Kapitel 30

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Zwei Wochen später erfolgt dann der große Knall. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einer ungeheuerlichen Explosion ist ein großer Teil des Hochsicherheitsgefängnisses in die Luft geflogen. Viele Menschen, die dort gearbeitet haben, wurden verletzt oder sind gestorben. Allerdings waren unter den Opfern auch eine Menge Schurken.

Nachdem alles schnellstmöglich abgesperrt und geräumt worden ist wurde klar, dass lediglich fünf der Schurken entkommen konnten. Alle anderen waren nicht in der Lage zu flüchten oder konnten umgehend wieder in Gewahrsam genommen werden. Was diese Aktion also sollte, erschließt sich mir daher nicht. Abgesehen davon, dass nun wieder Angst und Panik unter der Bevölkerung herrscht. Doch das bekommen wir auch wieder in den Griff.

Erneut sitzen wir Teamleiter mit Clarissa und Antonio am Tisch und führen ein Krisengespräch. Mir kommt es manchmal so vor, als würden wir von einer Katastrophe in die nächste stolpern. Aber wahrscheinlich macht das den Beruf des Helden auch einfach aus. Unabwägbares Chaos gehört wohl zur Jobbeschreibung.

„Der Anschlag war verheerend. Da brauchen wir uns keinerlei Illusion hingeben.", meint Antonio und wirkt so ernst wie noch nie zuvor. „Das macht hier niemand. Die Frage ist doch eher, wie wir nun damit umgehen. Die entflohenen Schurken scheinen wie vom Erdboden verschluckt zu sein!", grollt Caroline und schlägt wütend auf den Tisch, sodass dieser beinahe zerbricht. Wenn sie so weitermacht, wird er irgendwann nachgeben und Clarissa muss sich um einen Ersatz kümmern. Wobei ich an ihrer Stelle ja direkt einige in Reserve im Lager stehen hätte.

„Und wir wissen auch noch nicht, worauf sie es überhaupt abgesehen haben und wer dahinter steckt!", wütet Zane und ich kann sehen, wie er sich nur mit Mühe zurückhalten kann. „Doch, das zumindest ist uns klar.", gibt Clarissa ungerührt von sich und ich bin immer wieder erstaunt, wie sie so ruhig bleiben kann. Wobei ich auch gar nicht wissen will, was sie hier bereits erlebt und durchgestanden hat. Das wird sicherlich einiges gewesen sein.

„Das ist richtig. Wir gehen momentan davon aus, dass versucht wurde Paolo Perez zu befreien. Wir haben das Gerücht gestreut, dass er sich dort befunden hat und die Größe der Explosion legt nahe, dass er den Anschlag überlebt und schadlos überstanden hätte. Angenommen wir hätten ihn an diesem Ort eingesperrt, wie es vermutet wurde.", meint Antonio und mir bleibt vor Überraschung der Mund offenstehen. Sie haben also damit gerechnet, dass es einen Befreiungsversuch geben würde und entsprechende Vorkehrungen getroffen. Beeindruckend!

„Wieso war das nicht bekannt?", will ein anderer Held irritiert wissen und ich frage mich ebenfalls, warum das vor uns anderen Helden geheim gehalten worden ist. „Wir hatten die Vermutung, dass wir entweder abgehört werden oder es einen Spitzel gibt. Daher waren wir einfach vorsichtig.", entgegnet Clarissa ungerührt und ich muss bei ihrem Tonfall etwas Lächeln. Jetzt weiß ich, warum alle Helden hier einen Heidenrespekt vor ihr haben.

Offensichtlich war der Spitzel, wenn es einen gab, nicht unter den Helden. Das ist erstmal beruhigend zu wissen. „Wir konnten so herausfinden, dass es unter einigen Wachen im Hochsicherheitstrakt einige Tratschtanten gibt. Aber ansonsten gibt es keinen Grund zur Beunruhigung. Es wurden lediglich Gerüchte weitergegeben. Alle wichtigen Positionen sind somit nicht unterwandert."

Ich kann spüren, wie alle in diesem Raum aufatmen. Es ist für alle eine Erleichterung das zu hören. „Wo befindet sich Paolo denn dann jetzt, wenn nicht in einem Gefängnis?", will ich leise wissen und schaue Antonio direkt in die Augen. Dieser Mann ist gefährlich. Das war er bereits vor zehn Jahren und heute ist es noch bedeutend schlimmer. Ihn sicher zu verwahren ist wichtig.

„Er befindet sich hier bei uns in der Zentrale." Was? Ich habe ja nun wirklich mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Das ist ja krass! Erst herrscht eine gespenstische Ruhe, ehe alle damit beginnen wild durcheinander zu sprechen und zu diskutieren. Wenn da Antonio keine Bombe hat platzen lassen, dann weiß ich auch nicht.

So sehr ich auch gegen die unmittelbare Nähe von Paolo bin. Mit dieser Entscheidung haben wir uns vielleicht sogar einen Vorteil verschafft. Offenbar ist er so wichtig, dass es sich lohnt eine solche Zerstörung und so viele Opfer zu veranlassen. Er scheint für seinen Mentor ebenfalls einiges Wert zu sein. Das können wir nun definitiv zu unserem Vorteil nutzen. Aber sicherlich haben sie das bereits bedacht. Dann bin ich ja mal gespannt, was der Plan beinhaltet. Entspannt lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und warte ab. Sie haben uns sicherlich hier zusammengerufen, um genau das zu besprechen.

Und ich behalte Recht. Mit einem Ruck steht Antonio von seinem Stuhl auf und stützt sich auf dem Tisch ab, womit er alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Dieser Kindergarten hört mir jetzt sofort auf! Ihr seid Helden und werdet euch langsam mal, wie welche benehmen müssen!", brüllt er alle an, sodass ich mir das Ohr zuhalten muss, welches ihm zugewandt ist. Da kann man ja glatt taub werden! Außerdem finde ich, dass er etwas übertreibt. Die Helden benehmen sich nicht wie solche. Manchmal zumindest. Doch es ist einiges passiert und sie versuchen ihr Bestes zu geben. Das sollte man durchaus honorieren.

„Ich weiß, dass du mit meiner Meinung nicht übereinstimmst, doch manchmal brauchen die Leute hier mal einen Tritt in den Hintern. Kein Grund zur Sorge.", meint Antonio mit einem Zwinkern in meine Richtung, was mich eine Augenbraue nach oben ziehen lässt. Ich habe mich nie gefragt über welche Fähigkeit er verfügt oder was ihn zum Anführer macht. Doch nun wird es mir langsam klar. Daher verdrehe ich lediglich die Augen und bleibe ruhig. Soll er doch mal ruhig sein Ding machen.

„Wir haben einen Plan ausgearbeitet, bei dem ich eure volle Mitarbeit erwarte. Und damit meine ich wirklich die Hingabe, welche ich in den letzten Wochen gesehen habe!" Sofort sitzen alle wieder aufrecht auf ihren Stühlen und scheinen konzentriert. Antonio hat es wirklich drauf! „Wir werden Paolo Perez als Köder einsetzen. Wir bringen ihn unter größter Geheimhaltung von hier weg an einen Ort, der für einen Kampf geeignet ist. Und dann warten wir darauf, dass der Angriff erfolgt."

Mit ernster Miene schaut sich Antonio im Raum um. „Und dann werden wir alle Schurken unter Aufgebot all unserer Kräfte schlagen! Dieser sogenannte Mentor wird es sich nicht nehmen lassen seinen Schützling zurück zu holen und mit allen Leuten angreifen, die er zur Verfügung hat. Doch wir werden auf ihn warten und zeigen, aus welchem Holz Helden geschnitzt sind!"

Damit steht der Plan. Wir werden nicht klein beigeben. Wir werden uns wehren und gewinnen. Und dann ist dieser ganze Spuk hoffentlich bald vorbei.

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt