Kapitel 28

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Still bleiben wir an Ort und Stelle stehen und warten ab. Währenddessen scheint Paolo jedoch die Geduld zu verlieren und brüllt uns wütend an. Ruhe zu bewahren ist noch nie seine Stärke gewesen. „Keiner bewegt sich. Wir warten ab.", gebe ich von mir, als Nathan Anstalten macht auf Paolo zuzustürmen. Schließlich sieht auch Paolo ein, dass er uns nicht zu einer Dummheit verleiten kann. Egal, was er für einen Schwachsinn von sich gibt.

„Ich sehe schon. Ihr habt also aus euren Fehlern gelernt. Aber keine Sorge! Ich habe noch eine Überraschung für euch!", lacht Paolo und zwei weitere Gestalten treten neben ihm auf die Straße. Reflexartig greife ich nach Nathans Arm. „Das kommt überraschend.", gebe ich leise von mir und spüre aufkommende Wut. Am liebsten würde ich selbst nach vorne stürmen und auf sie losgehen. Doch in diesem Augenblick spüre ich noch etwas anderes in unserer Nähe, was mich einen kühlen Kopf behalten lässt.

„Darauf habe ich ewig gewartet.", höre ich Nathan ruhig sagen und kann mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. „Ich auch. Doch wir müssen noch einen Moment Geduld haben. Es kann gleich losgehen.", halte ich die anderen noch etwas hin und schaue zu Jasper. „Wir bekommen gleich Gesellschaft." Und in diesem Moment taucht auch schon Dante aus einer Seitengasse auf und läuft auf uns zu.

Breit grinsend sehen wir uns an und beobachten, wie Jasper seinen Schild für Dante öffnet, welcher sich nun zu uns stellt. „Entschuldigt meine Verspätung.", gibt er keuchend von sich und versucht erstmal wieder zu Atem zu kommen. Begrüßend klopft Leo ihm auf die Schulter. „Keine Sorge. Wir haben auf dich gewartet. Unsere Scarlett wusste das du kommen würdest." Irritiert wirft mir Dante einen Blick zu, woraufhin ich nur mit den Schultern zucken kann. „Einmal ein Held, immer ein Held."

„Dann sind wir ja nun vollständig. Wie lautet der Plan?", will Robin erleichtert wissen und lässt sich neben Jasper auf den Boden sinken. Sein Bein muss schmerzen. „Leo und Dante übernehmen Paolo. Denkt daran ihn aus der Ferne anzugreifen. Nathan übernimmt den Mann und ich die Frau.", weiße ich an und ernte überraschte Blicke meiner Gruppenmitglieder. Das ich selbst am Kampf teilnehme ist noch nie dagewesen. Doch das hier ist eine Ausnahme.

„Michael Bright und Jill Voight. Darf ich vorstellen, das sind unsere Eltern.", gebe ich von mir und schenke meiner Mutter ein kleines Lächeln. Sie sieht noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Ihre langen roten Haare reichen beinahe bis auf den Boden. Unsere Verwandtschaft ist also nicht zu leugnen. Nur, dass man ihr regelrecht ansieht, wie verrückt und bösartig sie ist. „Groß seid ihr geworden, Kinder. Wieso lasst ihr es nicht gut sein und kommt auf unsere Seite. Dann können wir wieder eine Familie sein!", meint meine Mutter und ich schüttele nur den Kopf. Nach allem, was sie uns angetan haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie das ernst meint.

„Das ist ein Witz.", gebe ich trocken von mir und mache mich bereit für einen Angriff. „Denen werden wir es zeigen. Es lohnt sich nicht sich zurück zu halten, Nathan." Wütend verlasse ich den Schutzschild von Jasper und steuere auf meine Mutter zu. Nathan überlasse ich Robins Fähigkeit, welcher mit schnellen Schritten auf unseren Vater zustürmt. Auch die beiden können ihre Verwandtschaft zueinander nicht leugnen. Beide haben die gleichen braunen Haare und Augen. Diese Ähnlichkeit erstaunt mich immer wieder. Währenddessen nehmen Dante und Leo Paolo ins Visier, welcher für unsere fröhliche Familienzusammenführung gesorgt hat. Ich sollte ihm schon fast dankbar dafür sein.

„Scarlett, du willst doch nicht wirklich mit mir kämpfen! Lass es lieber bleibe! Uns ist doch beiden klar, dass du nicht gewinnen kannst. Das konntest du noch nie!", redet meine Mutter auf mich ein, doch ich bleibe nicht stehen. Dieses Mal sieht es anders aus als vor zwanzig Jahren. Ich bin erwachsen und lasse mich von ihr nicht mehr herumschubsen.

Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, wie unser Vater versucht Nathan in seinen Spinnennetzen einzufangen. Aber dieser ist entweder zu schnell oder zu Stark, um sich davon lange aufhalten zu lassen. Auch Nathan hat einiges an aufgestauter Wut und Frustration in sich, was sich nun Bahn bricht. Sie sind nie unsere Eltern gewesen. Sie haben uns beide nur gezeugt. Eine andere Verbindung hatten wir nie zueinander. Und schlussendlich sind wir nur noch für ihre Belustigung da gewesen, bis unser Großvater uns gerettet hat.

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt