Kapitel 21

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Wincent

,,Fine, ist alles okay?", meldet sich Trixie. ,,Ehm, ich bin es Wincent", sage ich leise und setze mich auf einen der Stühle. ,,Wincent, was ist los? Du klingst so verweint." ,,Es tut mir so leid", schluchze ich nun. Am anderen Ende der Leitung höre ich, wie sie ihren Mann aufweckt. ,,Wincent, ganz ruhig. Was ist passiert? Was tut dir leid?", fragt sie einfühlsam. ,,Ich habe Fine kurz aus den Augen gelassen und jetzt ist es wieder passiert", wimmere ich und habe Angst vor ihrer Reaktion. ,,Nein, du lügst", flüstert sie und an ihrer Stimme erkenne ich, dass sie nun ebenfalls weint. ,,Nein, leider nicht", hauche ich und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. ,,Wo ist sie jetzt?", fragt Daniel. ,,Sie ist hier bei mir im Hotel. Vor etwa einer halben Stunde ist sie endlich eingeschlafen. Aber ich weiß nicht, wie ich mit ihr umgehen soll", murmle ich. ,,Das verstehen wir. Darf ich fragen wie sie sich verhält?" ,,Sie ist sehr ruhig. Weint aber gar nicht viel. Was mir am meisten Probleme bereitet ist, dass sie nicht redet. Mit niemanden." ,,Das war beim letzten Mal auch so. Sie hat ein paar Tage nicht geredet und dann ging es wieder. Das ist wahrscheinlich der Schock. Lass ihr aber bitte diese Zeit und zwing sie zu nichts." ,,Das würde ich nie tun. Ich schau mal, wahrscheinlich fahre ich morgen mit ihr nach Hause." ,,Mach das. Wincent, ich weiß es ist schwer, aber mach dir bitte keine Vorwürfe. Du kannst nichts für dieses Verhalten von diesen Schweinen okay?" ,,Okay", hauche ich. ,,Versuch bisschen zu schlafen. Wir besprechen morgen alles." Nachdem wir aufgelegt haben, gehe ich wieder rein und lege mich eben Fine. Da ich nicht weiß wie viel Nähe sie jetzt ertragen kann, lass ich ein bisschen Abstand und greife einfach nur nach ihrer Hand. In meinem Kopf schwirren nur so die Stimmen, die mir die Schuld geben. Diese Schuldgefühle bringen mich fast um. Warum bin ich nicht einfach mitgegangen?

Gerade als ich versuche einzuschlafen, schreckt Fine neben mir auf. Weinend schaut sie sich um. ,,Hey Schatz, ich bin hier. Es ist alles gut", flüstere ich und setze mich ebenfalls auf. Als sie realisiert das sie hier bei mir im Hotelzimmer ist, lässt sie sich einfach gegen meine Brust sinken. ,,Shh, es ist alles gut. Hier passiert dir nichts. Ich lasse dich nicht mehr allein", flüstere ich und wiege sie sanft hin und her. Sie klammert sich wie eine ertrinkende an mich. ,,Ich bin da", hauche ich und fahre durch ihr Haar. Irgendwann wird ihr Schluchzen leiser und ich nehme ihren gleichmäßigen Atem wahr. ,,Endlich", seufze ich und lege mich vorsichtig mit ihr auf meiner Brust hin. Am nächsten Morgen werde ich gerädert wach. Die Nacht war der reinste Horror. Fine ist fast jede Stunde aufgewacht und wenn sie mal schlief, sehr unruhig. ,,So müsste es gehen", sage ich leise und richte die Tüte um ihrem Arm. Fine möchte gerne duschen gehen und da stört der Gips schon ein bisschen. ,,Schaffst du es allein?" Leicht nicht sie, kuschelt sich aber wieder an meine Brust. ,,Ich kann auch mitgehen wenn du willst?", frage ich leise. Langsam hebt sie ihren Kopf und schaut mich nickend an. Im Badezimmer ziehe ich mich schnell aus, aber gerade als ich meine Boxershorts runterziehen möchte, schaut sie mich unsicher an. Ich überlege nicht lange und lasse sie einfach an. Als das Wasser schön warm ist, halte ich ihr die Hand hin und auch hier unter der Dusche schmiegt sie sich sofort an mich. Sie sucht regelrecht nach meiner Nähe. Sachte wasche ich ihre Haare, den Rest macht sie alleine. Zügig wasche ich mich und husche aus der Dusche. Ich hole ein großes Handtuch aus dem Regal und wickle es ihr um. ,,Schaffst du es allein? Wenn ja, würde ich mich schnell anziehen." Sie presst sich das Handtuch enger um den Körper und geht wieder ins Schlafzimmer. Schnell schlüpfe ich in meine Klamotten und folge ihr.

Aber anders als erwartet, sitzt sie immer noch mit dem Handtuch auf dem Bett. Sie hat einen Pullover auf ihrem Schoß liegen und schaut mich fragend an. Als ich vor ihr in die Hocke gehe, sehe ich das einer von meinen ist. ,,Willst du den anziehen?", frage ich sie und streiche ihr eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie nickt und verzieht ihre Mundwinkel leicht zu einem Lächeln. ,,Dann mach das. Der ist schön gemütlich", lächle ich und hauche ihr einen Kuss auf die Stirn. Während ich anfange unsere Sachen zusammenzupacken, zieht sich Fine eine Leggings und meinen Pulli an. Darin schaut sie richtig verloren aus. ,,Wir fahren nach Österreich oder?", frage ich sanft und lege eine Hand an ihre Wange. Diesmal kommt gar keine Reaktion. Sie kuschelt sich einfach wieder an meine Brust.,,Wir müssen aber noch deine Haare föhnen. Sonst wirst du mir noch krank", nuschle ich in ihr Handtuch, welches sie noch auf dem Kopf trägt. Eine Dreiviertel Stunde später checken wir aus und gehen zum Auto. Als ich mich anschnalle schaut sie mich an. ,,Brauchst du noch irgendwas von hinten?" Fragend deutet sie auf meine EarPods in der Mittelkonsole. ,,Willst du sie?", frage ich und halte sie ihr hin. Nickend nimmt sie die Kopfhörer und verbindet sie mit ihrem Handy. Im Augenwinkel sehe ich, dass sie sich ein Hörbuch angemacht hat. Gerade als ich aus der Tiefgarage fahre, legt sie ihre Hand auf meine Schoß. Sofort greife ich danach und streichle immer mal wieder über ihren Handrücken. Kaum sind wir aus München draußen, ist schon wieder eingeschlafen.

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