65. Notlügen

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Moin allerseits,

ich hatte heute mal ein paar Stunden Ruhe und habe mich sofort aufs Sofa geschmissen und habe geschrieben. Deshalb kann ich euch heute schon wieder ein neues und sogar verhältnismäßig langes Kapitel vorstellen! Wuhuu!
Habt ganz viel Spaß damit und ich wünsche euch ein schönes Wochenende 🥰

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Mark POV

Wie gelähmt stand ich vor der Haustür, den Schlüssel in der Hand und doch unfähig, die Tür zu öffnen. Mein Herz schlug kräftig und pumpte mein Blut viel zu schnell durch die Bahnen.
Der Gedanke daran, meine kleine Schwester wieder so verstört und hilflos zu sehen hielt mich davon ab, auch nur einen Schritt weiterzugehen.

Erst als die anderen Männer aufgeschlossen hatten, nachdem sie einige Minuten nach mir die Autos geparkt hatten, kam wieder Leben in mich. Sie strömten an mir vorbei, öffneten die Tür und Aiden klopfte mir kräftig auf die Schulter, um mich auch zum gehen zu bewegen.
„Was stehst du hier noch so rum? Lass uns anstoßen auf diesen mega Erfolg!"
Ich rang mir ein falsches Grinsen ab auch wenn ich so gar nicht in Feierlaune war. Irgendwie schleppte ich mich ins Haus und es tat mir wirklich leid, dass ich nicht mit meinen Kollegen, ja eher Brüdern nicht munter durcheinander rufen konnte, denn sie hatten Recht damit, dass wir heute einen gigantischen Schritt gemacht und das hätten wir normalerweise gebührend gefeiert.

Mein Verstand sagte mir, dass ich mich zuerst duschen und umziehen sollte, denn ich wollte um jeden Preis verhindern, dass Samia mich so sehen würde. Verschwitzt durch die körperliche Anstrengung der letzten Stunden, mein Shirt war auch weit entfernt von seiner ursprünglich weißen Farbe und nicht zu vergessen, die blutverschmierten Hände.

Da ich mir jedoch ziemlich sicher war, dass Samia gleich nach dem duschen wieder in den Garten geflüchtet war, um sich dort vermutlich wenigstens ein wenig frei zu fühlen, folgte ich den anderen in den Wohnbereich um mir wenigstens einen Drink zu genehmigen. Normalerweise trank ich nicht gerne aber heute verspürte ich die Hoffnung, dass der Alkohol diesen dumpferen Schmerz in mir betäuben würde.
Ich fragte mich in diesem Moment, ob ich jemals verkraften würde, dass ich meine Schwester nach so vielen Jahren endlich wiedergefunden hatte und das ausgerechnet in meiner Gefangenschaft.
Diese Frage verpuffte in dem Moment, in dem ich Samia im Wohnzimmer entdeckte. Sie schaute sich unauffällig im Raum um, in den wir uns soeben alle ergossen hatte. Auch wenn sie sich sichtlich um Ruhe bemühte, war es nicht zu übersehen, wie unsere geballte Anwesenheit sie stresste.
Stefan stand unweit von ihr mit dem Rücken zu mir, die Arme vor der Brust verschränkt, sodass sein schwarzes Shirt deutlich auf dem Rücken spannte. Er musste sich gar nicht erst umdrehen , damit ich seine Anspannung erkannte.
Als hätte er meinen Blick gespürt, drehte er sich schließlich doch halb zu mir um und in seinen Augen tobte ein erbitterter Kampf unzähliger Emotionen.
So hatte ich ihn noch nie gesehen, denn sonst war er derjenige von uns, der weniger Emotionen erkennen ließ, als ein Felsbrocken.
Das war jetzt definitiv neu und das machte es mir schwer, die einzelnen Emotionen zu deuten. War es Reue? War es Verständnis? War es Wut, Mitleid, Triumph? Ich konnte es nicht erkennen.

„Was ist hier los?" Schoss es mir durch den Kopf und meine erste Reaktion war es, Samia abzuscannen während es sich der Rest von uns in der Küche gemütlich gemacht hatte. Sie schienen nichts von der Anspannung mitbekommen zu haben und hatten Samia keines Blickes gewürdigt. Das war sowohl mir als auch der jungen Frau sichtlich recht gewesen.

Die Haare meiner Schwester waren leicht wellig und fluffig vom Föhnen und ich konnte ihre Haare beinahe noch zwischen meinen Fingern spüren wenn ich sie ihr früher gemacht hatte, weil es unserer Mutter nach einer von Vaters Attacken viel zu schlecht ging.

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