Kapitel 21

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Vor dem Fenster fliegen die Vögel, alleine oder in Gruppen, von einer Ecke zur anderen. Dabei sehen sie nie so aus als würden sie jeden Moment vor Langeweile sterben oder als hätten sie stress. Es sieht mehr so aus als hätten sie alle Zeit der Welt und als würden sie jeden Moment auskosten; ihn genießen.

Ist es komisch das ich auf die Vögel neidisch bin? Darauf, dass es so aussieht als hätten sie alle Freiheiten und keine Verpflichtungen? Klar, ich hatte keinen blassen Schimmer ob sie nicht wirklich irgendwelche Verpflichtungen hatten. Das wusste keiner. Dennoch ... sie sehen so Sorglos aus.

Seufzend senke ich meinen Blick wieder auf den Collegeblock vor mir. Lustlos betrachte ich das gekritzelte irgendwas, welches aus purer Langeweile entstanden ist. Mittlerweile war ich kurz vorm Einschlafen und ich schaffte es beim besten Willen nicht genug Konzentration auf zu bringen um meinem neuen Betriebswirtschaftslehrer zuzuhören. Den Göttern sei Dank, dauert die Stunde nicht mehr lange.

Ich will jetzt nicht sagen, dass mein erster Tag in der zwölften komplett negativ ist. Als etwas Positives konnte ich auf jeden Fall sehen, dass mein Platzt jetzt in der letzten Reihe neben dem Fenster ist. Gestern saß ich noch in der Mitter von der ersten Reihe. Und nicht all meine neuen Mittschüler verabscheuen mich oder wollen mich scheitern sehen; aber die meisten.

Trotzdem ist es ohne meine Freunde öde. Sie haben es immer irgendwie geschafft, dass ich am Unterricht teilgenommen habe oder es wenigstens so ausgesehen hat. Jetzt ... naja, starre ich die meiste Zeit Löcher in die Luft oder kritzle irgendwas in meinen Collegeblock. Was nicht jedem gefällt, speziell dem Lehrpersonal. Meine alten Lehrer waren wenig davon begeistert das ich weniger am Unterricht teilnehme als wie vorher und meine neuen beschweren sich darüber das ich überhaupt nicht daran teilnehme. Und Dylan, naja, der versucht mich, in so gut wie in jeder Pause, ins Gewissen zu reden. Als ob das etwas bringen würde.

Das einzige was ich in dieser Stunde mitbekommen habe ist das Thema, der Kaufvertrag. Alles andere was Herr Poor da vorne von sich gibt kommt gar nicht einmal mehr bei mir an. Im Grunde war das aber auch egal. Ich kenne das Thema schon und ich verstehe es auch. Das ist der Vorteil, wenn man voraus lernte. Naja ... und der Nachteil, weil einfach jede einzelne Stunde Todlangweilig ist.

„Fia.", flüstert Xaver und stupst mich mit seinem Ellbogen an.

Leise seufzend dreh ich meinen Kopf zu meinem neuen sitznachbar. Bei ihm habe ich gemischte Gefühle. Irgendwie wusste ich nicht ob ich so froh darüber sein sollte, dass Xenias Bruder neben mir sitzt. Dann wiederrum ist er mir lieber als wie Dylan. Glücklicherweise durfte er seinen Platz nicht wechseln. Versteht mich nicht falsch, ich mag Dylan, sehr sogar, aber seitdem er heute in der Früh erfahren hat, dass ich seine Halbschwester bin, verhaltet er sich ziemlich komisch.

„Wenn du schon nicht aufpassen willst, dann tu wenigstens so als würdest du am Unterrichtteilnehmen. Herr Poor kann Chillig sein aber man kann ihn auch sehr leicht nerven. Und wenn er etwas hasst, dann, wenn man nicht aufpasst. Und glaube mir, du willst nicht, dass er dich an deinem ersten Tag schon nicht leiden kann." Seine hellblauen Augen bohren sich eindringlich in meine.

Er hatte bestimmt recht. Heute habe ich Herr Poor zum aller ersten mal und wenn man den Gerüchten glauben soll, dann führt man mit ihm eine Hassliebe. Trotzdem ist es verdammt schwer interessiert zu wirken. Mein Kopf schaltet sich einfach immer wieder aus. Und wir wollen doch realistisch bleiben, jeder Lehrer sieht doch, wenn auch nur ein Schüler mit den Gedanken wo anders ist. Das ist jetzt nicht die schwerste Aufgabe, jeder würde das vor der Klasse sehen können.

„Es ist aber zum Einschlafen.", murmle ich.

„Ja, ich kanns sehen.", nickt er mit gerunzelter Stirn. „Was auch bedeutet, dass der Poor es bestimmt auch sieht."

Out Of The ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt