Aufschlussreiche Gespräche

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Hermine hatte Harry und Ron eine Eule geschickt, kaum, dass sie am gestrigen Abend von dem frustrierenden Restaurantbesuch mit Benjamin wieder nach Hause gekommen war und hatte die beiden um ein Treffen gebeten.
Sie hatte das Gefühl, ihr Kopf würde bersten vor Dingen, die sie unbedingt mit den beiden besprechen wollte.
Am liebsten hätte sie sich gleich heute Abend mit ihnen getroffen, aber Malfoy hatte ja mehr oder weniger bestimmt, dass er sie abholen würde, also musste sie sich noch bis morgen gedulden, bis sie mit ihren Freunden reden konnte.
Der Arbeitstag zog sich wie Kaugummi und merkwürdig nervös verließ Hermine schließlich das Mungo.
Tatsächlich wartete Malfoy fast an der selben Stelle auf sie, an der gestern Benjamin gestanden hatte.
Unbehaglich ging sie auf ihn zu.
„Seit-an-Seit-Apparieren ist für dich ok?“, fragte er nach einer kurzen Begrüßung.
Erst jetzt wurde Hermine bewusst, dass sie sich überhaupt keine Gedanken gemacht hatte, wie genau ihr Treffen aussehen würde.
Als er ihr Zögern bemerkte, zog Malfoy die Augenbrauen hoch.
„Ich entführe dich schon nicht, Granger“, sagte er leicht spöttisch.
Hermine gab sich einen Ruck. Wenn sie herausfinden wollte, was hier gespielt wurde, musste sie vernünftig mit Malfoy umgehen.
„Sehr witzig. Das ist mir auch klar. Und um deine Frage zu beantworten: Ja.“
Malfoy hielt ihr daraufhin auffordernd und mit ernstem Gesicht seinen Arm hin, und vorsichtig griff sie danach.
Ihr fiel auf, wie ungewöhnlich Körperkontakt zwischen ihnen war.
Kurz bevor sie disapparierten, sah sie ihn an, aber er hatte den Blick von ihr abgewandt und den Kopf sogar leicht von ihr weggedreht.
Sie apparierten auf einem Hinterhof.
Es war ein sehr gepflegter, hübscher Hinterhof und das dazugehörige Gebäude machte einen sehr noblen Eindruck.
Erst, als Malfoy sich in Bewegung setzte, bemerkte sie, dass sie immer noch seinen Arm hielt und löste sich hastig von ihm.
Er ging die wenigen Stufen zu einer Tür hinauf und klopfte flüchtig an.
Nur wenige Sekunden später öffnete ein schick und edel gekleideter Zauberer die Tür.
„Ah! Mr Malfoy! Es ist bereits alles vorbereitet. Wenn Sie und Ihre Begleitung mir folgen würden?“
Der Zauberer warf einen Blick auf Hermine. Sie konnte sehen, dass Erkennen in seinem Blick aufblitzte, und sie war froh, dass sie nicht einen der üblichen Sprüche zu hören bekam, von wegen Kriegsheldin und so weiter, sondern der junge Mann lediglich eine einladende Geste machte.
Dicht hinter Malfoy betrat sie das Gebäude, und obwohl sie es durch einen Hintereingang betraten, sah sie sofort, dass es sich um ein Restaurant handelte – offensichtlich ein sehr nobles Restaurant.
Sowohl ihr als auch Malfoy wurden die Jacken abgenommen und dann wurden sie durch einen Gang geführt, der auch an der Küche vorbei führte, in der geschäftig gearbeitet wurde.
Schließlich schleuste man sie in einen Raum, wobei Hermine einen kurzen Blick in das eigentliche Restaurant werfen konnte, in dem überraschend viele Hexen und Zauberer in schicker Kleidung saßen. Allerdings wurde sie von dem Zauberer, der sie eingelassen hatte, so schnell weiterbugsiert, dass sie keine Details wahrnehmen konnte.
Der Raum, in den sie geführt wurden, war recht groß – Hermine vermutete, dass er für Feierlichkeiten und ähnliches genutzt werden konnte.
Nur ein einziger Tisch war gedeckt, und ihr wurde tatsächlich der Stuhl zurecht gerückt, als sie sich setzen wollte.
Dann wurden ihr und Malfoy Karten in die Hand gedrückt und man ließ sie einen Moment alleine.
Malfoy schlug die Karte auf und blätterte lustlos darin herum, und sie konnte genau sehen, dass er nicht darin las.
„Warum genau sitzen wir hier und nicht bei den anderen Gästen?“
Malfoy sah nicht von der Karte auf, blätterte weiter sinnlos darin herum und antwortete nicht.
„Ist es... weil du nicht zusammen mit mir gesehen werden möchtest?“
Sie schoss mit der Frage ins Blaue, und wenn sie ganz ehrlich war, hätte es sie weder gewundert noch sonderlich berührt, wenn er nun mit einem Ja geantwortet hätte, schließlich war sie ihm mehr oder weniger aufgezwungen worden und sie wusste, was er von Muggelgeborenen, allen voran von ihr, hielt.
Umso überraschter war sie, als er mit einem lauten Knall die Karte zuklappte und zu ihr aufsah.
„Hermine Granger, schlaueste Hexe des Jahrhunderts“, sagte er sehr ruhig. „und trotzdem stellst du vollkommen falsche Annahmen an. Ich dachte, du hast mittlerweile mehr verstanden.“
Hermine starrte ihn einen Moment perplex an.
Genauso wie im Mungo, als er mit der flachen Hand gegen die Tür geschlagen hatte, wirkte seine Körperhaltung angespannt und wütend, aber trotzdem war sein Tonfall im Vergleich dazu erneut unfassbar und unpassend gelassen.
Abrupt schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf:
Er arbeitete stark an Impulskontrolle, genau wie in seinem letzten Jahr in Hogwarts, als er selbst in unmöglichen Situationen furchtbar ruhig, fast gleichgültig geblieben war.
Und unwillkürlich stellte sie sich die Frage: War er tatsächlich gleichgültig geworden oder brodelten unterdrückte Emotionen in ihm?
Und erst dann begriff sie langsam, was er gesagt hatte und was hier tatsächlich vor sich ging.
„Du kannst dich hier nicht sehen lassen!“
Er holte tief Luft.
„Fast richtig, Granger“, entgegnete er. „Ich könnte schon. Aber dieses Restaurant würde sämtliche Kundschaft verlieren, wenn jemand wüsste, dass ich hier ein- und ausgehe. Daher habe ich mit der Eigentümerin ausgehandelt, dass ich ab und an auf die Art und Weise, die du eben miterlebt hast, hier Essen gehen kann.“
Hermine begriff, dass er mehr unter seiner Vergangenheit zu leiden hatte, als sie gedacht hatte.
Eine schick gekleidete Hexe erschien, um ihre Bestellung aufzunehmen.
Hermine blätterte rasch in der Karte, stellte aber fest, dass sie mit den Begriffen für die Gerichte nichts anfangen konnte.
„Ich... hätte gerne ein stilles Wasser“, sagte sie daher rasch.
„Und für Sie das Übliche, Mr Malfoy?“, fragte die Bedienung.
„Ja. Was isst du, Granger?“
Als er ihren überforderten Blick sah, sagte er: „Für Miss Granger bitte das Tagesgericht.“
Bevor die Bedienung ihr die Karte abnahm, huschte Hermines Blick über die Preise.
„Merlin! Malfoy, so viel Geld habe ich nicht dabei...“, zischte sie, kaum, dass sie wieder alleine waren.
Genau genommen wurde ihr fast ein wenig übel bei den Preisen.
Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Es wird alles auf meine Rechnung geschrieben“, sagte er beiläufig.
Ehe sie protestieren konnte, kamen ihre Getränke.
„Also, schieß los“, sagte Malfoy, als die Bedienung wieder gegangen war.
„Was?“
„Mit deinen Fragen. Thornbush wird dir sicher einen Fragenkatalog aufgedrückt haben, den du abarbeiten sollst?“
„Ähm... nein?“
Er schnaubte.
„Malfoy“, sagte sie, all ihren Mut zusammennehmend. „Was genau geht hier vor?“
„Eigentlich hatte ich gehofft, dass du mir diese Frage beantwortest.“
„Ich?“
„Ja. Was genau haben sie dir gesagt? Womit haben sie dich überredet, dich einzumischen?“
Hermine verzog ärgerlich das Gesicht.
„Stell dir vor, es ist meine eigene Neugier, die mich dazu angetrieben hat, diesen Vertrag zu unterschreiben.“
Er guckte skeptisch.
„Du musst aber sehr neugierig sein, um sogar eine Ehekrise mit deinem Mister Perfekt zu riskieren.“
„Mit meinem... was?“ Hermine war vollkommen perplex.
„Dein Mister-schaut-alle-her-ich-bin-ja-so-toll-und-könnte-auf-der-Titelseite-der-nächsten-Hexenwoche-abgebildet-sein, Granger.“
„Benjamin?“
„Wenn dieser Kretin so heißt.“
Hermine wurde sauer.
„Erstens: Auch wenn es nichts zur Sache tut, es gab keine Ehekrise, wir sind nämlich nicht verheiratet.“
„Ist mir nicht entgangen, Granger.“
Hermine klappte kurz der Mund auf. Ihr fiel wieder ein, wie er Benjamin gemustert hatte und dann sein Blick kurz zu ihr gehuscht war, und erst jetzt begriff sie, er hatte nach Ringen geschaut!
War er schon immer so aufmerksam, dass ihm kein einziges Detail entging?
„Und zweitens“, fuhr sie fort, als hätte er sie nicht unterbrochen. „ist Benjamin lediglich vorsichtig. Und er ist ein sehr zuvorkommender, intelligenter Mensch. Du solltest nicht so abwertend über ihn reden.“
„Natürlich, Mister Perfekt, habe ich doch gesagt“, sagte er betont gleichgültig. „Lass mich raten: Er ist Auror?“
„Woher-“
„War halt einfach zu erwarten.“
Ehe sie fragen konnte, was er damit meinte, wurde ihr Essen gebracht.
Das dampfende Nudelgericht, was vor Hermine gestellt wurde, sah köstlich aus und roch sogar noch besser.
Ihr Blick wanderte zu Malfoys Gericht.
„Ist... das deine Vorspeise?“
Er senkte den Blick auf seinen Teller.
„Nein. Warum?“
„Das... ist ein Beilagensalat, oder?“
Er runzelte die Stirn.
„Es ist einfach ein kleiner gemischter Salat, Granger.“ Er sagte es in einem Tonfall, der sie davon abhielt, weiter nachzuhaken.
Sie aßen schweigend.
Oder, genau genommen, Hermine aß. Malfoy stocherte in seinem Salat herum.
Erst, als er nach einer ganzen Weile ihren merkwürdigen Blick bemerkte aufgrund der Tatsache, dass er nicht aß, schob er sich die ersten Salatblätter in den Mund.
Sie fragte sich, ob dies wohl seine normale Essgewohnheit war. Wenn ja, wunderte es sie nicht, dass er so extrem schlank war.
Ja, er war zu dünn, doch seine schlanken, aber sehnigen Hände und die Muskulatur, die unter seinem Oberteil zu erahnen war, ließ darauf schließen, dass er trotzdem trainiert war. Das war ihr noch nie so bewusst aufgefallen.
Nach dem Essen versuchte Hermine, Malfoy noch etwas auszufragen, aber er antwortete sehr einsilbig und wirkte angespannt.
Immer wieder meinte sie, zu bemerkten, wie er seine Handflächen massierte oder die Schultern leicht, fast kaum bemerkbar kreisen ließ. Fast hatte sie das Gefühl, es fiele ihm sogar schwer, sich auf ihre Fragen zu konzentrieren.
„Ist alles ok?“
„Alles großartig, wieso?“
„Ich finde-“
Aber Malfoy unterbrach sie mit einer fast fahrigen Handbewegung.
„Du musst sicher irgendein bescheuertes Protokoll über unser erstes Gespräch ausfüllen oder so, und ich muss dringend los.“
Fast hastig erhob er sich und sie folgte ihm.

Happiness does not wait (Dramione Story) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt