Kapitel 35

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‼️Triggerwarnung‼️

Fine

,,Womit hast du mich angelogen?", fragt Wincent verwirrt und streichelt mir über den Rücken.Doch ich bin gerade einfach nur fix und fertig. Weinend kralle ich mich in seinen Hoodie und bete, dass das alles nur ein Alptraum ist. ,,Süße, ich glaube wir werden beobachtet", flüstert er und haucht mir einen Kuss aufs Haar. ,,Ich will hier weg. Bring mich bitte hier weg", sage ich panisch und vergrabe mein Gesicht in seinem Hoodie. Was zur Hölle ist da gerade mit mir los? ,,Schatz, bleib doch bitte ruhig. Lass mich bitte mal aufstehen", erwidert er sanft und steht auf. Er faltet die Decke zusammen und legt einen Arm um mich. Als wir bei den zwei Mädels vorbeikommen, sprechen sie ihn natürlich an. ,,Heute nicht sorry", winkt er ab und legt schützend einen Arm um mich. Am Auto angekommen hält er mir die Tür auf und wartet bis ich eingestiegen bin. ,,Ich bin da okay?", flüstert er und legt mir eine Hand aufs Bein. Die komplette Autofahrt über schweige ich. Ich hänge meinen Gedanken nach und weiß nicht, ob ich endlich den Mut finden kann, um mit Wincent über meine Familie zu reden. Zu Hause angekommen, trotte ich einfach hinter ihm her ins Haus und setze mich aufs Sofa. ,,Hier deck dich zu", sagt er leise und legt mir eine Decke über die Schultern. ,,Willst du einen Tee?" ,,Gerne", hauche ich und starre einfach aus dem Fenster. Ich habe überhaupt kein Zeitgefühl mehr, irgendwann steht er wieder neben mir und reicht mir eine dampfende Tasse. ,,Ist das Waldbeere?", frage ich leicht lächelnd. ,,Ja, hab dir gestern beim Einkaufen ein bisschen Auswahl mitgebracht", schmunzelt er und haucht mir einen Kuss auf die Schläfe. ,,Brauchst du noch irgendwas?" ,,Könntest du mir vielleicht mein kleines Büchlein aus der Tasche holen?", frage ich leise. ,,Dein Tagebuch?" ,,Ja genau?" ,,Ja klar, warte", sagt er und läuft nach oben. Paar Minuten später kommt er wieder runter und reicht es mir. ,,Hast du gerade Zeit?" ,,Ja", antwortet er und setzt sich neben mich aufs Sofa.

,,Es tut mir leid Wince", flüstere ich und streiche über das Notizbuch in meinen Händen. ,,Was tut dir denn leid Schatz? Du machst mir gerade echt Sorgen." ,,Ich habe dir etwas wichtiges verschwiegen, aber ich konnte einfach nicht mit dir darüber reden." ,,Ich werde dich auch nicht zu etwas zwingen", erwidert er sofort. ,,Wincent, meine Eltern sind nicht meine Eltern", murmle ich und nun ist es endlich raus. Langsam schaue ich hoch in sein Gesicht. Verwirrt schaut er mich an und ich kann die Fragezeichen in seinem Kopf nur so hören. ,,Wie meinst du das?" ,,So wie ich es eben meinte", hauche ich und schaue ihn mit Tränen in den Augen an. ,,Trixi und Daniel sind nicht deine Eltern?", fragt er Stirnrunzelnd. Nickend öffne ich das Tagebuch und hole das Foto von meinen leiblichen Eltern heraus. ,,Das sind Jonathan und Sofia Hauser", flüstere ich und reiche es ihm. ,,Sind das?",fragt er vorsichtig. ,,Ja, das sind meine Eltern", lächle ich. ,,Deine Mama schaut aus wie du", flüstert er und lächelt mich leicht an. ,,Ich weiß", hauche ich und wische mir eine Strähne von der Wange. ,,Aber warte mal, sie heißen wir du und was ist mit Trixi und Daniel?" ,,Trixi und Daniel sind eigentlich meine Großeltern." Jetzt schaut er mich noch verwirrter an. ,,Mein Papa, Jonathan ist der Zwillingsbruder von Maria und hat meine Mama im Hotel kennenlernt", lächle ich und an seinem Blick erkennen ich, dass wir an das selbe denken müssen. ,,Sie waren gerade mal 18 Jahre, als ich auf die Welt kam", flüstere ich und hole ein weiteres Bild heraus, das mich in meiner Kindheit zeigt. Ich sitze mit etwa 3 Jahren mit Mama auf ihrem damaligen Pferd Napoleon. ,,Was ist mit ihnen passiert?", fragt Wincent leise.

Tief atme ich durch. ,,Du musst es mir nicht erzählen", sagt er sanft und greift nach meinen Händen. ,,Doch, ich möchte", lächle ich leicht und drücke seine Hände. ,,Wir waren an meinem 16. Geburtstag in München bei Mamas Eltern. Als wir am Abend nach Hause gefahren sind, hat es angefangen zu regnen. Kaum waren wir aus München draußen, ist uns an einer Kreuzung ein Auto frontal reingefahren", hauche ich und muss anfangen zu schluchzen. ,,Oh mein Gott", murmelt Wincent und zieht mich in seine Arme. Er fischt ein Taschentuch vom Couchtisch und reicht es mir. ,,Mama war sofort tot und Papa starb noch im Rettungswagen", wimmere ich und fange an zu zittern. ,,Was war mit dir?", fragt er vorsichtig. ,,Ich hatte einen wahnsinnigen Schutzengel. Ich hatte ein paar gebrochen Rippen, innere Blutungen und ein gebrochenes Bein. Zwar lag ich knapp eine Woche im künstlichen Koma, aber ich lebe noch. Als ich wach wurde und nach Mami und Papa gefragt habe, brach meine Welt zusammen. Seit 1/2 Jahren geht es, aber seit ein paar Tagen ist es wieder relativ schlimm." ,,Ich weiß gar nicht was ich sagen soll", flüstere er und drückt mich einfach nur an sich. ,,Wie ging es dann weiter?" ,,Oma und Opa haben die Vormundschaft übernommen und mich zu sich genommen. Die meiste Zeit habe ich aber bei Johannes verbracht." ,,Deswegen habe ich dich auch noch nie Mama und Papa sagen hören", sagt er und betrachtet mich. ,,Ja, glaub ein oder zweimal habe ich es vor dir gesagt, das du keine Fragen stellst", murmle ich. ,,Es tut mir so leid", hauche ich und schaue ihn an. ,,Dir muss das nicht leid tun." Ich krame weiter in den Bilder und finde ein ganz besonderes. ,,Schau mal", lächle ich und reiche es ihm. Es zeigt Mama und Seppl, wie die beiden in seiner Box liegen.

,,Das ist doch Sepp", sagt er überrascht. ,,Ja genau. Die beiden waren ein Herz und eine Seele. Mama hat ihn drei Jahre vor ihrem Tod gekauft und von Anfang an selbst eingeritten." ,,Er gehörte ihr?" ,,Ja, nach ihrem Tod hat er mich wirklich aufgefangen. Bei ihm fühle ich mich ihr einfach nahe. Doch das ist wahrscheinlich auch bald zu Ende und dann verliere ich ihn auch noch. Und dann habe ich gar nichts mehr von ihr", hauche ich und fange wieder an zu weinen. ,,Was meinst du damit?", fragt Wincent verwirrt. ,,Sie wollen ihn verkaufen, weil Elisabeth Platz für die Aufzucht braucht und Oma ist der Meinung, er tut mir nicht gut, wegen Mama. Aber eher kann sie ihn nicht sehen, weil wir ihn alle mit ihr verbinden." ,,Aber er gehört doch dir?" ,,Nein, leider nicht. Nachdem Mama gestorben ist, hat ihn Elisabeth übernommen und er gehört ihr auch offiziell." ,,Scheiße, wir bekommen das hin", sagt er entschlossen und schaut mich an. ,,Ich weiß es nicht. Ganz ehrlich, ich vermisse ihn auch ganz doll."

Wincent

Nachdem mir Fine von ihrer Familiengeschichte erzählt hat, ist sie erschöpft eingeschlafen. Vorher haben wir aber mit Trixi und Daniel telefoniert und sie hat ihnen erzählt, dass ich nun die Wahrheit kenne. Sie waren unfassbar stolz auf sie, dass sie endlich den Mut gefasst hat, mit mir darüber zu reden. Während sie ein bisschen schläft, lasse ich meine Gedanken schweifen. Was musste sie bitte in ihren jungen Jahren nur durch machen? Da ich eigentlich für ihren Geburtstag eine kleine Feier geplant habe, verwerfe ich den Plan nun, denn jetzt verstehe ich sie ein bisschen. Nichtsdestotrotz möchte ich ihr einen schönen Tag bieten. Vielleicht einfach nur wir zwei. Während sie noch ein bisschen schläft, gehe ich nach unten in meinen zukünftigen Fitnessraum und baue weiter auf. Eigentlich dachte ich, das ich bisschen meinen Kopf dabei freibekomme, aber Fehlanzeige. Meine Gedanken kreisen um Fine. Gerade als ich weitermachen möchte, bekomme ich eine Nachricht von Shay. ,,Hey Bruderherz. Heute schon was vor? Wollen wir vielleicht etwas kochen oder so?" ,,Moin Shayshay, haben mal nichts vor. Fine schläft gerade, kann ich dich in einer Stunde anrufen? Aber ich denke, es spricht nichts dagegen." ,,Okay super, meld dich einfach🥰." Seufzend greife ich nach meinem Schraubenzieher und möchte weitermachen. ,,Wincent?", höre ich plötzlich Fine nach mir rufen. ,,Bin hier unten", rufe ich und stehe wieder auf. ,,Hab dich schon gesucht", lächelt sie leicht und kommt ins Zimmer. ,,Bist du schon lange wach?", frage ich und ziehe sie in meine Arme. ,,Nein, paar Minuten." ,,Schatz, Shay hat gefragt, ob wir heute Abend noch was machen wollen." ,,Sehr gerne, aber irgendwo hingehen möchte ich eigentlich nicht." ,,Musst du auch nicht. Sie wollte vorbeikommen." ,,Okay, freu mich", sagt sie leise und lächelt mich an.

Um kurz vor 18:00 Uhr klingelt es an der Tür und Shay kommt mit einem vollen Einkaufskorb in die Küche. ,,Hab ich gerade eigentlich gestört?", fragt Shay, während wir zusammen in der Küche stehen und die Pizza zubereiten. ,,Warum fragt du?", fragt Fine leicht verwirrt. ,,Du schaust ein bisschen bedrückt aus." ,,Ach so, das meinst du", seufzt meine Freundin und legt das Messer hin. ,,Weißt du Shay, ich hab euch was wichtiges verschwiegen", sagt sie leise und blickt kurz zu mir. ,,Das musst du nicht tun Schatz", erwidere ich sofort. ,,Doch, ab jetzt möchte ich mit offenen Karten spielen", sagt sie und erzählt meiner Schwester ihre Geschichte. ,,Fine, ich weiß gar nicht was ich sagen soll", spricht Shay leise und zieht meine Freundin in ihre Arme. Während wir uns die Pizza schmecken lassen, redet sie noch ein bisschen über ihre Eltern. ,,Was hast du heute eigentlich gemacht?", frage ich meine kleine Schwester, nachdem uns die Fragen ausgegangen sind. ,,War noch im Stall. Aber das mache ich ja auch nicht mehr lange", seufzt sie und trinkt einen Schluck von ihrer Cola. ,,Warum das denn?", fragt Fine und bringt unsere Teller in die Küche. ,,Die Besitzerin meiner momentanen Reitbeteiligung zieht nach Mecklenburg-Vorpommern. Hab nach einer Ewigkeit endlich was passendes gefunden und nun das", murmelt Shay und lehnt sich auf dem Stuhl zurück. ,,Ich verstehe was du meinst", flüstert Fine und setzt sich wieder neben mich. Und plötzlich habe ich eine Idee. ,,Du Schatz..."

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