinden an sich.„Lass mich dich zumindest nach Hause bringen", bat er mich, doch wenn ich es schon nicht ertrug, im Wohnzimmer mit ihm zu sein, dann wohl kaum in einem Auto.
„Ich schreibe dir, wenn ich zuhause bin", war alles, was ich noch sagte, während ich die Decke wieder weg legte und mir meine Highheels wieder anzog.>>>Matheo<<<
Es war faszinierend, wie ähnlich sich die beiden waren. Fast als wäre sie seine Zwillingsschwester und nicht Bea. Aber auch sie würde sich zumindest auf die Möglichkeit einlassen, dass mein Angebot dazu führt, dass sie mich verstehen könnte. Aber würde das reichen?Ich muss mich auf jeden Fall zusammenreißen, meine Finger von ihr zu lassen. Ich konnte nicht Phils beste Freundin auch noch ficken. Naja, gefickt hatten Phil und ich ja auch nicht wirklich, aber was wir taten, war schlimmer. Wir machten rum, wie es eigentlich nur alkoholisierte Teenager in irgendwelchen Ecken auf Hauspartys taten und spürten dabei auch noch eine Verbundenheit.
Allein beim Zurückdenken an diese Nacht wurde ich hart. Aber wie könnte es auch anders sein. Ich konnte nur hoffen, Layla würde all das erst später herausfinden. Bea reichte mir für gerade erst einmal. Hätte wirklich nicht gedacht, dass gerade ihr es gelingen würde, mich auszutricksen. Aber sie war eben genau so intelligent, wenn nicht sogar intelligenter als ihr Zwillingsbruder. Leider hatte sie sehr andere Ansichten, so dass das bisschen Koks für einen verdammten Krieg zwischen den Geschwistern gesorgt hatte.
Phil stand seitdem völlig neben sich. Aber ich war froh, dass er sich nicht von mir abwandte. Noch vor ein paar Wochen hätte er es gemacht. Aber irgendwie hatte ich es tatsächlich geschafft, in diese seltsame Freundesgruppe integriert zu werden. Obwohl ich noch kein Teil von ihnen war.
Mir bewusst werdend, dass Dogmatik und Ethik gerade wichtiger waren, ging ich in mein Zimmer, konnte aber nicht anders, als noch einmal darüber nachzudenken, wie es wohl wäre, mit Layla in die Kirche zu gehen. Würde sie trotzig auf der Bank sitzen oder tatsächlich folgen und über die Predigt nachdenken? Ein Bild von ihr, kniend auf der Kniebank in ihrem Kleid von letzter Nacht, huschte mir durch den Kopf.
Ich war überzeugt, dass Gott nichts dagegen hatte, dass ich meinen Gelüsten nachging, solange alles einvernehmlich geschieht, aber manches sorgte doch dafür, dass ich das Bedürfnis bekam Buße zu tun.
Vielleicht sollte ich vor meinem Bruder beichte ablegen. Es war einfach zu schön, wie ernst er bei allem blieb, was ich ihm durch das Gitter gestand und mich verurteilend anschaute, sobald wir aus dem Beichtstuhl hervortraten und uns sahen.Er gehörte noch zur alten Schule und meine Beichten waren wohl das sexuellste, was er in seinem Leben erlebte. Irgendwie traurig.
