Kapitel 1

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Ich mag zwar ein Vampir sein, und das ist auch mein wahres ich. Doch das, was die anderen von mir zu Gesicht bekommen, ist nur ein starkes Mädchen mit atemberaubenden Augen, sie verdunkeln sich nämlich immer ein wenig wenn ich Blut außerhalb des menschlichen Körpers rieche. Tagsüber ein normaler Mensch, Nachts ein hungriger Vampir. Wie jeder Tag begann auch dieser mit dem 'Normalen Menschen', der ich vorgebe zu sein. Ich machte mich auf den Weg zur Schule. Keiner redete mit mir. Sie fanden mich alle wunderschön, doch fürchteten sich auch vor mir. Vielleicht mag es an meinem persönlichen Style liegen. Ich trage immer die alte Kleidung meiner verstorbenen Großmutter. Es sind Sachen wie weite Pullover oder etwas ältere Strickjacken. Die anderen schreckt das ab, ich liebe es. Alleine fühle ich mich aber wohl, ich fühle mich nämlich nie ganz so allein. Ich bekomme die Gedanken der anderen mit. So weiss ich alles, was ich wissen muss, obwohl ich mir einige Gedanken anderer echt ersparen könnte. Aber das ist nicht die einzige Eigenschaft, die mich zum Vampir macht. Meine Sinne sind verstärkt, ich renne schneller, habe bessere Reflexe, kann die Gefühle der Menschen kontrollieren, meine Gefühle dagegen sind intensiver, als die der anderen und ich werde nicht so schnell älter wie sie. Da gibts noch einige Dinge mehr, aber das sind erst einmal die Wichtigsten. Ich betrat die Schule und ein grausames Durcheinander geriet in meinen Kopf. Gedanken hier, Gefühle dort. Ich hörte ein Mädchen weinen. Ich roch Blut. Meine spitzen Zähne kamen hervor und ich musste versuchen mich zu beherrschen. Ich folgte dem Weinen des Mädchens. Sie saß alleine auf der Toilette. Mein Gesicht verzog sich und meine Augen fielen zu. In dem Moment kontrollierte ich ihre Gefühle. In dem Moment hörte ich nichts mehr außer ihr. Meistens helfe ich kleinen Kindern bei solchen Sachen, aber es kommt auch mal vor, dass jemand in meinem Alter sich schlecht fühlt, wegen dem Verlust eines Geliebten oder so was. Dann helfe ich immer und kontrolliere die Gefühle, aber das kommt nur selten vor, dass ich Älteren helfe. Mir hilft ja schließlich auch keiner und ich musste mit dem Tod meiner Großmutter selbst zurecht kommen. Meine Mutter ist mir bei solchen Sachen nämlich auch keine große Hilfe. Sie gibt sich zwar Mühe, aber es sind oftmals komische Dinge, die ich dann tun muss. Sie hatte mich mal dazu gezwungen meine Gefühle aufzuschreiben und den Zettel danach zu vergraben. Ich glaube sie ist etwas verrückt, doch sie liebt solche Sachen und ich möchte sie nicht davon abhalten ihrem Hobby nachzugehen. Wenn man das als Hobby bezeichnen kann. Ich hörte das Mädchen noch schniefen und ihre Gedanken: "Ich werde sie fertig machen." Ich verdrehte die Augen, wahrscheinlich hatte sie nur wegen einem kleinen Streit mit ihrer Freundin geweint. Wieder kam mir der Geruch von Blut in die Nase. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte mich zu beherrschen. Zu meinem Glück klingelte es zur ersten Stunde und ich ging in den Unterricht. Die Gedanken der Lehrer sind echt die gemeinsten. Wenn die Klasse nur wüsste, was über sie gedacht wird. Ich versuche meistens bei solchen Gedanken immer wegzuhören, aber sie sind zu laut. Die lehrer platzen meist vor solchen Gedanken und ich amüsiere mich dennoch ihnen sich beim Quälen zuzusehen. Auf einmal hörte ich Geschrei. Verwirrt sah ich mich in der Klasse um. Keiner regte sich. Mir wurde bewusst, das ich dies von wo anders mitbekommen hatte und versuchte nicht weiter darauf einzugehen, doch es fesselte mich und aus Geschreie wurde schnell ein verbittertes Weinen. Ich fragte ob ich kurz auf die Toilette könnte und nachdem der lehrer es mir erlaubt hatte folgte ich dem Geweine. Erstaunt stand ich vor einem Jungen in meinem Alter. Ich hatte noch nie soetwas mitbekommen. Noch nie war jemand so wütend gewesen und ist dann in Tränen ausgebrochen. Er hatte sich auf den Boden gesetzt und weinte laut in seine Hände. Erst da realisierte ich, was ich tat. Seine Gedanken schwirrten in meinem kopf herum. Böse Gedanken, Angsteinfloesende und Herzzerreisende. Mit meiner Gabe versuchte ich seinen Schmerz zu lindern, seine Gefühle zu bestimmen. Er regte sich nicht, weinte weiter. Ich bekam Herzrasen. Mein totes Herz, wie kann es rasen? Es ist mir noch nie geschehen seit dem ich Vampir bin. Dieses Herzrasen wurde wahrscheinlich dadurch verursacht, dass seine Gefühle nicht reagierten. Er hob mit verheulten Augen seinen Kopf. „Was machst du hier?“, fragte er verdutzt. Mich kennt die ganze Schule. Die meisten nennen mich die 'Einsame Schöne'. Mich stört der Name nicht, solange sich keiner zu mir gesellen will. „Ich musste auf die Toilette“, antwortete ich und hoffte innerlich darauf, dass er mir die Lüge abnahm. Denn obwohl ich Vampir bin, Lügen kann ich gar nicht. Aber es hat ja auch nicht viel mit Vampirismus zu tun. „Die Toiletten sind am anderen Ende des Flures“, sagte er und zeigte in die Richtung, aus der ich gekommen war. Er nahm mir meine Lüge nicht ab. Seine Gedanken verrieten es mir. Verlangen stieg in mir auf. Es war eine perfekte Situation. Allein im Flur, während des Unterrichtes. Keiner würde stören. Dann wäre ich gesättet. Ich lies den Gedanken schnell wieder verschwinden, obwohl seine schlagenden Pulsadern in mir einen Reiz auslösten. Mit meiner Zunge strich ich über meine spitzen, hervorgekommenen Zähne und lies sie sofort wieder verschwinden. Bei ihm fühlte ich mich anders. Anstatt seine Gefühle kontrollieren zu können, fühlte ich sie mit ihm. Auch das lies das Verlangen danach, ihm sein Blut weg zu saugen, verschwinden. Ich hatte Angst vor den Gefühlen, die ich in dem Moment hatte, drehte mich daher um und lief in Menschentempo zurück zum Klassenzimmer.

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