Kapitel 11

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„Es ist wegen meinem Bruder“, sagte Noah und ließ seinen Blick gesenkt, „Er hat vor ungefähr einem halben Jahr meine beste Freundin umgebracht und ist auch noch aus dem Gefängnis geflüchtet. Ich hab ihn seitdem nie wieder gesehen und auch nichts von ihm gehört. In der Schule haben wir dann über sie gesprochen und ich konnte nicht anders, als aus dem Zimmer zu rennen.“ Seine Stimme bebte, als er mir davon erzählte. „Es tut mir so leid für dich“, ich nahm ihn in die Arme, „Warum hat er sie denn umgebracht?“ „Ich weiß es nicht. Er hat meinen Eltern und mir nichts gesagt. Er kam sofort in den Knast und als wir ihn besuchten hat er kein Wort gesagt. Sie war aber die beste Freundin, die ich je hatte und dann wird mir nichtmal gesagt, warum sie starb.“ Er fing an zu weinen. Sein Schluchzen war leise, aber ich hörte es. Eine Zeit lang saß ich nur neben ihm und hielt ihn fest in meinen Armen. Ich verabscheue seinen Bruder. „Erzählst du mir jetzt, was mit dir los ist?“, fragte er und wisch sich die Tränen aus dem Gesicht. „Das hat Zeit. Ich sag es dir ein anderes Mal, wenn es dir besser geht.“ Ich konnte ihm in dem Moment doch nicht sagen, dass ich ein Vampir bin, denn das wollte ich. Ich wollte es endlich jemandem sagen. Er hat mir ja schließlich auch gesagt, was ihn bedrückt. „Ich muss jetzt nach Hause, meine Eltern wissen nicht, dass ich gegangen bin.“ „Bleib doch hier. Du kannst auf meinem Sofa schlafen.“ Ich wollte nicht, dass er um diese Uhrzeit noch nach Hause geht. „Sicher?“ Ich nickte überzeugend und er willigte ein. Ich gab ihm eine Decke und ein Kissen, dann machte er es sich auf meinem Sofa gemütlich. „Gute Nacht“, sagte ich und kuschelte mich in meine warme Decke. „Dir auch.“ Ich schloss die Augen und schlief ein, doch sein Schluchzen und Weinen konnte ich dennoch hören. Am nächsten Morgen erwachte ich dadurch, dass Noah mich am Arm rüttelte. „Wach auf“, sagte er. Ich rappelte mich auf und sah ihn fragend an. „Deine Haut...“,, sagte er schockiert, als er mein Gesicht sah. Ich stand auf und ging zum Spiegel. Dass er schockiert war, konnte ich verstehen, als ich mich im Spiegel sah. Ich sah aus wie eine Leiche. Ich hatte kein Blut mehr und ich sah abgemagert aus. Schwäche überkam mich und ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. „Noah, geh. Ich muss alleine sein“, ich versuchte ihn nach Hause zu schicken, um danach sofort über irgendwas herzufallen, wodurch Blut fließt und ich wollte ungern, dass es Noah ist. Er schüttlte seinen Kopf. Wie stur er nur war! „Nein, ich kann dich doch so nicht alleine lassen! Ich hol dir was zu essen.“ Blut, das ist es, was ich brauchte und kein Essen. „Geh , bitte“, flehte ich ihn an und setzte mich auf mein Bett, da ich vermutete jede Sekunde umkippen zu können. „Warum soll ich jetzt wieder gehen, Chloe?“, fragte er verletzt. „Du würdest damit nicht klarkommen. Geh lieber.“ Er sah mich fragend an. „Womit klarkommen?“ Ich spürte wie sich mein Magen zusammenzog und ich brechen musste. Daraufhin saß ich auch schon neben der Toilette und würgte alles raus, was auch nur raus konnte, doch ich fühlte mich, als würden meine ganzen Eingeweide herauswollen. „Ich hab wahrscheinlich eine Magendarmgrippe, du solltest besser gehen“, immernoch versuchte ich Noah zu überreden, zu gehen. Er steht aber nur neben mir und sieht mich mitfühlend an. „Ich weiß zwar nicht was du hast, aber ich werde dir helfen Chloe“, sagte er, bevor er aufstand und mein Zimmer durch das Fenster verließ. Schwankend lief ich zu meinem Bett und ließ mich auf den Rücken fallen. Meine Kraft reichte nicht mehr, doch ich brauchte Blut. Letztenendes nahm ich meine restliche Energie zusammen und verschwand aus dem Haus. Die erste Person, die ich sah, war mein Opfer. Es war ein junges Mädchen. Ich überfiel sie wie ein Tier. Hinter einem Baum saugte ich aus ihr das ganze Blut. Mein Körper bekam meine Hautfarbe wieder zurück und ich spürte, wie ihr Blut anfing durch meine Adern zu pochen. Daraufhin rannte ich zurück nach Hause und ließ die Leiche dort liegen. Vor der Haustür wurde mir klar, dass ich zu Noah musste. Ich war unfreundlich und er wollte mir helfen. Auf dem Weg zu ihm überlegte ich, ob ich ihm heute sagen sollte, was ich bin. Ich entschied mich jedoch dagegen, da er noch mit seinen Problemen klarkommen sollte, nachdem er nachts geweint hatte. Ich klingelte an seiner Tür, doch keiner machte auf. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und überlegte, wo er sein mag. Es fiel mir ein. Ich lief zur Bushaltestelle und nahm gleich den nächsten Bus zur Bibliothek. Die Menschen sahen mich schief an, als ich aus dem Bus stürmte und im die Bibliothek rannte. Ich guckte zwischen allen Regalen nach ihn und fand ihn in der letzten Reihe. „Noah“, sagte ich, „Ich hab dich gesucht.“ Ich redete leiser, als sonst, da dort Stille angesagt ist. „Was machst du hier? Geht es dir besser? Deine Haut, sie ist...“ Ich nickte. „Ja mir geht es besser. Tut mir leid, dass ich dich so weggeschickt habe, aber mir ging es wirklich schlecht, aber ich habe eine Tablette genommen und jetzt ist alles wieder gut.“ „Nein, du lügst.“ Ich sah ihn irritiert an. Was wusste er? „Nein Noah, es ist die Wahrheit, komm jetzt raus hier“, ich nahm ihn an der Hand und lief mit ihm aus der Bibliothek. „Dir kann es so schnell nicht besser gehen.“ Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. „Lass uns das vergessen, ok?“ Er gab nach und stimmte mir zu. „Aber ich werde noch dahinter kommen“, sagte er. Ich lächelte. „Steiger dich da nicht so hinein.“ „Woher wusstest du, dass ich hier bin?“ „Ich war bei dir zu Hause und keiner war da. Dass du hier sein könntest viel mir dann spontan ein.“ „Willst du mit zu mir?“ Ich nickte. Hoffentlich machte sich meine Mutter keine Sorgen. Bei ihm zu Hause ist alles schön eingerichtet und es hängen sehr viele Bilder an den Wänden, doch auf keinem von ihnen war sein Bruder zu sehen. Nur seine Eltern und er. „Wollen wir einen Film sehen?“ „Klar. Welchen?“ „Twilight?“ Meine gute Laune verschwand. Filme über Vampire und eine endlose Liebe. Ich verabscheue es, wie schon gesagt. „Habt ihr keinen anderen?“ Er schüttelte seinen Kopf und grinste breit. „Meine Mutter liebt diese Filme“, sagte er. Wir sahen uns daraufhin den ersten Teil an und ich bekam Durst, jedesmal als Blut zu sehen war oder als Edward darüber sprach, wie köstlich Bella doch schmecken würde. Mir lief die Spucke im Mund zusammen und meine Zähne kamen immer wieder hervor. Als wäre das noch nicht genug spürte ich auch noch Noahs ununterbrochnen Blick auf. „Ich muss hier raus“, sagte ich leise zu mir selbst und verließ das Zimmer, als Bellas Blut auf dem Boden war und ich mein Verlangen nicht mehr kontrollieren konnte. „Chloe?“ Es wurde zu viel für mich. Dieser Geruch von Noahs Blut, der mich stundenlang umhüllt. „Geh zurück!“, schrie ich und stand mit dem Rücken zu ihm. Er kam mir näher, immer näher. Mein Herz raste und ich fürchtete mich nicht mehr kontrollieren zu können. „Noah geh!“, ich schrie mir die Lunge aus dem Leib, damit er begriff, dass er gehen sollte. „Sag mir was los ist!“, sagte er hart. Ich schnappte nach Luft, um ihm nicht gleich meine Zähne in den Hals zu stechen und mir sein Blut schmecken zu lassen. Ich versagte langsam. Wie stark ich auch war, sein Geruch war göttisch und mir ging der Geschmack von Blut nicht mehr aus dem Kopf, wie auch die Bilder, von fließendem Blut. Ich drehte mich um, schnappte Noah und drückte ihn kräftig gegen die Wand. Deutlich zeigte ich ihm meine Vampirzähne, woraufhin er erschrak. „Siehst du das?“, meine Stimme versagte, „Das bedrückt mich.“ 

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