37. Ruhe bewahren

1.2K 52 0
                                    

Pünktlich zum Wochenende gibt es ein neues Kapitel! 🥳
Also ab aufs Sofa, holt euch einen Tee oder eben euer Lieblingsgetränk dazu und macht es euch gemütlich. 🥰
Und auf geht's in die nächsten 1.300 Wörter.

Liebe Grüße gehen raus in alle Richtungen!

————————————————————————
(Samia POV)

Zurück in meinem Zimmer, tigerte ich einige Minuten unruhig auf und ab. Mein rasender Puls wollte sich einfach nicht beruhigen lassen und immer wieder erwischte ich mich selbst dabei, wie ich nervös meinen Nasenrücken massierte. Ob ich vor Wut oder Angst so aufgewühlt war, konnte ich nicht zweifelsfrei beurteilen. Ich hatte definitiv den Überblick über meine Gefühle verloren denn auf der einen Seite kochten meine Emotionen beinahe über und auf der anderen fühlte ich mich seit ich hier war seltsam taub, ganz so als würde ich mein eigenes Leben aus einer anderen Perspektive betrachten, die außerhalb meines eigenen Körpers lag. Als würde ich einen Film sehen. Und zwar definitiv einen Horrorfilm.

Energisch und geladen ging ich zum Fenster herüber, öffnete das Fenster und zwang mich, auf der kleinen Sitzbank im Erker Platz zu nehmen. Dieses hin und her gerenne machte mich selbst total nervös. Einige Male atmete ich tief durch doch noch immer spürte ich den Zorn in mir brodeln. Wie konnte dieser Dreckskerl mich so verletzen? Ich hatte wirklich geglaubt, dass er mich vergewaltigen würde und dabei hatte er das nur gespielt! Bei dem Gedanken an die vergangenen Minuten begannen meine Hände schlagartig wieder zu zittern und meine Furcht vor dem Abendessen wuchs stetig.

Egal wie ich es drehte und wendete, ich konnte einfach nicht verstehen, warum dieser Mann mich so behandelt. Konnte es Mark nicht völlig egal sein ob ich meine Meinung sagte oder nicht? Ich meine was zählte meine Meinung denn hier? Gar nichts! Und deshalb war es mir ein Rätsel warum er mich so darauf gelenkt hatte mich zu wehren und ihn sogar zu beleidigen.
Ich gebe zu es hat mir tatsächlich gut getan ihm die Wörter an den Kopf zu schmeißen auch wenn diese ihn amüsiert hatten. Dennoch habe ich etwas Dampf ablassen können und es hat mir ein wenig Sicherheit gegeben, dass es, wie er es versprochen hatte, keinerlei Konsequenzen hatte. Vielleicht musste ich mich wirklich zumindest mit der Spitze eines Fühlers aus meinem Schneckenhaus heraustasten. Vielleicht hatte Mark recht und es würde mir einfacher fallen mit der Situation umzugehen wenn ich mich ein klein wenig öffnete? Das würde mir definitiv nicht einfach fallen denn damit machte ich mich gleichzeitig auch verletzlich aber was war hier schon leicht?

Grundsätzlich schienen mich diese Männer entgegen all meiner Horrorvorstellungen nicht umbringen zu wollen. Zumindest nicht in näherer Zukunft und Mark hatte letztendlich deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass ich den Männern nicht auf den Zeiger gehen sollte.

„Okay!" sprach ich mir selbst Mut zu „du wirst dich möglichst unauffällig verhalten und nicht das paranoide und übersensible Mädchen raushängen lassen."
Mein Plan klang gut wie ich fand, denn so würde ich niemandem auf den Geist gehen und vielleicht konnte ich mich sogar nützlich machen.
Zum einen konnte ich es nicht leiden, untätig zu sein und zum anderen hätte ich Ablenkung und ich würde mir meine Lebenszeit womöglich verdienen.
Ja, der Plan war gut, allerdings hatte ich noch so meine Zweifel wie ich die Umsetzung meistern würde. Diese Männer schüchterten mich einfach zu sehr ein und hinter jeder Bewegung versteckte sich womöglich eine böse Absicht.

Ich hoffte wirklich inständig, dass ich meine Gedankenvorgänge irgendwie unter Kontrolle bekommen könnte aber das wäre kein einfaches Werk.
Ich war so oder so schlecht und ungeübt darin, jemandem zu vertrauen und dies hier konnte man wohl als erschwerte Bedingungen werten. Dennoch nahm ich mir fest vor, es mit allen Mitteln zu versuchen, denn dies erschien mir der einzige Weg zurück in die Freiheit.

Nach und nach hatten sich meine verkrampften Muskeln gelöst und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und genoss den friedlichen Moment und die Sonne, die auf ihrem Weg hinab zum Horizont, meine Nase kitzelte. Die frische Sonnenluft wehte sanft um mich herum und ließ mich ruhig werden.
Diese Ruhe hielt bei meinem nächsten Blick auf die Uhr nicht weiter an, denn in einer Viertelstunde würde ich unten sein müssen. Deshalb sprintete ich hektisch ins Bad, da meine nervösen Beine keinen gemütlichen Schritt zuließen.
Dort ging ich zügig zur Toilette, wusch mir die Hände und das Gesicht und mied es dabei, meinen Blick auf die Dusche fallen zu lassen. Alleine die räumliche Nähe ließen noch immer ein beklemmendes Gefühl in mir aufsteigen, welches meine Glieder taub und meinen Mund trocken werden ließ. Meine missliche Situation hatte sich offensichtlich zu meinem Ärger tiefer eingebrannt als gedacht aber dieses Problem schob ich zunächst zur Seite. Da würde ich mich wann anders drum kümmern müssen. Nun hatte ich keine Zeit mehr aber es stand fest, dass ich etwas tun müsste, denn ich wollte es möglichst vermeiden, nochmals auch nur einen Fuß in Marks Zimmer zu setzen.
Der nächste Blick zur Uhr offenbarte eine verbleibende Zeit von nur noch zehn Minuten. Die Zeit schien plötzlich doppelt so schnell zu vergehen und die Wände schienen auf mich zuzukommen, mich einzuengen als wollten sie mich aus diesem Zimmer werfen.
Nervös knete ich meine Finger und ging vor der Tür auf und ab, den Blick stets auf die Klinke gerichtet als würde sie jederzeit verschwinden.
Einige Male legte ich meine schwitzige Hand auf das Metall doch zog sie gleich darauf wie von der Tarantel gestochen zurück.
Es fühlte sich so elendig falsch an, zu den Männern zu gehen. Warum ließen sie mich nicht einfach hier oben essen? Für sie wäre es doch auch sicherlich angenehmer?

„Reiß dich zusammen verdammte Hacke!" fluchte ich. „Das ist nur ein Essen, nur ein Essen!" versuchte ich die Situation harmlos darstellen und ich verbot mir den Gedanken an die viel zu vielen gefährlichen Männer, die jeweils vermutlich mehrere Waffen am Körper trugen und für die Gewalt und Mord alltäglicher waren als für den Ottonormalverbraucher eine Zugfahrt zur Arbeit.
„Stopp jetzt!" ermahnte ich mich stumm und drückte gehetzt die Klinke hinunter als mir der stetig wandernde Zeiger der Uhr drohte, sich dem senkrechten oberen Strich der vollen Stunden anzunähern.
Zügig schlüpfte ich durch die Tür bevor mich möglicherweise der Mut verließ und ich eine Dummheit begehen konnte, wie mich im Zimmer zu verbarrikadieren.
Leise schlich ich beinahe zur Treppe herüber und konnte schon die tiefen Bassstimmen der Entführer vernehmen, die das Klappern des Geschirrs und Bestecks um ein Leichtes übertönten. Ich schluckte trocken. Ich wollte da nicht runter! Nicht zu diesen Männern!

Durch den Zeitdruck getrieben, setzte ich allerdings einen Fuß nach dem anderen auf die Marmortreppe und hielt mich dabei krampfhaft am Geländer fest als könne dieses mir Kraft geben. Selbst durch den Stoff der Socken spürte ich die Kälte, die von dem Steinboden ausging und ich war froh, dass die Sneakersocken mir wenigstens etwas Wärme spendeten.

So mehr oder auch weniger freiwillig zu den Typen zu kommen wie ein Lamm zur Schlachtbank stresst mich enorm aber alles war besser als wenn mich einer dieser Killer achtlos hinuntergezerrt hätte.

Dieser Gedanke trieb mich an, auch noch die letzten Stufen hinter mir zu lassen und ich schwebte förmlich lautlos zum Eingang der Küche hinüber. Dort angekommen atmete ich ein letztes Mal tief durch ehe ich um die Ecke linste.

Das Bild der Männer, die in der Küche hantierten, war so merkwürdig gewöhnlich, dass ich für einen Sekundenbruchteil fast vergessen hätte, dass sie kaltblütige Monster waren. Allerdings schleuderte mich Aidens Stimme schneller ins Hier und jetzt zurück als mir lieb war.
„Ich gebe unserem Prinzesschen noch 30 Sekunden ehe ich sie eigenhändig aus ihrem Zimmer hole und dann kann sie sich auf etwas gefasst machen!" mein Herz setze einen Schlag aus und bei der Wut, die in den Worten mitschwang, gefror mir das Blut in den Adern.

Binnen einer Sekunde hatte er meinen Plan, tough zu sein, zerschmettert und meine Knie begannen wie so oft zu zittern.

ENTFÜHRTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt