15. Kein Entkommen

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Hello hello zusammen! Stolze 1.700 Wörter warten nun darauf, gelesen zu werden. Also ganz viel Spaß dabei (:
Falls es jemand wissen mag was ich so für Musik beim Schreiben höre: hier waren es diesmal:
- Komet (Udo Lindenberg x Apache)
- Home (Dotan)
- Zukunft Pink (Peter Fox x Inéz)
ich höre gerne alles quer Beet (:

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Beflügelt durch die zahlreichen neuen Infos über unseren kleinen unfreiwilligen Gast, erhob ich mich von meinem Schreibtischstuhl.
Nachdem mein Handy Alarm geschlagen hatte, dass Samia auf Abwegen war, hatte ich Damian beauftragt, ihr erst etwas Freiraum zu geben und dann das Gespräch mit ihr zu suchen. Jeder Samias Schritte war einfach vorherzusehen. Eine kleine Provokation von mir, eine geöffnete Tür und schon hatten wir sie da wo wir wollten. Bei dem Gedanken daran, wie leicht sie zu lenken war, musste ich schmunzeln ohne dass sie selber davon einen blassen Schimmer hatte.
Danach hatte ich einige meiner besten Quellen nachforschen lassen und ich war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis obgleich ich über einige Infos auch erschrocken war. Samia war in frühen Jahren adoptiert und dann von Familie zu Familie gereicht worden. Wie es sich aus den Berichten erkennen ließ, nicht weil sie ein schwieriges Kind war, sondern weil sie einfach Pech mit den Familien hatte. Bei einer Familie konnte sogar nicht ausgeschlossen werden, dass Samia möglicherweise Gewalterfahrungen hatte. Verschiedene Gutachter hatten bestätigt, dass Samia äußerst sensibel war und sich von Wechsel zu Wechsel mehr verschloss und kein Vertrauen mehr zu ihren Mitmenschen schloss. Das erklärte definitiv ihre eingeschränkten Kontakte. Sie hatte offensichtlich nie einen tieferen Kontakt zugelassen, nichtmal zu ihren Adoptoveltern, bei denen sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hatte. Deshalb war ihr auch bewusst, dass sie niemand suchen würde. Uns würde das einiges erleichtern obwohl wir genug und gute Kontakte bei der Polizei hatten, um jede große Geschichte im Keim zu ersticken.
Samia war so misstrauisch und dennoch naiv. Vermutlich war das auch ein Schutzmechanismus von ihr, immer zuerst an das gute im Menschen zu glauben, jedem Menschen zunächst freundlich begegnen aber alles nur oberflächlich. Sobald ihr jemand zu nahe kam, machte sie dicht. Faszinierend und traurig zugleich.
Ich würde diese Informationen mit bedacht einsetzen und auch die anderen ebenfalls nochmal darauf hinweisen, dass sie womöglich noch sensibler war als wir uns eh schon gedacht hatten.
Samia hatte nichts falsch gemacht. Sie war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Das musste wohl auch ich mir wieder ins Gedächtnis rufen. Nie zuvor hatte es mich gekümmert, wie sich andere fühlten und ob sie verletzt wurden aber bei dieser Frau war es verdammt nochmal anders. Alleine ihre Erscheinung, ihr Verhalten machten sie in meinen Augen absolut schutzwürdig. Das stellt alles auf den Kopf! Mein sonst übliches Verhalten, meine Geschäfte, meine Beziehung zu meinen Jungs.
Ich stellte erschrocken fest, dass ich mir wünschte, dass Samia nicht so schreckliche Angst vor mir hatte, dass es ihr gut ging, ja, dass sie vielleicht sogar wieder glücklich sein würde.
„Warum muss auf einmal alles so kompliziert sein? Fuck!!" ich raufte mir verzweifelt die Haare während ich mein Arbeitszimmer verließ.
Bevor ich um die Ecke zum Esszimmer und Wohnzimmer bog, hörte ich schon wieder Samias schnelle tapsenden Schritte auf dem Marmorboden.
Doch was ich dann sah, ließ meinen Puls vor Wut in die Höhe schnellen. Damian hatte die junge Frau offensichtlich nicht besonders sanft am Oberarm gepackt und zog sie mit sich. Sie bemühte sich mit mäßigem Erfolg, sein Tempo zu halten. Plötzlich schubste Damian die Kleine zum Sofa, sie verlor durch seine Stärke jedoch das Gleichgewicht und schlug mit den Knien auf dem Boden auf.
Sofort ging ich mit festen Schritten auf ihn zu und konnte erkennen, wie Samia sich voller Angst aufrappelte , sich umdrehte und rückwärts von uns wegkrabbelte.
Wütend schubste ich den Mann vor mir. Da er damit nicht gerechnet hatte, erwischte mein Stoß ihn sichtlich hart und er schlug mit einem dumpfen Geräusch an die Wand. Dies schien ihn jedoch nicht sonderlich zu beeindrucken. Wir waren alle härteren Umgang gewohnt und konnten einiges einstecken, der unbequeme Kontakt zum Mauerwerk war da eine Kleinigkeit.
„Geht's noch Damian?" fuhr ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. „Du solltest nur mit ihr sprechen und habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, dass ihr niemand wehtut?" zische ich weiter.
Damian funkelte mich nicht minder wütend an wie ich ihn.
„Man Mark ich weiß ich nicht was mit dir los ist, verdammt! Es hat dich noch nie gekümmert ob jemand beleidigt oder verletzt wurde oder anderweitig zu Schaden gekommen ist und dann stolpert dir diese Frau in die Arme und du führst dich auf wie ein liebeskranker Wachhund!"
Ich seufzte, denn mir war bewusst, dass ich mich binnen Stunden vom kaltblütigen und knallharten Typen in ein sentimentales Weichei verwandelt hatte. Ich konnte meinen Männern nicht verübeln, dass sie sich nicht ebenso verhielten.
„Wir sprechen später." entschied ich und Damian wusste, dass ich keinen Widerspruch duldete.
Mit einem letzten vielsagenden Blick drängte Damian sich an mir vorbei, nicht ohne mir einen deutlichen Stoß mit seiner Schulter zu verpassen.
Wir mussten definitiv miteinander sprechen aber zunächst wollte ich nach Samia sehen.
Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass sie noch immer an ein und derselben Stelle saß, mit dem Rücken an dem Sofa so wie gestern als sie aufgewacht war. Zu meiner Überraschung schaute Samia mir entgegen. Ich wertete es zwar als gutes Zeichen, dass sie nicht völlig weggetreten war aber dennoch konnte ich die Angst in ihrem Blick schimmern sehen.
Vorsichtig ging ich auf sie zu. Und ging vor ihr in die Hocke. Ich konnte genau sehen, wie die junge Frau jede noch so kleine meiner Bewegungen verfolgte und dennoch fand ihr Blick immer wieder zu meinem, vermutlich um ablesen zu können, was sie nun zu erwarten hatte. Jedoch war ich anders als sie selbst nicht einfach zu lesen, ganz im Gegenteil. Das schien auch Samia zu bemerken und es machte sie nervös.
„Bist du okay?" sofort sah ich ihre Verwirrung an und deutete dann zur Erklärung auf ihre Knie. Erleichtert sah sie kurz auf ihre von der dunklen Hose verdeckten Beine und nickte dann.
„Ich würde mir das trotzdem gerne ansehen." stellte ich klar. Samia schluckte trocken aber wehrte sich nicht als ich den lockeren Stoff vorsichtig hochschob. Die ansonsten makellose blasse Haut war leicht aufgeschürft und es zeichnete sich ein deutlicher Bluterguss ab. Auch die andere Seite sah ähnlich aber nicht bedrohlich aus. Deshalb ließ ich den Stoff wieder los und schaute Samia möglichst unbedrohlich an. „Das hast du gut gemacht. Und jetzt komm erstmal hoch." mit dem Worten erhob ich mich selbst und hielt der Frau zu meinen Füßen dann eine Hand hin. Überrascht sah sie zwischen meiner Hand und meinem Gesicht hin und her und kaute kurz auf ihrer Unterlippe herum, bevor sie zu meinem Erstaunen zögerlich ihre zarte Hand in meine legte und sich von mir hochhelfen ließ. Ich war mir sicher, dass sie gedanklich abgewogen hatte, was schlimmere Konsequenzen für sie haben würde. Wenn sie meine Hand nahm und damit eine Berührung eingehen musste oder wenn sie sie nicht nahm und ich in ihren Augen wütend darauf reagieren könnte. Dass ich ihr mit einer Bewegung die Hand und ihren Arm brechen konnte, hatte sie vermutlich nicht in ihre Überlegungen mit einbezogen aber das hatte ich bei ihr ja auch nicht vor.
Ich konnte sehen, wie ihr etwas auf dem Herzen brannte.
„Sprich mit mir, du kannst über alles mit uns sprechen."
Ertappt zog sie ihre Augenbrauen hoch und schien sich ihre Worte zusammenzulegen.
„Bist du denn gar nicht wütend auf mich? Also weil ich versucht habe wegzulaufen?"
Ich musste unwillkürlich schmunzeln.
„Wütend auf etwas, das ich genau so hervorrufen wollte? Wohl eher nicht." stellte ich fest, doch ich sah, dass meine Worte sie nicht beruhigten, eher im Gegenteil.
„Machen wir uns nichts vor. Früher oder später hättest du es eh versucht und dir vielleicht vorher einen aufwendigen Fluchtplan ausgedacht, der dann eh gescheitert wäre. So haben wir das Thema durch und es ist doch wirklich absolut normal, dass du von hier weg möchtest und nichts unversucht lässt. Deshalb machen wir dir keinen Vorwurf. Und du hast doch sicherlich auch etwas draus gelernt, oder?"
Ein trauriger Ausdruck legte sich über Samias schönes Gesicht und eine kleine Sorgenfalte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen. „Ja habe ich, vermutlich wäre es einfacher aus einem Hochsicherheitsgefängnis auszubrechen." stellte sie kleinlaut fest.
Wieder musste ich schmunzeln, doch da war noch etwas anderes, das Samia beschäftigte.
„Und was ist da noch, was dich beschäftigt?" Hakte ich deshalb nach. Erschrocken riss sie ihre Augen auf. „Woher weißt du immer was ich denke oder was ich tun werde?" Rutschte es ihr erschrocken raus und sofort blickte die Frau beschämt auf den Boden. Trotzdem konnte ich erkennen, wie ihre Wangen sich vor Scham über ihre unüberlegte Aussprache röteten. Süß.
„Solangsam sollte dir bewusst sein, dass du für uns nicht schwer zu durchschauen bist. Aber sieh es positiv. Das kann auch manchmal ganz nützlich sein. Du wirst dich dran gewöhnen aber jetzt sag mir bitte was dir gerade noch durch den Kopf gegangen ist."
Samia zögerte und fing an an ihrem Pullover herumzuspielen. Es schien ihr wirklich unangenehm zu sein. Wollte sie vielleicht Klamotten haben, hatte sie ihre Tage?
„Uhm... Also draußen.. Der Garten.." sie atmete einmal entschlossen durch. „Ich wollte fragen ob ich vielleicht ab und zu raus darf." überschlugen sich ihre Worte beinahe. Das ist alles? Das hat sie so bedrückt?
„Du darfst jederzeit raus, so oft und so lange du magst aber unter der Bedingung, dass du keinen Mist baust oder du was dummes anstellst, womit du dich in Gefahr bringst." ich lächelte sie bekräftigend an.
„Wirklich?!" fragte sie ungläubig und als ich bestätigend nickte, zeichnete sich ein Ausdruck auf ihrem Gesicht ab, den ich gerne aber viel zu selten bei ihr zu sehen bekam: Freude.
„Danke!" hauchte sie und automatisch flog ihr Blick immer wieder zu den bodentiefen Fenstern am Ende des Raumes was mir natürlich nicht entging.
„Na geh schon raus. Wir holen dich später zum Essen aber wieder rein."
„Okay, danke Mark" wiederholte sie nochmal aber gedanklich war die Kleine schon längst nicht mehr bei mir.
Als ich mich umdrehte um in die Küche zu verschwinden um mir einen Kaffee zu kochen, hielt auch Samia nichts mehr und ich sah ihr hinterher wie sie ihren Weg zurück zu der Tür nahm, durch die sie zuvor geflüchtet war.
Grinsend ging ich zum Kaffeevollautomaten, dem Herzstück und Sammelpunkt für uns alle und textete den anderen, dass ich gerne mit allen sprechen würde.

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Soo, das war's für heute aber ich bemühe mich, möglichst zeitig nachzulegen (:
Erstmal sammel ich gerade Motivation um nach dem ganzen Lernen noch einen kurzen Ausflug in den Fitnessraum zu starten.. mal schauen ob das wohl klappt :D

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