Kapitel 8

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Nach unserem Training sind wir duschen gegangen und haben uns umgezogen. Anschließend treffen wir uns alle im Foyer wieder. „Wollen wir noch alle zusammen einen Kaffee trinken gehen?", will Elaine wissen und lächelt uns so zauberhaft an, dass ich es nicht ablehnen kann. „Das ist ein toller Gedanke. So können wir uns alle besser kennenlernen. Auch außerhalb des Trainings.", stimmt Dante zu und zwinkert mit einem Grinsen in meine Richtung.

Ich will gerade etwas antworten, als die Empfangsdame Clarissa zu uns kommt. Oder zumindest eine Kopie von ihr. „Scarlett. Ich muss dich leider von deinem Team trennen und dich bitten mich zu begleiten." Verwirrt mustere ich sie einmal, während sie noch auf ihrem Tablett herumdrückt. „Wieso das denn?", will ich verwirrt wissen und habe sogleich ein schlechtes Gefühl. „Es findet eine Besprechung der Teamleiter aller Heldenteams statt. Daher musst du teilnehmen."

Sofort lasse ich meine Schultern hängen. „Oh man, hättest du das nicht machen können, Dante?", will ich rhetorisch wissen, bekomme jedoch trotzdem eine Antwort. „Keine Chance. Ich lasse dir da gerne den Vortritt und gehe mit den anderen Kaffee trinken.", grinst er und schnell machen sich alle aus dem Staub, bevor sie am Ende doch noch etwas machen müssen. So eine Gemeinheit. Und ich dachte wir sind alle ein Team.

Seufzend wende ich mich wieder Clarissa zu. „Wo muss ich hin?" Ergeben folge ich ihr bis vor die Tür der Umkleidekabinen. „Du muss dir noch deine Kleidung anlegen." Genervt sehe ich zur Decke und verfluche kurz jegliche Entscheidung, die mich hierher gebracht hat. „Das ist so sinnlos." „So sind die Vorschriften nun einmal." Schnell ziehe ich mir wieder meine Heldenkleidung an, welche sich nicht großartig von meinen sonstigen Klamotten unterscheidet und folge anschließend Clarissa.

Wieder lande ich in einem großen Beratungsraum, nur das hier bereits einige Helden versammelt sind. Ich setze mich auf meinen Platz direkt neben Clarissa, welche sich neben Antonio fallen lässt. Nachdem ich mich gesetzt habe, lasse ich meinen Blick schweifen. Allerdings kenne ich nur den Typen von unserem letzten Einsatz, Zane Montana. Kurz nicken wir beide uns zur Begrüßung zu, dann kommen auch schon weitere Helden und die Besprechung beginnt.

„Wir haben etwas wichtiges mit euch zu besprechen, daher mache ich es kurz.", beginnt Antonio und ich runzele verwundet die Stirn. Dieser Satz ergibt irgendwie keinen Sinn. „Einige von euch haben es mitbekommen. Die Schurken bilden eigene Teams und agieren neuerdings in Gruppen. Und noch dazu kommt, dass sie scheinbar genau auf die Helden eingestellt sind, welche zu Hilfe eilen. Sie haben sich so aufgestellt, dass sie den größtmöglichen Schaden bei den Heldenteams anrichten können."

„Er will damit sagen, dass die Schurken gezielt die Helden auf den Plan rufen, um diese dann zu töten.", fasst Clarissa noch einmal zusammen, was mich zum Schmunzeln bringen würde, wäre die Nachricht nicht so ernst. „Das stimmt. Erst letztens wäre Nevio beinahe gestorben, hätten wir nicht ein grandioses Team zur Unterstützung dabei gehabt.", bestätigt Zane und einige weitere Helden bestätigen das Gesagte mit ihren Erfahrungen.

„Wir hatten leider nicht so viel Glück. Wir haben zwei unserer Leute verloren und sind gerade so selbst mit dem Leben davon gekommen.", meint ein anderer Held und man sieht ihm an, wie sehr er darunter gelitten hat. Noch immer zieren Verbände sein Gesicht und in seinen Augen kann ich das Grauen und die Angst ablesen. Es tut mir in der Seele weh.

„Deshalb wollen wir heute mich euch darüber reden, wie wir den Schurken besser Paroli bieten können. Wir wollen keine Leben unnötig riskieren und diese Monster dingfest machen.", poltert Antonio und schlägt mit der Hand auf den Tisch, dass dieser ein protestierendes Quietschen von sich gibt. Danach entsteht erstmal Ruhe.

„Woher wissen die Schurken denn, auf welche Helden sie treffen? Ist das vorhersehbar?", will ich leise an Clarissa gewandt wissen, erhalte jedoch trotzdem die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Clarissa zieht eine Grimasse. „Leider ja. Jedes Heldenteam hat ein Gebiet zugeteilt bekommen, welches es überwacht. Wenn dort Unruhe entsteht, rücken sie aus." Dann muss man also nur lange genug alles beobachten und dann weiß man sicherlich auch, wo das eine Gebiet anfängt und wann es aufhört.

„Können wir da nicht einfach tauschen?", will ein anderer Held wissen und ich kann seiner Frage da nur zustimmen. „Selbst ein Rotationsprinzip ist nicht unfehlbar. Und um das auf die Beine zu stellen, fehlen uns die nötigen Ressourcen.", meint Clarissa betrübt, was mich verwundert. „Kannst du das nicht machen?", frage ich verwirrt nach und bemerke erst nach meiner Frage wie müde sie eigentlich wirkt. Daher überrascht mich ihr müdes Lächeln nicht.

„Ich könnte das sicherlich machen, aber ich habe schlicht und ergreifend nicht die nötige Kraft dazu. Ich arbeite bereits seit einiger Zeit an meinem Limit. Viel länger kann ich nicht mehr durchhalten, sonst falle ich komplett aus." Das wäre vermutlich der Untergang der Heldenzentrale. Wir wären sicherlich handlungsunfähig. Antonio traue ich das Management der Zentrale nämlich nicht zu.

Von meiner eigenen Idee nicht begeistert ziehe ich eine Grimasse. „Und wenn wir deine Möglichkeiten für einen kleinen Augenblick erhöhen? Könntest du dann vielleicht etwas abarbeiten, um dir freie Spitzen zu schaffen?", will ich immer noch leise wissen, doch Clarissa bekommt bei meinen Worten große Augen. „Das kann ich nicht von dir verlangen!"

Genervt winke ich ab. „Ich habe es angeboten und wahrscheinlich hilft es mir ebenfalls. Also stell dich nicht so an. Und es bleibt eine Ausnahme." Mit einem strengen Blick reiche ich ihr die Hand, welche sie nach kurzem Zögern ergreift. Diese Heldensache steigt mir langsam zu Kopf, habe ich das Gefühl. Doch nun habe ich es angeboten, also muss ich es auch durchziehen.

Mit geschlossenen Augen konzentriere ich mich und bin überrascht, wie gut es funktioniert. Clarissa scheint mir mehr Vertrauen entgegen zu bringen, als ich vermutet habe. Kurz durchleuchte ich ihr Potenzial und muss ein hysterisches Lachen unterdrücken. „Es tut mir leid, aber ich werde dir nicht alles offenbaren, was in dir schlummert." Sie könnte mit ihren Klonen einen kompletten Kontinent überrennen. Stattdessen kratze ich nur ein bisschen an ihren Kräften und entziehe Clarissa anschließend meine Hand.

Sofort scheint ihre Müdigkeit wie weggeblasen und fünf weitere Klone lösen sich aus ihrem Körper. „Reicht das?", will ich wissen und sie nickt enthusiastisch. „Auf jeden Fall. Ich werde mich direkt an die Arbeit machen. Die Helden werden zukünftig an unterschiedlichen Orten eingesetzt, ganz nach Zufall." „Am besten sollte ein weiteres Team zur Verstärkung bereit stehen, wie bei unserem Einsatz letztens. Das können auch Frischlinge übernehmen. Dann lernen sie wenigstens gleich etwas.", steuert Zane bei und mustert mich eingehend.

„Dich und deine Kollegin hätte ich auch gerne in meinem Team gehabt." „Die Jungs sahen auf dem Videomaterial auch vielversprechend aus.", meint eine andere Heldin und wirft mir einen ernsten Blick zu. Doch darüber kann ich nur lächeln. „Unser Team bleibt bestehen und wir werden uns nicht aufteilen. Da könnt ihr euch auf den Kopf stellen, wie ihr wollt. Das sind meine Leute.", gebe ich unnachgiebig von mir und sehe allen herausfordernd in die Augen, die versuchen mich einzuschüchtern.

Bis Antonio unser Blickduell lachend unterbricht. „Wir sind uns einig, dass unser neuestes Nachwuchsteam bereits sehr gute Arbeit geleistet hat und äußerst vielversprechend ist. Aber die junge Dame hat ihren Standpunkt klar gemacht und so bleibt es auch. Ihr könnt euch aber gerne darum bewerben, bei welchem Team sie zur Unterstützung dabei sein sollen. Dagegen spricht schließlich nichts."

Der Anführer der Heldenzentrale kann ja doch eine ordentliche Ansprache halten. Das hätte ich gar nicht gedacht. „Sie können gerne jederzeit wieder bei uns eingeteilt werden. Meine Teammitglieder würden sich sicherlich gerne für die Rettung und Unterstützung bedanken.", meint Zane, doch auch drei weitere Heldenteams melden sich. Clarissa notiert sich die einzelnen Wünsche und verspricht diese mit in ihre Aufstellung einzubeziehen. Dann ist die Besprechung erst einmal aufgelöst, bis es einen konkreten Plan gibt.

Seufzend mache ich mich auf den Weg zu den anderen. Leo hat mir geschrieben, wo sie sind und selbst in meiner Heldenkleidung sollte ich nicht großartig auffallen. Lust, mich jetzt schon wieder umzuziehen, habe ich nämlich kein bisschen. Daher verlasse ich einfach so die Heldenzentrale, ohne schon wieder meine Klamotten zu wechseln. Jetzt brauche ich nämlich wirklich erstmal einen Kaffee. Das habe ich mir redlich verdient.

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt