46. Erinnerung

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Soooooo meine Lieben,

es ist Freitag, ihr wisst was das bedeutet?
1. das Wochenende steht vor der Tür
2. meistens kommt ein neues Kapitel von mir
So auch heute 😊

Heute, in diesem Kapitel, wird es spannend denn wir erfahren etwas Neues, naja zumindest kann man es ganz gut zwischen den Zeilen lesen würde ich sagen. Also einen Trommelwirbel bitte und auf ins Abenteuer!
Lasst mich gerne an euren Gedanken dazu teilhaben, ich selbst bin auch irgendwie ganz aufgeregt 🤭

Liebe Grüße
F.

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Mark POV

Sie war es, die auf einem der Laufbänder lief, und das nicht gerade langsam.
Mit kräftigen und großen Schritten legte sie einen Meter nach dem anderen zurück und legte dabei eine Eleganz und Leichtigkeit an den Tag, die mich anerkennend den Kopf schief legen ließ. Das machte sie definitiv nicht zum ersten Mal aber das hatten wir uns ja bereits bei ihrem gescheiterten Fluchtversuche mit Vollsprint quer übers Anwesen gedacht.
Was mich erstaunte, war, dass sie keinerlei Reaktion auf mein Hereinkommen gezeigt hatte und das obwohl sie doch sonst bei jedem Ton gleich einen halben Meter in die Höhe schoss.
Diese Tatsache ließ meinen Blick auf ihre Ohren fallen und ich erkannte weiße Stöpsel und die dünnen Kabel sofort.
Samia hatte sich des iPods nützlich gemacht, der seit Wochen hier unangetastet verstaubte. Früher hatten wir ihn immer mal wieder benutzt wenn man nur für eine spontane Sportrunde hier waren aber mittlerweile hatten wir uns alle angewöhnt unsere kabellosen Kopfhörer immer dabei zu haben.
Ein Wunder also, dass der iPod überhaupt noch Saft hatte. Und ebenso war es ein Wunder, dass Samia sich wirklich getraut hatte, das Gerät zu nehmen und generell dass sie überhaupt hier war.
Den Mut, mitten in der Nacht zum Sport machen hier herüber zu kommen, hätte ich ihr wahrlich nicht zugetraut aber es schien ihr gut zutun denn ihr ganzer Körper war gelockert und die Bewegungen nicht mehr auch nur im Ansatz so steif wie die letzten Stunden.
Ich fand es wirklich gut, dass sie hier war und sie so offensichtlich eine Art hatte, mit ihrer Situation umzugehen und Stress abzubauen.

Prüfend warf ich einen Blick Richtung Fenster, in dem sich der erleuchtete Teil des Raumes spiegelte. Da Samia nur einige Lichter angeschaltet hatte, lag der Teil, in dem ich mich befand im Dunklen und dieser war somit im Spiegelbild nicht sichtbar.
Samias gleichmäßigen Bewegungen hatten etwas beruhigendes, beinahe hypnotisierendes an sich, weshalb ich es mir auf der Hantelbank zu meiner linken bequem machte um die Frau noch einen Moment zu beobachten.

Meine Gedankenchaos lichtete sich tatsächlich das erste Mal seit Stunden und ich ging die Pläne für die nächsten Tage nochmals durch und notierte mir stumm einige Punkte, die wir nochmal durchsprechen können konnten und Eckdaten, die erneut auf Aktualität zu überprüfen waren.
Als ich mich langsam aus dem Staub machen wollte, stellte Samia das Laufband plötzlich um und ging vom Lauf in ein nicht minder geschmeidiges Gehen über, strich sich einige widerspenstige Strähnen hinters Ohr und fischte dann die Kopfhörer aus den Ohren und wickelte das Kabel akribisch um den iPod. Zweimal setzte sie erneut an und wickelte alles wieder ab und es dauerte einen Moment bis ich verstand, dass sie das Gerät wohl wieder exakt wie zuvor ablegen wollte. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht angesichts ihrer Naivität. Diese Frau unterschätzte uns noch immer um einiges. Schon das  Stichwort „Liste der zuletzt gehörten Songs" sollte auch ihr eigentlich nicht unbekannt sein.

Da Samia nun zumindest akustisch wieder ihre Umwelt wahrnahm, würde es nicht einfach werden, mich unentdeckt zurückzuziehen und dabei hatte ich definitiv kein Nerv dafür, mich auch noch nachts mit diesem hysterischen Nervenbündel abzugeben.
Ich entschied mich dazu, meine Tarnung bewusst auffliegen zu lassen, denn dann konnte ich ihr gleich sagen, dass sie den iPod haben und auch überall hin mitnehmen konnte. Wir brauchten das alte Ding nicht mehr und sie schien durch Musik ruhiger zu werden. Das kam uns allen zu Gute.
Entschlossen trat ich mit gekreuzten Armen einen Schritt nach vorne wodurch meine Schuhspitzen beleuchtet wurden. Dann noch zwei weitere Schritte und ich stand nun gänzlich im beleuchteten Raum, noch zwei Meter vom Laufband entfernt und meine Silhouette war jetzt deutlich in der Reflexion der Scheibe erkennbar.
Samia, die noch immer zügig ging, war noch damit beschäftigt, an den Kopfhörerkabeln herumzufummeln doch als sie ihren Kopf wieder hob, dauerte es keine zwei Sekunden ehe sie mich erblickte und erschrocken zusammenfuhr und ein leises Quietschen von sich gab, welches wohl das Produkt des Versuchs war, ein Schrei zu unterdrücken. Noch in der selben Sekunde wirbelte die junge Frau herum, trat dabei mit dem linken Fuß auf der rechten Seite neben die Lauffläche und ihr wurde dadurch förmlich der Boden unter den Füßen weggerissen.
Ziemlich unelegant verlor die Kleine das Gleichgewicht und wurde durch das Band nach hinten von dem Gerät katapultiert.
Ich reagierte innerhalb eines Bruchteils der nächsten Sekunde, machte einen Satz nach vorne und fing Samia noch in der Luft auf ehe sie unsanft auf dem Boden aufschlagen konnte.

Schnell wollte ich die junge Frau wieder absetzen um kein unnötiges Drama durch den Körperkontakt zu erzeugen, da ließ mich etwas innehalten.
Eine Kleinigkeit, die ich im Augenwinkel wahrnahm und die mir, als ich genauer hinsah, das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Mein Blick haftete eisern auf der Stelle gleich hinter Samias rechtem Ohrläppchen. Eine Stelle, die normalerweise gut verborgen war durch ihr dichtes Haar und dieses den Blick nicht sofort freigab auf das was mich in diesem Moment nicht mehr klar denken ließ.
Hinter dem Ohrläppchen befand sich ein kleines Muttermal in Form eines Dreiecks, welches auf einer der Spitzen stand.
Nein! Das konnte einfach nicht wahr sein!

Völlig gedankenleer stellte ich Samia zwar zurück auf die Füße aber ließ sie nicht los. Vorsichtig, als wäre die Frau vor mir aus zerbrechlichem Material geschaffen, strich ich ihr braunes Haar zur Seite um erneut einen Blick auf die Hautfärbung zu erhaschen und strich dann mit zitternden Fingern über diese Stelle als könnte ich das Muttermal einfach wegwischen.
Gefangen in einer Kapsel aus Leere gepaart mit Erinnerungsfetzen merkte ich gar nicht, wie sich Samias Finger vor Panik in meinen Unterarm bohrten oder wie ihre Lippe zu beben begann.
Erst ihre verzweifelte Stimme, die mich anflehte , sie loszulassen, ließ diese Kapsel um mich herum implodierten und die Realität prasselte unerbittlich auf mich ein. Als hätte ich mich verbrannt zog ich meine Hand ruckartig zurück, was Samia erneut zusammenfahren ließ und ich schaute ungläubig zwischen der Frau, die mich mit einer Mischung aus Panik und Verwirrung ansah, und meiner Hand hin und her.
Keine Sekunde später entfernte ich mich heftig atmend, regelrecht nach Luft japsend, rückwärts von ihr. Zunächst in Zeitlupe, dann immer schneller ehe ich mich umdrehte und aus dem Zimmer hechtete.

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