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MEDINA


"Medina richtig?" hakte die Frau nach, die Noura hieß, so wie ich das verstanden hatte. In ihrer Stimme klang etwas unfassbar sanftes. Ganz anders, als vorhin, als sie noch mit Manuel gesprochen hatte. Da klang garnichts sanft, an ihrer oder einer anderen Stimme am Esstisch.

Ich wusste auch genau, wieso sie so mit mir sprach. Das verrieten mir ihre schönen Augen. Sie hatte Mitleid mit mir, daher dachte sie, sie müsste mich wie ein rohes Ei anfassen.

"Ja." sprach ich leise aus und sah ihr dabei zu, wie sie sich neben mich in das große Bett setzte und sie ihre kalten Hände an meine legte und sie sanft über meine strich.

"Ich wollte nochmal mit dir reden." fing sie an zu sprechen, bevor ich sie ansah. "Bist du dir sicher das du mit Manuel mitgehen möchtest?" fragte sie mich. Sie schien absolut nichts von ihm zu halten, so skeptisch wie sie mich gerade ansah. Sie sah mich so an, als würde ich gerade, den größten Fehler meines Lebens machen.

Aber wie konnte dieser Mann ein Fehler sein?

Besser gesagt, ich wusste das es vielleicht ein Fehler war, aber ich konnte mich auch nicht davn abwenden.

"Ja." gab ich ehrlich zu. Ich konnte einfach nicht anders. Ich konnte mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, ihn nie wieder in meine Leben zu sehen oder nie wieder mit ihm reden zu können.

"Medina, wenn du dich verpflichtet fühlst, weil er dich gerettet hat, dann sag es mir. Du musst deswegen nicht mit ihm gehen." sprach sie aus und ließ mich schwach lächeln.

Es wäre wahrscheinlich das klügste, es darauf zu schieben, aber ich wusste eines. Dem war nicht so. Ich fühlte mich Manuel gegenüber zu nichts verpflichtet, weil er mir dieses Gefühl gegeben hatte, ich sollte es.

Er hatte mich so aufrichtig angesehen und gefragt, ob ich bei ihm bleiben wollte, dass ich einfach nur auf mein Gefühl gehört hatte.

Dieses schrie mich nämlich an und sagte laut und deutlich: JA.

"Ich möchte mit ihm gehen." gab ich nochmal leise zu, ehe sie leise seufzte und ich in ihre Augen wieder sah. "Ich glaube das ist keine gute Idee." erklärte sie mir wieder, bevor ich meine Hände aus ihren nahm und ich tief durchatmete. "Er ist nicht immer so, wie er jetzt gerade zu dir ist, musst du wissen. Er kann auch ganz anders werden und das möchten wir einer Frau wie die nicht zumuten." erklärte sie weiter, was mich nun leise auflachen ließ, bevor ich kaum merklich den Kopf schüttelte.

In mir machte sich ein großes Unbehagen breit, da ich das wozu sie mich überreden wollte, nicht für das richtige hielt.

Auch nicht, dass sie so über ihn sprach und sie mir diese Gedanken in meinen Kopf bringen wollte.

"Ich werde mit Manuel gehen." wiederholte ich es nochmal etwas klarer und stand dann von dem Bett auf, da ich nicht länger mit ihr darüber sprechen würde. Ich würde mir keine weiteren schlechten Wörter über ihn anhören. "Ich verstehe." sprach sie aus als ich ihr die Tür aufhielt und sie dann schwach lächelnd und mitleidig ging.

Ich entschied mich dann, den restlichen Tag, hier in dem Zimmer auf ihn zu warten, da ich mir von Eros und Ilias schon anhören durfte, dass ich mich lieber anders entscheiden sollte.

Noch eine weitere Person, die mir davon abriet wollte ich heute lieber nicht sehen.

Irgendwann spät Abends klopfte es an der weißen Türe, zu der ich langsam ging und ich diese dann öffnete.

Manuel's dunkel blaue Augen sahen zu mir runter und seine Lippen waren zu einem lächeln geformt.

"Du bist wieder da." lächelte ich ihn ebenfalls an und sah ihn leicht nicken. "Und du bist noch da." sprach er erleichtert aus, was mich zu ihm aufsehen ließ. Hatte er gedacht, ich würde nicht mehr hier sein, wenn er wieder kommt?

Entweder er hatte an mir oder an seiner Familie gezweifelt, aber ihn das jetzt zu fragen, fand ich unangebracht.

"Wir gehen?" fragte ich ihn, als er mir zu verstehen gab, dass ich ihm folgen sollte und wir den riesigen Gang entlang gingen. "Ja, außer du hast dich anders entschieden?" fragte er mich leise und blieb kurz stehen.

Scheinbar sah ich sehr überrascht aus, denn er lächelte schwach, bevor er sagte: "Sie haben dich doch sicher versucht vom Gegenteil zu überzeugen.".

Dieses Lächeln war vielleicht ehrlich gemeint, aber es hatte etwas unfassbar trauriges an sich und ich wusste genau, wenn ich mich wirklich gegen ihn entschieden hätte, wäre es noch viel ehrlicher und auch viel trauriger geworden.

"Ich will mit dir gehen." versicherte ich ihm und sah zu ihm hoch. "Ich hoffe du bereust das nicht." flüsterte er leise und hob seine große Hand. Kurz bevor er mein Gesicht erreicht ließ er seine Hand wieder sinken, als wüsste er genau, dass sich solche Berührungen für uns beide nicht schickten.

Ich wusste es auch und trotzdem schloss ich meine Auge, als ich seine Hand in meine nahm und ich sie auf meine Wange legte. Das wollte er gerade nämlich tun, nur war er zu anständig. 

Ich wusste genau es war ein Fehler. 

Ich kannte ihn kaum.

Er war mir eigentlich fremd und diese Art wie er mich gerade berührte war nicht in Ordnung.

Aber es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich das hier wollte.

"Medina." sprach er meinen Namen leise aus, was mich die Augen wieder öffnen ließ. Er streichelte leicht über meine Wange. "Danke für dein Vertrauen." bedankte er sich leise bei mir und nahm seine warme Hand aus meinem Gesicht.

MANUELWo Geschichten leben. Entdecke jetzt