Kapitel 42

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Zac brachte mich an den Ort, an dem er mich verwandelt hatte. Es kamen die Erinnerungen hoch, wie ich mein erstes Opfer tötete. Es fühlte sich nicht gut an. Dieses Gefühl unterdrücke ich schon seit dem Tag, als ich ihn tötete, aber verschwinden wird es nie. Die Umgebung dort hatte sich nicht viel verändert, nur die Bäume strahlten mit grünen Blättern, die Bienen summten und ab und zu waren junge Sträucher mit rosa Blüten zu sehen. Ein wundervoller Platz, nur wäre ich hier nicht verwandelt worden. „Ich möchte nicht hier sein, Zac", gab ich unzufrieden zu. „Bitte, begleite mich. Ich möchte dir erzählen, wie ich dich verwandelt habe." Es könnten weitere Erinnerungen aufkommen, Erinnerungen an die ich mich möglicherweise nicht erinnern möchte. Deshalb stritt ich seine Idee ab. „Nein. Ich bin noch nicht bereit dazu. Erzähl mir sie ein anderes Mal." „Hast du Angst?" Ich hatte große Angst. Immerhin erinnere ich mich nicht mehr an die Nacht, aber was ich sicher weiß, ist dass die Verwandlung nicht gut ablief. Ich hatte mich vermutlich gewehrt, da es auch nicht mein Wunsch war, Vampir zu werden. Er musste mich zwingen und das ist eine weitere Sache, die ich noch nicht verkraftet hatte. „Du kannst dich nicht an die Nacht erinnern, weil ich es so wollte. Wenn ein Vampir einen Menschen verwandelt kann er geistlich bestimmen, ob die Person Erinnerungen an die Verwandlung behalten soll. Bei dir ließ ich es sein. Du warst traurig und hilflos. Ich wollte dir nicht noch mehr Probleme bereiten, sondern dir helfen. Wenn du dich dann irgendwann dazu entscheidest, zu erfahren, was in der Nacht passiert ist, sag es mir und ich erzähle dir alles." „Danke", sagte ich und umarmte ihn. Ich konnte in dem Zeitpunkt nicht sagen, wie lange es dauern würde, bis ich mich dazu entscheiden würde, über meine Verwandlung zu erfahren, aber ich vertraute Zac, dass er sie mir nicht früher mitteilen würde. „Verspricht du mir, dass du sie mir wirklich erst dann sagst, wenn ich es möchte?", fragte ich, um sicher gehen zu können. „Ich verspreche es dir", er drückte mich noch enger an sich und ich verspürte seine Körperwärme. Es war zwar Sommer, aber es war keiner der heißen Tage, eher ein kühler, angenehmer Tag, nachdem die letzten Tage permanent die Sonne schien. Der Regen kündigte sich an und ich verspürte einen Tropfen auf meiner Wange. „Es nieselt", stellte ich fest. „Ich bringe dich nach Hause." Wir verließen den Ort und Zac brachte mich nach Hause. Der Regen wurde auf dem Weg nach Hause immer stärker und prasselte auf unsere bereits durchnässte Kleidung. Wir liefen unter das Dach vor meinem Haus. Der Regen war eiskalt und ich begann zu zittern. „Ich gehe jetzt rein." „Möchtest du morgen etwas mit mir unternehmen?" "Ich schätze, ich sollte erstmal versuchen mit Noah zu sprechen." "Ich sehe dich dann ja trotzdem", sagte er grinsend. "Wirst du nicht schaffen, ich bin so schnell wie der Wind", gab ich zurück und verschwand im Haus. Die Kleidung klebte an meinem Körper, wodurch es mir nicht einfach fiel, mich auszuziehen. Ich nahm eine schnelle Dusche und ging dann in die Küche. Meine Mutter war nicht da, dafür aber ihr Freund, der kochte. Mir war es vorher noch nicht aufgefallen, dass ich seine Gedanken lesen konnte. Als ich in die Küche trat, merkte ich es erst, dass seine Gedanken in meinem Kopf schwirrten. Sie waren harmlos. Er hatte keine Gedanken, die gegen meine Mutter oder mich sprachen. Er liebt sie wirklich. Nur reicht das nicht aus, um zu verhindern, dass ich seine Gedanken lesen kann. "Wenn deine Mum kommt, dann essen wir. Verdirb dir bitte nicht den Appetit", bittete er mich lachend, als ich den Kühlschrank öffnete. Ich schloss ihn wieder. "Nach gut, ich warte." Ich wollte die Küche verlassen, doch Henry hielt mich auf. "Chloe, ich muss mit dir sprechen." Mein erster Gedanke war, was habe ich angestellt? "Ja?", fragte ich unsicher. "Ich muss mit dir sprechen, setz dich bitte", er deutete auf den Stuhl neben sich. Ich setzte mich, während er das Gemüse in der Pfanne kurz mit einem Holzlöffel mischte. "Ich meine es wirklich ernst mit deiner Mum", sagte er danach. "Ich weiß. Meine Mum vertraut nicht jedem, dir schon. Und deshalb nehme ich an, dass sie weiß, dass du es ernst meinst, wodurch ich es auch weiß. Seit meinem Dad war hier kein weiterer Mann mehr." "Gut, ich will nämlich auch dein Vertauen gewinnen. Glaub mir, du bist mir sehr wichtig." "Mein Vertrauen hast du bereits gewonnen, genau in dem Zeitpunkt, als du das Vertrauen meiner Mum gewonnen hast." Er lächelt und umarmt mich daraufhin. Ich erwiderte diese kurz, löste mich dann aber wieder von ihm. Meine Mutter stand im Türrahmen und lächlte zufrieden. Ich würde nicht lügen, wenn ich sage, dass sie glasige Augen hatte. "Schön, dass ihr euch versteht." Hennry kochte das Essen fertig und zu dritt aßen wir. Es hatte lange kein selbstgekochtes Essen mehr in unserem Haus gegeben. Meine Mutter hat es nun mal nicht so mit Kochen, mein Vater hatte immer gekocht. Jetzt kochte Henry. Zusammen aßen wir am Tisch, wie eine kleine Familie. Ich war glücklich und lächelte daher ununterbrochen. Das Abendessen verging und ich half meiner Mutter noch dabei, das Geschirr in die Spülmaschine zu stellen. Es klingelte an der Tür. Henry machte auf. "Chloe, Besuch für dich!", rief er aus dem Flur. Es konnte nicht Zac sein, der mich besuchte und ich lag richtig und ich lag richtig in der Vermutung, wer gekommen war. Noah stand mit einem Regenschirm in der Hand vor meiner Haustür. "Wir müssen reden", sagte er gefühlslos. Aber er kam wenigstens zu mir, es war ein Vortschritt. "Komm rein." Er ließ den Regenschirm draußne, zog seine nasse Regenjacke aus und wir verschwanden zusammen oben in meinem Zimmer. Das er sich so früh zu mir kommen würde, hätte ich nicht gedacht. Dass ich ihn zuerst ansprechen würde, etwas später, daran hatte ich gedacht. Er setzte sich auf mein Sofa und ich gegenüber von ihm auf mein Bett. "Es tut mir so leid, Noah", entschuldigte ich mich, zum gefühlten hundertstem Mal. "Deswegen bin ich nicht hier." Wenn nicht deshalb, um mit mir darüber zu reden, was geschehen ist, warum war er dann hier? "Was ist los?" "Ich habe einen Brief bekommen, von Gabrielle." Neugier und Angst stieg in mir auf. Tief in meinem Herzen auch Wut.

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