Gemeinsam kommen wir an unserem Dreiseitenhof an. Hier leben wir zu viert zusammen. Eines der drei Gebäude haben wir zu unserem Wohnhaus auserkoren. Hier haben wir alle unsere Zimmer eingerichtet. Allerdings haben wir eine gemeinsame Wohnküche, in welcher wir uns immer treffen. Ich weiß nicht, warum wir alle so gut miteinander harmonieren, aber diese Wohngemeinschaft wöllte ich nicht aufgeben.
Doch heute gehen wir nicht nach drinnen. Wir setzen uns in den Innenhof auf die dort platzierten Bänke, alle in ihrer Alltagskleidung. Die Sonne geht langsam unter und ich suche nach den richtigen Worten. Aber das ist gar nicht so einfach. Wo soll ich da nur anfangen? Doch Dante scheint es zu bemerken und macht den Anfang.
„Es haben vielleicht nicht alle mitbekommen, doch der Einsturz des Parkhauses ist kein Unfall gewesen. Ein Mann hat das ausgelöst und wollte damit sogar Nathan töten. Und ihr kennt ihn.", meint Dante ruhig und schaut uns vier intensiv an. Ich habe mich zwischen Robin und Nathan gesetzt, was mich ungemein beruhigt. Ich bin so froh, dass wir alle unbeschadet davon gekommen sind. Und endlich habe ich den Mut alles zu erzählen.
„Sein Name ist Paolo Perez." Bevor ich näheres erläutern kann, beginnt Leo mit fluchen. „Das ist nicht euer Ernst! Was macht der Arsch denn hier und wieso ist der denn immer noch am Leben!", regt er sich auf, was mich müde zum Lächeln bringt. Auch Leo verbindet einiges mit Paolo, wie wir alle. Was die Sache überhaupt nicht einfacher macht.
„Dieser Mann ist vor ungefähr zehn Jahren mein Freund gewesen. Ein gravierender Fehler, wie sich herausgestellt hat.", gebe ich leise zu und spüre, wie Nathan einen Arm um mich legt. „Er hat hier gemeinsam mit uns gewohnt. Wir haben alles geteilt.", ergänzt Robin und verschränkt seine Hand mit meiner. „Doch er hat uns lediglich ausgenutzt. Oder besser gesagt mich." Kurz sammle ich mich, ehe ich endlich bereit bin die Geschichte zu erzählen. Es hilft mir, dass Jasper, Dante und Elaine ruhig abwarten was jetzt kommt und nicht direkt ausflippen. Das verleiht mir zusätzlichen Mut mich der Vergangenheit zu stellen.
„Paolo wollte schon immer groß rauskommen. Seine Fähigkeit der Schallwellen war aber zu diesem Zeitpunkt lediglich dazu da ein paar Fledermäuse zu verwirren. Mehr konnte er damit nicht anfangen. Und dann habe ich mich in ihn verliebt, wir sind zusammengezogen und ich habe ihm dabei geholfen seine Kraft zu verbessern. Ich war dumm." Dieses Mal unterbricht mich Nathan.
„Wir waren alle dumm. Wir haben ihm alle vertraut, bis er uns so schäbig hintergangen hat.", murmelt er und auch Leo nickt zustimmend. „Er war unzufrieden, weil Scarlett ihn nicht permanent mit dieser Macht ausgestattet hat, die er von alleine nie freischalten konnte. Und er war besessen davon mächtiger als alle anderen zu werden. Also hat Paolo begonnen sie zu erpressen." „Er hat gesagt, dass er alle der Reihe nach töten wird, wenn ich ihn nicht zur stärksten Person der Welt mache."
In diesem Moment muss ich über mich selbst den Kopf schütteln. „Wir waren jung und dumm, kaum erwachsen und wussten nicht, an wen wir uns wenden sollten. Doch dann hat er einige unserer Tiere getötet und das hat uns endlich aufwachen lassen.", steuert nun auch Robin bei und ich sehe Dante in die Augen. „Wir haben uns zusammengeschlossen, ihn dingfest gemacht und die Polizei geholt. Wir konnten unsere Geschichte mit diversen Aufnahmen beweisen und Paolo wurde schließlich verhaftet. Danach haben wir nie wieder etwas von ihm gehört."
Missmutig schaut Leo in die Runde. „Ich hatte wirklich gehofft er legt sich im Gefängnis mit der falschen Person an und geht dabei drauf. Charakterlich hätte mich das bei seiner Art nicht gewundert." Ich zucke schließlich mit den Schultern. „Das ist so im Groben die Geschichte."
Der Reihe nach mustere ich unsere drei weiteren Teammitglieder. In Elaines Augen kann ich lediglich Sorge und Mitgefühl erkennen, wogegen Dantes Blick einfach unergründlich ist. Schließlich bleibe ich bei Jasper hängen. „Daher also die Aussage, dass du nur die Fähigkeiten derer verstärkst, denen du vertraust. Nach der Geschichte verstehe ich warum." Ich schneide eine Grimasse. „Das habe ich bei euch ja bereits getan, ohne euch weiter zu kennen. Ich verlasse mich noch immer viel zu sehr auf mein Gefühl."
Nun scheint auch Dante zu einer innerlichen Entscheidung gelangt zu sein, denn ein leichtes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. „Damit können wir doch arbeiten. Abgesehen von deinem schlechten Männergeschmack kann man dir auch keinerlei Vorwurf machen. Du redest dir schon genügend Schuldgefühle ein, da müssen wir dir nicht noch zusätzlich welche machen." Überrascht muss ich blinzeln und bin einen Moment lang sprachlos. Mit einem solchem Verständnis habe ich nicht gerechnet.
„Es ist wirklich toll, dass ihr uns das erzählt habt.", meint Elaine mit einem kleinen Lächeln und ich kann einige Tränen in ihren Augen glitzern sehen. Diese Geschichte scheint sie wirklich ergriffen zu haben. Mit einem ernsten Gesichtsausdruck lehnt sich Jasper nach vorne. „Wir machen ihn fertig, wenn wir ihn das nächste Mal sehen. Er scheint besser geworden zu sein, seitdem ihr euch zuletzt gesehen habt. Aber ihr habt euch auch verändert und wir sind ja auch noch da. Den bringen wir wieder hinter Schloss und Riegel. Damit kommt er nicht davon."
Langsam entspanne ich mich wieder und kann allen in der Runde ein ehrliches Lächeln schenken. „Darauf kannst du wetten. Dem will ich höchstpersönlich noch eine runterhauen." Leo beginnt mit Lachen und klatscht sich mit Robin ab. „Da sind wir doch dabei!" Nathan drückt mich kurz an sich und wir tauschen einen Blick. Wir müssen nicht aussprechen, was wir denken. Das ist gar nicht mehr nötig.
Erleichtert schaue ich in die Runde und in die entschlossenen Gesichter meiner Kameraden. Erst Robin reißt mich aus meinen Gedanken, indem er mich vorsichtig anstupst. „Da wir einen neuen ernstzunehmenden Gegner haben, wollte ich euch noch von etwas erzählen, das heute passiert ist.", gebe ich ruhig von mir und bin mir sicher, dass ich ihnen reinen Gewissens davon berichten kann. Wir kennen uns noch nicht so lange, doch wir sind schon so sehr zusammen gewachsen, dass es unnatürlich wirkt.
„Als Nathan heute noch im Parkhaus gewesen ist, hätte er es eigentlich nicht schaffen dürfen. Er war zu weit weg und hätte zerquetscht werden müssen." Blinzelnd sieht mein Bruder mich an und scheint sich an den Moment zu erinnern. „Das stimmt. Ich war mitten im Parkhaus und hatte diese Frau dabei. Und dann war ich plötzlich draußen. Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich versucht habe so schnell zu rennen, wie ich kann."
Mit einem kleinen Lächeln nicke ich zustimmend. „Das stimmt. Und ich habe mir gewünscht, dass du so schnell rennen kannst wie Robin." Robin und ich tauschen einen Blick. „Es hat sich so angefühlt, als würde mir ein Teil meiner Kraft genommen. Das war ein sehr merkwürdiges Gefühl." Alle unsere Kameraden sehen uns vollkommen überrascht an.
„Ihr wollt also sagen, dass Robin seine Fähigkeit an Nathan ausgeliehen hat? Und du hast das bewerkstelligt?", will Dante ungläubig wissen und beugt sich weiter nach vorne. „Ich kann dir nicht sagen, wie das funktioniert hat. Ich wusste nicht, dass ich das kann.", gebe ich leise von mir, doch nun schaltet sich Elaine ein. „Mir ist es klar gewesen." Sofort hat sie unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Wenn ich andere Menschen heile, kann ich ebenfalls ihre Möglichkeiten erkennen. Ich habe gesehen, zu was du alles in der Lage sein könntest, wenn man dich zum äußersten treibt. Wir hatten leider noch nicht die Möglichkeit in Ruhe darüber zu sprechen. Aber du hast nun einen Teil davon entdeckt und genutzt, um Leben zu retten. Im Zweifelsfall leihe ich dir wirklich ausgesprochen gerne meine Fähigkeit." So viel hat Elaine noch nie gesprochen. Eigentlich ist sie ja eher zurückhaltend. Aber dieses Thema scheint ihr wirklich wichtig zu sein.
„Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das gemacht habe. Und es gibt keine Garantie dafür, dass ich das nochmal hinbekomme.", versuche ich direkt einzulenken und die Erwartungen nicht zu hoch zu setzen. „Außerdem glaube ich, dass man dafür wirklich tiefgreifendes Vertrauen braucht. Ohne dieses hätte ich es wahrscheinlich niemals zugelassen, dass mir jemand meine Fähigkeit abzweigt.", meint Robin, wobei ich ihm nur zustimmen kann. So funktioniert meine Kraft nun mal. Ohne Vertrauen geht gar nichts.
„Dann haben wir einiges zu tun. Wir müssen dafür sorgen, dass Scarlett das volle Potenzial von Elaine, Jasper und Dante erwecken kann. Und dann müssen wir testen, ob wir drei untereinander mit ihrer Hilfe die Fähigkeiten kombinieren können.", meint Leo und ich kann seine Entschlossenheit und seinen ansteckenden Enthusiasmus in seinen Augen sehen. Grinsend beugt sich dann Robin nach vorne. „Und dann machen wir Paolo platt und alle, die mit ihm unter einer Decke stecken."
„Team 42 wird das beste Heldenteam, das die Welt jemals gesehen hat. Die Schurken werden uns fürchten." Da kann ich Nathan nur zustimmen. Gemeinsam schlagen wir ein und machen einen Plan für die folgenden Tage und unsere Trainingsmöglichkeiten. Wir werden uns nicht unterkriegen lassen. Schließlich sind wir Helden!
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Heldenepos - Team 42
FantasyScarlett Bright ist dabei eine Heldin zu werden. Nichts, was sie jemals werden wollte, doch sie kann schließlich ihren Bruder Nathan nicht alleine lassen. Wer soll diesen denn beschützen, wenn sie nicht dabei ist? Daher melden sich die beiden mit ih...