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„Und seid euch auch wirklich ganz sicher, dass ihr das Zeug nehmen wollt? Euch ist klar, dass dieses Medikament praktisch eine temporäre Kastration darstellt, oder?"
Skeptisch drehte Duncan die kleine Ampulle in den riesigen Händen und hob schließlich fragend den Blick. Tjorben hatte bereits den Ärmel aufgerollt und fixierte den bibbernden Beta-Arzt mit einen düsteren Blick. Die Tötung von Hendrik war nur eine gute Stunde her und die Zeit hatte die Wut in den Adern des Vollstreckers noch nicht wirklich abmildern können.
„Gwendolyns Hitze ist noch nicht vorbei. Wenn wir sie heute oder morgen finden und auch nur einen Hauch ihres Beerenduftes in der Luft liegt, fallen wir alle gleichzeitig über die Kleine her. Ich bezweifle ganz gewaltig, dass das unserer Verbindung dienlich sein wird!" knurrte der blonde Vollstrecker und Henry nickte zustimmend. „Tjorben hat recht! So sehr wir unser Schätzchen in Besitz nehmen wollen, sie ist gerade einer Beinahe-Vergewaltigung durch ihren Abschaum von Onkel entgangen... wurde geschlagen und getreten. Wir werden warten müssen, bis unser Baby so weit ist, dass wir sie beanspruchen können..."
Der Prinz nickte dem Doktor zu und dieser initiierte mit zitternden Händen ein Medikament namens Aaph-Sespresser, eine Weiterentwicklung von Supress, welches speziell die Paarungswut von Alphas neutralisierte.
Tjorben stöhnte leise auf, als der Cocktail aus Hormonblockern wie flüssiges Eis durch seine Adern strömte und die gierigen Flammen in seinem Blut kühlte. Zum ersten Mal seit er in dem verlassenen Gebäude einen Hauch von Gwens süßem, reichhaltigen Pheromonduft aufgeschnappt hatte, war er wieder in der Lage halbwegs klar denken. Lag vermutlich daran, dass das Blut aus seiner stahlharten Erektion wieder in sein Hirn zurückfließen konnte. 
Der Vollstrecker schüttelte den Kopf, um den lähmenden Nebelrest der brennenden Lust zu vertreiben, dann nickte er dankend dem Arzt zu und machte Kai Platz.
Duncan grinste breit und sagte: „Das wird eine Erleichterung für euer Spätzchen sein! Ihr seid jetzt einen ganzen Monat a-sexuelle Kuschelbären!"
Kai rieb sich die Einstichstelle und grunzte: „Ist nur vorübergehend... bei ihrer nächsten Hitze wird unsere süße Epsilon fällig sein."
Jay gluckste leise: „Trotzdem hab ich nichts dagegen ihr Kuschelbär zu sein!" Jared verdrehte die Augen und verpasste dem jüngsten des Clans einen leichten Schlag in den Nacken. Zumindest leicht für einen Alpha. Die Wucht war immer noch groß genug, um Jay gegen die Behandlungsliege krachen zu lassen. „Ey! Was sollte das, du Volldepp?" maulte der Junior und wollte zu einem Konter auf den frech kichernden Jared ausholen, als Henry ein Machtwort vom Stapel ließ.
„Dazu ist noch Zeit, wenn wir unsere Kleine gefunden und wieder sicher in unserer Mitte haben! Los jetzt! Kai?"
Der Tracker war bereits in Bewegung zur Tür hinaus und erstaunlich schnell sammelte und folgte der Rest des königlichen Zirkels, inklusive Duncan.

Sie begannen an dem Gebäude in welchen Gwen ihrem Onkel Paroli geboten hatte und in welchem Hendrik dann auch sein Ende gefunden hatte. Kai hockte sich am Eingang nieder und unterzog den Boden einer intensiven Musterung. Seine Clansbrüder warteten ruhig, bis der schlanke Mann sich wieder erhob und dann mit weichen Schritten einen merkwürdig verschlungenen Kurs in Richtung Wald folgte. Maximilian brauchte einen Moment, bis er begriff... Kai wandelte genau auf dem Pfad, den Gwendolyn gegangen, oder vielmehr getaumelt war. Und als dieses Verständnis einsickerte, wünschte er sich, er könnte den Mistsack von einem sehr toten Onkel wiedererwecken, um ihn erneut umzubringen. Den wütenden Gesichtern der anderen Alphas nach, hatten sie auch verstanden und verfluchten Hendrik bis in die Ewigkeit hinein.

...

Hitze... Schmerzen... Krämpfe... Angst... Ohnmacht.
Hitze... Schmerzen... Krämpfe... Angst... Ohnmacht.

Eine endlose Wiederholung.

Gwen wusste nicht, wie lange sie bereits in ihrer Wurzelhöhle lag.... die Tage und Nächte bluteten ineinander. In der ersten Zeit hatte die junge Frau noch geweint, gebettelt und nach ihrem Clan geschrieen.
Ja, genau... ihr Clan...
Die gnadenlose Hitze hatte ihren erbärmlichen Widerstand binnen weniger Minuten zermalmt und ohne das Supress musste die Epsilon zum ersten Mal seit sieben Jahren das komplette Ausmaß der Qualen und Angstzustände durchleiden.
Jetzt, vier Tage später war ihr Körper völlig dehydriert und ihr Bewusstsein driftete immer wieder in die Dunkelheit ab.
Und dort warteten sie auf Gwen... die Alpträume - jede Grausamkeit die ihr je widerfahren war - vermischten sich zu einem Strudel unsäglicher Pein. Wenn es zu schlimm wurde, riß sie ihr Verstand in einem verzweifelten Aufbäumen wieder ins Bewusstsein zurück. Bis der Kreislauf dann erneut wieder von vorne begann...

Hitze... Schmerzen... Krämpfe... Angst... Ohnmacht.
Hitze... Schmerzen... Krämpfe... Angst... Ohnmacht.

Und so ging es seit Tagen...
Gwen, gerade in einer der seltenen Wachphasen winselte durch einen Krampf hindurch, der sie in eine Embryonal-Haltung zwang. Sie war bereits soweit ausgetrocknet, dass ihr Körper nicht einmal mehr Tränen produzieren konnte. Und das Schreien der letzten Tage hatte ihr die Stimme fast bis zur Gänze geraubt. Ihre Fingernägel waren gesprungen und eingerissen von den vergeblichen Versuchen sich ins Wurzelwerk zu krallen um etwas Linderung zu erfahren und zur Folge hatten sich ihre Finger entzündet.

Hitze... Schmerzen... Krämpfe... Angst... Ohnmacht.
„Tjorben..." krächzte sie kaum hörbar und sackte erneut ins Dunkel.

...

Kai blieb stehen. Der Blick seiner tiefbraunen Mandelaugen verdüsterte sich. Hier endete Gwens Spur... warum nur endete ihre Spur?
Frustriert knurrte der Tracker und drehte sich suchend um.
Henry seufzte und nickte. „Alles klar! Männer... ausschwärmen. Ab hier müssen wir wohl alle ran. Bilden wir eine Kette im Abstand von fünf Metern und suchen zunächst in grader Linie am Fluss entlang. Ich würde sagen für etwa weitere drei Kilometer. Dann markieren wir den Punkt und gehen in einer Grade etwas weiter im Inneren des Waldes zurück. Wir werden erst aufhören, wenn wir unsere Kleine gefunden haben! Alles klar, Brüder?"
Ohne ein weiteres Wort nahmen alle Alphas ihre Positionen ein und dann gingen sie gemessenen Schrittes los. Den suchenden Blick zu Boden gerichtet... alle ihre Sinne auf den einen Hauch von Beerenduft gerichtet, von dem sie wussten, dass er sie zu ihrem Herzen führen würde.

Tjorben ging an zweiter Stelle neben Kai am Fluss und hob vorsichtig das hohe Riedgras zur Seite.
„Wo bist du nur, Kätzchen," murmelte er und rieb sich über Gwens Markierung. Er spürte wie schlecht es ihr ging... wieviel Angst die Kleine hatte, welch Schmerzen sie durchlitt... und auch, dass sie immer schwächer wurde.
Sein Herz stolperte bei der sehr realen Möglichkeit, dass Gwendolyn diesen Tag eventuell nicht überleben würde und am liebsten hätte er die Angst um sein Kätzchen in dem Wald hinaus gebrüllt!
Sie folgten dem Fluss schon mehr als drei Kilometern und Henry gab nun das Zeichen zur Umkehr, als der Vollstrecker in seiner Bewegung innehielt. Das dichte Riedgras war hier abgerissen worden... Tiere frassen dieses harte, unverdauliche Zeug nicht, was bedeuten musste...
„Gwen..." flüsterte Tjorben und sah sich mit scharfen Augen um. Der Rest des Clans war bereits auf der neuen Route, doch der blonde Alpha wusste, dass die Epsilon ganz nahe sein musste.
Und dann sah er es... einen umgestürzten Baumriesen, an dessen Wurzeln etwas Menschengemachtes hing. Der Mann stürzte darauf zu und wurde beinahe von dem Duft nach Waldbeeren umgehauen.
Er drehte den Kopf und brüllte: „GEFUNDEN!!!"
Dann schlug er die Matte aus Riedgras zurück und sah im Halbdunkel den zusammengerollten Umriss der Frau, die sie alle so verzweifelt gesucht hatten.
Tjorben fiel auf die Knie und zwängte sich in die winzige Aushöhlung hinein. Behutsam griff er nach der Epsilon und zog sie an seine breite muskulöse Brust.
„Ich hab dich, mein Kätzchen! Es wird alles wieder gut!!"
Er spürte wie der Druck der hölzernen Umarmung von Gwens Zuflucht nachließ, als seine Clansbrüder die Wurzeln auseinanderrissen.
Dann richtete er sich auf und drehte sich zu den anderen Alphas um.
Duncans Augen weiteten sich und er nahm rasch den Rucksack vom Rücken. Er kramte die Wasserflaschen raus und warf die erste Henry zu.
„Schnell... die Kleine ist fast verdurstet! Den ersten Liter sofort, die nächsten zwei auf den Weg zurück zur Stadt. Sonst hält dein Vollstrecker gleich eine Leiche in den Armen!"

In einem Feld voller Schmetterlinge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt