Kapitel 17

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Wir laufen gerade durch die Straßen und halten nach Schurken Ausschau. Ehrlicherweise genieße ich es diese eigentlich langweilige Patrouille zu machen, auch wenn es meine Kameraden nervt. Aber es ist auch mal eine schöne Abwechselung, wenn man nicht gerade dabei ist sein Leben zu riskieren. Daher passt es mir eigentlich gar nicht, als neben uns plötzlich vier Motorräder halten.

Und als sie die Helme abnehmen, erkenne ich vier Helden darunter. Wir hatten noch keinen großartigen Kontakt zueinander, haben uns aber bereits das ein oder andere Mal in der Heldenzentrale getroffen. „Es trifft sich gut, dass ihr gerade hier seid. Wir suchen ein verschwundenes Kind. Ein Junge mit fünf Jahren. Haltet nach ihm Ausschau. Er ist bereits seit fünf Stunden verschwunden." Schnell hält er uns ein Bild eines fröhlich lachenden Kindes entgegen. Verwirrt schaue ich erst zwischen den Helden umher, ehe mein Blick zu der untergehenden Sonne gleitet. Es ist bereits spät und nachts noch empfindlich kalt.

„Wo wurde er denn zuletzt gesehen?", will ich wissen und überlege bereits, wie wir eine solche Suche am besten organisiert bekommen. „Die Polizei durchsucht gerade die Gegend. Seine letzte Spur haben sie wohl an einem alten Spielplatz gefunden und uns gerufen. Wir sind gerade auf dem Weg dorthin." „Wir kommen mit.", gebe ich kurzentschlossen von mir und sehe, wie die andere Heldengruppe ein kurzes Lächeln austauscht. Darauf hatten sie es wohl abgesehen, als sie neben uns gehalten haben. Aber je mehr wir sind, desto schneller können wir den Jungen auch finden.

„Steig auf.", meint er und reicht mir die Hand. Zögerlich gleite ich hinter ihm auf das Motorrad. „Jasper, Elaine und Dante fahren auch mit. Ihr drei werdet wohl laufen müssen.", gebe ich mit einer Grimasse von mir und teile Robins Fähigkeit unter ihm, Nathan und Leo auf. In den letzten Tagen haben wir sehr hart daran gearbeitet, dass das klappt. Dann halte ich mich an dem Helden vor mich fest und wir fahren los.

Schnell kommen wir an dem besagten Ort an. Leo, Nathan und Robin schaffen es keine Minute nach uns, was uns von den anderen Helden irritierte Blicke einbringt. Doch wir haben gerade andere Probleme. Wir müssen diesen Jungen finden!

„Wie es scheint ist er in den Wald gegangen. Seine Eltern sagten, dass er äußerst neugierig ist und immer alles erkunden will. Es passt also zu seinem Charakter.", unterweißt uns eine Polizistin und deutet auf den Wald hinter sich. Das wird schwierig. Einen Wald abzusuchen ist gar nicht so einfach. Schon gar nicht, wenn nicht mehr ausreichend Tageslicht vorhanden ist. Besorgt mustere ich unsere Gruppe.

„Wir teilen uns auf. Robin, du bist der Schnellste. Du läufst das Randgebiet ab. Wir wissen nicht, wie schnell das Kind unterwegs ist oder in welche Richtung. Ruf uns an, wenn du ihn gefunden hast.", gebe ich von mir und mit einem Nicken ist er auch schon verschwunden. „Nathan, Elaine und Jasper gehen zusammen nach rechts. Ich, Leo und Dante gehen nach links. Ihr geht in die Mitte.", weiße ich an und wir setzen uns direkt in Bewegung. Erst als wir den Wald betreten bemerke ich, dass ich gerade ein anderes Heldenteam herumkommandiert habe.

Innerlich zucke ich mit den Schultern. Wenn wir den Jungen gefunden haben, kann ich mich ja dafür entschuldigen sie übergangen zu haben. Doch nun haben wir wirklich erstmal wichtigeres zu tun.

So schnell wir können schlagen wir uns durch das dichte Grün. Es ist überraschend unwegsames Gelände, was mir noch mehr Sorgen bereitet. Durch das wenige Licht ist die Sicht ist erschwert und ohne Leos Blitze könnte ich wahrscheinlich bald gar nichts mehr sehen. Er fungiert gerade als unsere laufende Lampe, was es Dante und mir sehr erleichtert auch die weitere Umgebung abzusuchen. Doch wir finden einfach nichts. Wo würde sich ein kleiner Junge denn hin verirren, wenn er sich im Wald verläuft? Ich habe keine Ahnung.

„Ich hier irgendwo ein Bach oder so?", höre ich Dante von der Seite fragen und schaue ihn verwirrt an. „Ich glaube etwas weiter dort hinten, hinter den Büschen." Sofort macht sich Dante auf in die Richtung, in welche ich gezeigt habe. Mit einem Schulterzucken und verwirrten Blicken folgen Leo und ich ihm. Schnell kommen wir an besagtem Ort an und beobachten, wie Dante das Ufer absucht. Und tatsächlich sind hier kleine Schuhspuren zu finden.

Schnell folgen wir ihnen, verlieren sie jedoch schließlich. Er muss ins Wasser gegangen sein. „Das ist gar nicht gut.", höre ich Leo besorgt murmeln und kann ihm da nur zustimmen. Ein fünfjähriger alleine in Flussnähe. Da male ich mir auch direkt jegliche Horrorszenarien aus. Doch es hilft ja nichts. Wir müssen ihn finden!

Wir teilen uns auf und suchen sowohl Flussabwärts als auch Flussaufwärts. Bis ich Leo auf einmal etwas rufen höre. „Ich glaube ich habe ihn!", ruft er und ich laufe so schnell ich kann in seine Richtung. Plötzlich werde ich jedoch von Leo davon abgehalten weiter zu rennen. Wir stehen am Rande eines Abgrundes. Ein Wasserfall führt nach unten und am Ufer kann ich einen kleinen Körper erkennen. Oh nein!

„Dante, du musst uns runter lassen!", gebe ich von mir und sehe, wie auch er schnell die Lage erfasst. „Die letzten zwei Meter werdet ihr bei der Höhe wahrscheinlich fallen.", gibt er zu bedenken, doch ich habe bereits meinen Mantel ausgezogen, zusammengeknüllt und so an den Rand des Flusses geworfen, dass er nicht allzu nass wird. Vielleicht kann ich ihn noch nutzen, um den Jungen zu wärmen? Ich hoffe es so sehr!

Dann geht es auch schon los. Dante lässt Leo und mich nach unten schweben und verliert erst die Kontrolle, als wir nur noch etwa einen Meter über dem Fluss sind. Es platscht laut als wir darin landen, doch das stört gerade niemanden. Schnell waten Leo und ich ans Ufer und auf den Jungen zu, welcher einfach seitlich daliegt und sich nicht rührt.

Als wir bei ihm ankommen taste ich direkt nach seinem Puls, welchen ich nach einigem Suchen auch finden kann. Erleichterung durchströmt mich. Wir sind nicht zu spät! Leo holt umgehend meinen Mantel und wir wickeln den Jungen darin ein. Wenn er noch weiter auskühlt, hat er vielleicht keine Chance mehr. Er ist so schon unglaublich kalt. „Lauf los! Wir rufen Elaine an, dass sie sich bereit machen soll.", gibt Leo von sich und greift schon zu seinem Handy.

„Wir treffen uns dann wieder. Verlauft euch nicht.", gebe ich von mir und leihe mir etwas Stärke von Nathan und die Schnelligkeit von Robin. Ich kann noch nicht wirklich heilen und will nichts falsch machen. Also muss ich so schnell wie möglich zu Elaine. Sie ist viel näher dran als ein Krankenhaus. Und wahrscheinlich auch wesentlich effektiver.

Von unserem Band angezogen, welches uns vertrauensvoll verbindet, laufe ich los. Mehrfach stolpere ich über eine Wurzel, schaffe es aber immer wieder mich zu fangen. Verbissen laufe ich weiter und halte währenddessen den Jungen auf meinen Armen. Ich friere schrecklich, doch das ist mir egal. Meine Körperwärme überlasse ich gerne dem kleinen Jungen. Und dann sehe ich endlich kleine Lampen vor mir auftauchen. Die Rufe von Jasper treiben mich noch mehr an und ich komme schließlich keuchend vor ihnen zum Stehen.

Ohne etwas zu sagen, übergebe ich meine kleine Last an Elaine, welche umgehend mit der Heilung beginnt. Einen solchen Sprint habe ich bisher auch noch nie zurückgelegt. Meine Beine protestieren und meine Lunge ist am Ende. Viel weiter hätte ich nicht mehr laufen können! Wie macht Robin das nur? Dazu kommt jedoch auch noch meine nasse Kleidung, welches beim Laufen wirklich hinderlich ist. Diesen Tag hatte ich mir wirklich wesentlich entspannter vorgestellt.

Doch es hat sich alles gelohnt als ich sehe, wie der Junge beginnt etwas leichter zu atmen. Bei den Lichtverhältnissen kann man das zwar schlecht sagen, doch ich habe den Eindruck, dass er auch wieder etwas mehr Farbe im Gesicht bekommt. Anerkennend klopft mir Nathan auf die Schulter. „Du bist eine gute Heldin." Mit einem augenverdrehen schenke ich ihm ein Lächeln und schaffe es endlich wieder durchzuatmen, während der Junge langsam wieder zu sich kommt.

Als er die Augen öffnet fängt er bitterlich an zu weinen, was ich ihm nicht verdenken kann. Weinend klammert er sich an Elaine fest, welche ihn versucht zu beruhigen. Langsam setzen wir uns in Bewegung und schaffen es schließlich aus dem Wald heraus.

Hier können wir den Jungen an seine Eltern übergeben und treffen auch die anderen wieder. Erleichtert klatschen wir uns alle ab und ich kann nicht glauben, dass dieser eigentlich ruhige Tag noch so viel Aufregung bereithielt. Doch wir haben ein Leben gerettet und das ist immer jeden Aufwand wert!

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt