Kapitel 18

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Angespannt sitzen wir im Foyer der Heldenzentrale und warten auf unseren Einsatz. Einige Tage sind bereits vergangen und es gab bisher keinen erneuten heftigen Angriff auf die Helden. Auch die Panik in der Bevölkerung hat sich dadurch wieder etwas gelegt, obwohl eine halbe Stadt dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Der Aufbau hat inzwischen begonnen, auch wenn viele der Einwohner ihr Hab und Gut oder sogar ihr Leben gelassen haben. Es gab eine große Trauerzeremonie, bei welcher sogar einige Helden anwesend gewesen sind. Unser Team hat dabei als Wache fungiert, sollten die Schurken einen Angriff wagen. Doch das haben sie nicht getan. Eigentlich hatte ich fest damit gerechnet. Aber wahrscheinlich war es auch zu offensichtlich. Wenn zu viele Helden da sind und sie uns nicht einschätzen können, werden sie uns wohl auch nicht angreifen.

Immer wieder beobachten wir besorgt, wenn einige Helden zu einem Außeneinsatz müssen und verabschieden sie, um sie umso erleichterter wieder bei uns zu begrüßen, wenn sie zurückkehren. Es ist Nervenzehrend darauf zu warten, dass der Feind den ersten Schritt macht. Doch trotz allem waren wir nicht untätig. Wir haben eigenständig unsere Fähigkeiten trainiert. Alle haben ihr Potenzial weiterentwickelt.

In einigen Wochen werden sie meine Kraft der Verstärkung nicht mehr benötigen. Dann kann ich mich darauf konzentrieren unsere Fähigkeiten den Umständen entsprechend zu kombinieren. Was gar nicht so einfach ist. Erstmal mussten alle die Fähigkeiten der anderen kennenlernen, um sie notfalls auch selbst einsetzen zu können. Es ist uns jedoch nur selten möglich das zu trainieren, weil es mich noch immer sehr erschöpft und ich danach einige Stunden Ruhe brauche. Daher üben wir das nur im Geheimen bei uns zuhause.

„Etwas stimmt nicht.", höre ich plötzlich Dante sagen und sehe, wie Antonio und Clarissa die Köpfe zusammenstecken. Immer wieder schauen sie auf einen Bildschirm und scheinen zu beratschlagen, was sie nun tun sollen. „Wir sollten uns bereithalten.", stimme ich leise zu und kontrolliere meine Kleidung. Alles ist an Ort und Stelle. Wir sind bereit.

Kurz tauschen wir alle einen Blick und nicken uns zu, dann laufen wir auch schon geschlossen zum Empfang. Die umstehenden Helden haben es auch bemerkt und sind plötzlich in Alarmbereitschaft. Das passiert uns seit unserer Ansage öfter. Wir stehen unter Beobachtung und jeder unserer Schritte scheint von den anderen wahrgenommen zu werden. Doch das ist nicht weiter schlimm. Unter anderen Heldengruppen habe ich ein ähnliches Verhalten gesehen. Wahrscheinlich entwickelt sich durch gegenseitige Anerkennung einfach ein solches Verhalten.

„Was ist los?", will Robin leise wissen und unterbricht dabei die Diskussion von Clarissa und Antonio. Ertappt schaut die Empfangsdame uns an und verzieht traurig das Gesicht. Sie wollte es uns nicht verraten und Antonio war dagegen. Es ist offensichtlich, dass sie uns beschützen will. „Seht es euch selbst an.", meint Antonio und zögerlich lässt uns Clarissa auf ihren Bildschirm schauen.

Wir können einige wackelige Aufnahmen aus dem Inneren eines Einkaufszentrums erkennen. Viele Menschen liegen am Boden, verstecken sich in den Ecken oder versuchen verzweifelt aus dem Gebäude zu entkommen. Neben den fünf Helden, von welchen einige bereits äußerst mitgenommen wirken, scheint es auch zwei Schurken zu geben, die das Ganze wohl ausgelöst haben.

„Wir hatten einen Deal. Bringt uns dorthin!", verlangt Leo wütend und ich kann sehen, wie er mit den Zähnen knirscht. „Das ist gefährlich! Diese Schurken sind weltweit bekannte Verbrecher und wurden noch nie besiegt!", widerspricht Clarissa und ich begreife nun, warum sie uns in den Rücken gefallen ist. „Was können sie?" Wenn sie so bekannt sind, dann müssen auch ihre Fähigkeiten bekannt sein.

„Der Typ kann die Toten wieder zum Leben erwecken. Allerdings sind sie dann immer sehr langsam. Daher steuert seine Schwester diese Zombies mit ihrer Fähigkeit wie Marionetten. Allerdings kann sie das auch mit lebenden Menschen machen. Also müsst ihr euch vorsehen." Eine angsteinflößende Kombination aus Fähigkeiten. Davon habe ich noch nie gehört.

Ich wende mich meinem Team zu. „Wir machen alles wie besprochen?" Alle nicken zustimmend. Wir halten an unserem Plan fest und werden diesen Schurken Einhalt gebieten. Mit allem, was uns zur Verfügung steht. Dafür haben wir die letzten Tage so hart trainiert! „Wir sind Helden.", höre ich Nathan entschlossen sagen und muss bei diesen Worten lächeln. Das sagt er einfach so häufig, dass es mir auf die Nerven gehen sollte. Aber das tut es nicht. Es lässt mich einfach immer wieder neuen Mut finden und erinnert mich daran, was wir bereits alles erreicht haben.

Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu Findus. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die anderen Helden und die unschuldigen Menschen setzen ihre Hoffnung in uns. Wir dürfen sie nicht enttäuschen!

Wenige Minuten später landen wir im oberen Stockwerk des Einkaufszentrums. Zwei weitere Stockwerke sind noch unter uns. Und dort tobt auch der Kampf. „Robin, du bringst die Zivilisten aus dieser Etage in Sicherheit. Alle müssen das Gebäude verlassen. Wir wissen nicht, ob sie bereit sind alles in sich zusammen stürzen zu lassen!", weise ich direkt an und stürme mit den anderen eine Etage tiefer. „Dante, diese Etage gehört dir! Bring die Leute hier weg!"

Schnell gehen wir weiter nach unten. „Jasper, wir brauchen einen Sammelpunkt, von dem aus alle evakuiert werden können, wenn Dante und Robin so weit sind! Elaine, du sorgst dafür das niemand stirbt!" Eigentlich ist es selbstverständlich, doch ich kann es mir einfach nicht verkneifen. Auch ohne meine Anweisung würde Elaine niemanden freiwillig sterben lassen. „Nathan und Leo, ihr seid die Ablenkung! Wir sammeln die anderen Helden zusammen und machen die beiden dann platt! Passt auf das niemand stirbt, den sie dann gegen uns verwenden können!"

Noch sehe ich keine Leichen. Alle scheinen noch am Leben zu sein, abgesehen von etwa einem Dutzend. Doch diese scheinen schon länger tot zu sein. Sie sehen so aus, als würden sie bereits seit einiger Zeit verwesen. Vielleicht aus einem vorherigen Kampf? Wer weiß das schon. Ich habe jedenfalls keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen.

Mein Blick wandert nach oben und ich kann sehen, wie sich alles langsam leert. Da der Ausgang auf der Etage von Dante ist, arbeiten er und Robin Hand in Hand, um alle schnellstmöglich hier rauszubringen. Einer der anderen Helden hat sich ihnen angeschlossen. Seine Fähigkeit scheint eine Art Schwerelosigkeit zu sein. Auf jeden Fall lässt er einige Schwerverletzte einfach hinter sich her nach draußen schweben. Das ist sehr praktisch. Damit können wir auch noch viele andere hier wegbekommen, die wir sonst Aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen vielleicht nicht bewegen dürften.

Mein Blick wandert zu den anderen vier Helden. Zwei sind zu Jasper und Elaine gestoßen und lasse sich von ihnen helfen, um schnell wieder einsatzbereit zu sein. Die anderen beiden beschäftigen weiterhin die Schurken. Diese sehen überhaupt nicht begeistert aus, dass wir hier dazugestoßen sind. Scheinbar haben sie damit nicht gerechnet, was mich zum Grinsen bringt. Genau deswegen machen wir das. Um den Schurken eins auszuwischen.

Hinter mir entsteht ein Schutzschild, in welches ich mich nun auch begebe. Ich kann nicht einfach so ungeschützt mitten in der Halle herumstehen. Auch ohne meine Verstärkungsfähigkeit muss ich bereit sein die anderen zu unterstützen. Daher versuche ich mich zu entspannen und alles zu beobachten.

„Ihr lästigen Helden! Warum könnt ihr nicht einfach krepieren!", ruft der Zombie-Schurke und ich kann beobachten, wie Nathan seine Zombies einfach gegen die Wand schlägt, sodass diese auch nicht mehr wiederbelebt werden können. Es tut mir zwar leid um die Menschen, die sie einmal gewesen sind. Aber ich wöllte auch lieber Brei sein als mich von diesem Typen benutzen zu lassen. So herzlos das nun auch klingt.

„Das kannst du vergessen! Dich machen wir fertig!", brüllt Leo zurück und setzt einen gezielten Blitz ab, welchem er jedoch ausweichen kann. War ja klar, dass es nicht so einfach wird. Doch es ist ein Anfang. Die Helden können sich erholen und ein Großteil der Zivilisten konnte bereits entkommen. Sie sind in Sicherheit und können somit nicht mehr gegen uns verwendet werden. Den Rest packen wir auch noch.

Bleibt nur zu hoffen, dass das Einkaufszentrum unserem Kampf auch standhält. Einige Stützpfeiler sind schon arg in Mitleidenschaft gezogen worden und an den Wänden sind ebenfalls einige Löcher entstanden. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir hier bei lebendigem Leib begraben. Und das ist wirklich kein Tod, den ich mir wünsche. Nicht, dass ich jetzt schon sterben will. Dafür gibt es noch zu viel zu tun. Wir haben noch eine Menge Leben zu retten. Und deshalb sollten wir jetzt auch langsam mal damit anfangen. 

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt