>>>Layla<<<
Es brauchte ein paar Minuten des Umherirrens, bis ich begann, den Gedanken zuzulassen, dass er zu ihr gegangen sein könnte. Würde er das wirklich tun? Dass ich mich bei dem Gedanken tatsächlich schlecht fühlte, verschaffte mir ein schlechtes Gewissen. Immerhin war ich diejenige, die vor nicht einmal 20 Minuten mit seinem Bruder geschlafen hatte.
Die erste Träne lief meine Wange hinunter. Zum einen war ich traurig, dass ich das zugelassen hatte, ohne vorher mit ihm zu sprechen, zum anderen hasste ich mich dafür, dass es mir zwar leid tat, aber ich es nicht bereute. Ich bereute es einfach nicht. Das, was eben passiert war, das, was ich gefühlt hatte. Diese Gefühle sollte ich bei ihm haben. Aber das war schon lange nicht mehr so. War es auch nur einmal nach dem Ferienhaus so gewesen?
Angst kam bei dem Gedanken auf, dass ich nur durch eine Illusion von uns beiden mein Zuhause verlassen hatte, mein Land. Am liebsten hätte ich Phil angerufen. Früher telefonierten wir jeden Tag und sahen uns auch fast genauso oft. Was ist nur passiert? War ich wirklich eines dieser Mädchen, die ihre Freundschaften für einen Typen aufgegeben hatte?
Nachdem ich so ziemlich alle Räume abgesucht hatte, in denen er hätte sein können, entschloss ich mich dazu nachzusehen. Wenn er wirklich bei ihr war, würde es die Tatsache, dass ich es sehe, nicht realer machen. Ich hätte nur die Gewissheit, dass wir verloren waren. Das wären wir doch dann? Der Gedanke übertraf alle meine bisherigen Vorstellungen. Könnten wir eine Beziehung führen und trotzdem mit anderen etwas haben? Könnte ich beide Brüder haben? Würde Sebastian damit umgehen können? Könnte ich das?
Nein. Darüber müsste ich später nachdenken. Noch eine Abbiegung bis ich vor der Tür stand. Aber dort angekommen, war es still.
„Es hat nicht lange gedauert, bis ich gekommen bin. Mir war nicht klar, dass du zuhören willst", sprach er kalt und trat hinter einer Wand hervor.
Natürlich wusste er, dass ich kommen würde. Egal ob das zwischen uns noch das war, was wir wollten, was es ist. Er kannte mich. Viel zu gut.„Alex, ich", begann ich. Doch was hätte ich sagen können, das mein Verhalten erklärt, geschweige denn rechtfertigt?
„Du was, Layla?"
Wieso war er so ruhig? Wieso konnte er mich nie sehen lassen, wenn er verletzt war?
„Ich weiß nicht, wie ich dir erklären kann, was passiert ist", gab ich ehrlich zu.„Dann lass mir dir helfen. Du hast mit meinem Bruder gefickt oder hat er Cecil gefickt und du hast zugesehen? Naja du hast mich betrogen und dann habe ich dich betrogen in dem ich Victoria gefickt habe. Und es hat mir gefallen und zwar so sehr, dass ich meine Wut auf dich oder mich selbst, keine Ahnung, vergessen konnte. Aber jetzt sehe ich dich an. Gott, ich sehe dich an Layla und ich weiß einfach nicht mehr weiter!"
Habe ich ihn jemals so aufgebracht erlebt? Ich weiß es nicht..
„Es tut mir leid", hauchte ich, ohne mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Wir standen einfach nur da und schauten uns an. Realisierten, dass das wohl unser Ende war.„Ich wollte dir alles geben. Alles für dich sein. Stattdessen hatte ich keine Zeit für dich und habe dich nicht so behandelt, wie es für einen Neuling in dieser Szene angemessen gewesen wäre. Ich hoffe einfach nur, dass ich dir keinen langfristigen Schaden zugefügt habe, sodass jemand anderes dir die Welt zeigen kann, die ich dir zeigen wollte."
Ich konnte förmlich hören, wie die Teile meines gefrorenen Herzens in hunderte von kleinen Teilen zersprang.
„Nein, bitte. Alexander.."
Er schaute mich so wehleidig an, dass ich gar nicht wissen wollte, wie gebrochen ich gerade aussah.
„Komm her", bat er mich in seine Arme und ich tat nichts als ihn fest zu umschließen und bitterlich zu weinen. Zu weinen, bis ich morgens in meinem Bett aufwachte und wusste, dass das alles kein Albtraum war.