Kapitel 20

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Durch unseren Einsatz haben wir drei freie Tage angeordnet bekommen, welche wir auch etwas widerwillig akzeptiert haben. Und das auch nur, weil genügend andere Helden uns gut zugeredet haben. Es haben sich bereits weitere Heldengruppen gemeldet, welche im Notfall auf Abruf bereit stehen und in die Bredouille geratene Helden unterstützen wollen. Wir werden jetzt wohl im Rotationsprinzip daran arbeiten uns gegenseitig Rückendeckung zu geben.

Doch ich bin gespannt, was die Schurken als nächstes aushecken. Bisher haben sie es doch immer wieder geschafft uns zu überrumpeln. Erst mit den gezielten Angriffen auf die Schwachstellen einzelner Helden. Mit unserem Tauschsystem sind wir dem zwar entgangen, doch nun rufen sie einfach noch stärkere Schurken auf den Plan, die mit unterschiedlichen Helden mithalten können. Wenn man bedenkt, wie viele Helden es brauchte, um diese beiden Geschwister zu besiegen wird mir ganz anders.

„Du machst dir schon wieder Gedanken, oder?", höre ich Robin sagen und öffne die Augen, nur um eine Grimasse zu ziehen. Da hat er mich wohl erwischt. Ich liege auf der Bank in unserem Hof und wollte eigentlich nur die wenigen Wolken am ansonsten hellblauen Himmel beobachten. Doch irgendwie bin ich schon wieder dazu über gegangen mir Sorgen zu machen. Obwohl ich doch gerade sowieso nichts ausrichten kann.

„Du bist wirklich unmöglich. Nicht mal nach so einem Kampf und an einem freien Tag kannst du abschalten.", lacht Robin kopfschüttelnd, allerdings nicht halb so vorwurfsvoll, wie ich es erwartet hatte. „Wir machen uns wohl alle so unsere Gedanken.", murmelt er, hebt meinen Kopf an und setzt sich an genau diese Stelle. Mein Kopf ruht nun auf seinem Oberschenkel.

„Niemand von uns kann das Geschehene wohl so richtig verarbeiten.", höre ich Leo murmeln und schaue in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist. Er steht am anderen Ende der Bank und hat sich mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt. „Wir haben den Kopf voller Probleme, seitdem wir Helden geworden sind.", seufze ich und schließe wieder die Augen, kann jedoch ein Grinsen nicht unterdrücken. „Abgesehen von Nathan.", geben wir unisono von uns, was uns alle drei zum Lachen bringt.

Es ist einfach ein Insiderwitz zwischen uns. Nathan macht sich niemals unnötige Gedanken. Er entscheidet sich für einen Weg und zieht das auch durch. Nathan denkt nicht viel nach, sondern entscheidet aus dem Bauch heraus. Eine Eigenschaft, die ich manchmal auch gerne hätte. Doch das ist mir wohl nicht gegeben. Ich denke einfach zu viel. Ich versuche einfach immer den optimalen Weg zu wählen. Meistens funktioniert das auch, doch manchmal bin ich auch einfach zu langsam.

„Vielleicht sollten wir versuchen in diesen zwei Tagen mal auf andere Gedanken zu kommen. Etwas Spaß können wir sicherlich gut vertragen.", höre ich mich sagen und schaue in den Himmel, an welchem einige kleine flauschige Wolken umher fliegen. „Das ist ein guter Gedanke. Die Umsetzung wird nur schwierig.", gibt Robin von sich und schaut nun ebenfalls in den Himmel. Als würde uns von dort aus eine Idee zufliegen.

„Wann hatten wir denn immer den meisten Spaß?", fragt Leo nachdenklich und ich kann sein Problem verstehen. Diese ganze Heldengeschichte lässt einen irgendwie vergessen, was davor alles passiert ist. Und dabei machen wir das erst etwas über einen Monat lang. Wie kann es denn dann sein, dass ich mich kaum an die Geschehnisse davor erinnern kann?

„Wir haben getanzt.", höre ich Nathan sagen, welcher auf der anderen Seite im Türrahmen lehnt. Und nun fällt es mir auch wieder ein. „Das stimmt.", gebe ich lachend von mir und muss an die vielen verrückten Bewegungen der Männer denken. „Immer zu dieser schrecklichen Musik.", stimmt mir Robin kopfschüttelnd zu und auch Leo lacht mit uns.

Und dann stellt Nathan plötzlich unsere Musikbox mitten auf den Hof und startet sie. „Nichts wie hin!", meint Leo mit einem funkeln in den Augen und reicht mir die Hand. Breit grinsend lasse ich mich von ihm auf die Beine und zu Nathan ziehen. Robin folgt uns auf dem Fuß.

Wie wild springen wir umher, tanzen miteinander und lachen wie verrückt. Wir sind so laut, dass sogar Elaine, Jasper und Dante auftauchen und verwirrt unser Treiben beobachten. Wahrscheinlich denken sie jetzt, dass wir komplett übergeschnappt sind. Aber eigentlich ist das nur eine Art der Kompensation. Wenn man so viel Schreckliches erlebt wie wir in letzter Zeit, muss man sich manchmal einfach nur mit anderen Dingen ablenken.

Ohne weiter darüber nachzudenken, ziehe ich Jasper zwischen uns und zwinge ihn dazu, auch vollkommen verrückt zu tanzen. Überraschend schnell legt er alle seine Bedenken ab und lacht einfach mit uns. Robin steht gleich darauf zwischen Dante und Elaine und zieht sie ebenfalls mit auf unsere improvisierte Tanzfläche. Hier hüpfen, springen und lachen wir einfach, als hätten wir sonst keine Sorgen. Und das haben wir in diesem Moment auch nicht. Jetzt gerade sind wir einfach nur glücklich.

Wir tanzen alle zusammen dumm vor uns hin. Sogar die Männer versuchen sich an Partnertänzen, doch schlussendlich müssen immer Elaine und ich uns von ihnen durch die Gegend drehen lassen. Was jedoch beinahe genauso viel Spaß macht, wie ihnen dabei zuzusehen. Es ist einfach so befreiend!

Am Abend sitzen wir noch gemeinsam beisammen. Wir haben zusammen essen gemacht und uns an ein Lagerfeuer gesetzt. Natürlich lief nicht alles so reibungslos ab, da wir seit dem Tanz alle einfach immens aufgedreht sind. Bei meinem Versuch Knüppelteig zu machen, hat Leo mich nämlich damit beworfen und es wurde eine größere Mehlschlacht daraus. Sie ist so ausgeartet, dass wir uns gegenseitig mit jeweils einer Tüte Mehl in der Hand, quer über den Hof gejagt haben.

Am Schluss hat Robin es übernommen uns einzufangen, weshalb auch er schließlich vollkommen weiß gewesen ist. Lachend hat sich Elaine schlussendlich dazu bereit erklärt den Knüppelteig zuzubereiten, welchen ich zu diesem Zeitpunkt schon wieder vollkommen vergessen hatte. Jasper und Dante haben es noch nicht geschafft so locker zu sein, doch morgen ist ja noch ein weiterer freier Tag, an welchem wir sie zu jeder Menge Schabernack und Schwachsinn überreden können. Beinahe wie vor zehn Jahren, als unser aller Leben noch glücklich und unbeschwert gewesen ist.

Im Schein des Lagerfeuers erzählen wir Jasper, Dante und Elaine von dem vielen Spaß und Quatsch, den wir in unserer Jugend so erlebt haben. Und da wir vier mitunter etwas chaotisch sind, wird es ein langer Abend, den wir hoffentlich nicht so schnell vergessen werden.

Leider wurde der folgende Tag nicht halb so entspannt. Durch unsere vielen Einsätze sind der Hof und unsere Wohnungen ganz schön in den Hintergrund gerutscht. Was bedeutet, dass wir eigentlich den kompletten Tag damit verbracht haben alles wieder auf Vordermann zu bringen.

Das war so eine Schinderei, dass wir abends nicht einmal mehr die Energie hatten an unseren Fähigkeiten zu arbeiten. Wir haben einfach zusammen mitten auf dem Hof gelegen und die Sterne angesehen. Dante hat ein gutes Auge und kennt sich sehr gut mit Sternenbildern aus, weshalb er uns alles darüber erzählt hat.

Dabei wären wir alle beinahe mitten auf dem Hof eingeschlafen. Doch er hat uns mit seiner Fähigkeit wachgeschüttelt und wir sind dann entschuldigend ins Bett gegangen. Ich glaube, das hat ihn etwas gekränkt, doch Sternenbilder sind wohl nicht so unser Ding. 

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt