Kapitel 34

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Langsam verlasse ich den Schild von Jasper und trete auf den aufgerissenen Boden außerhalb des Schildes. Für eine erste Probe leihe ich mir die Fähigkeit einer Heldin und schwebe einfach darüber. Mit Dantes Kraft hebe ich Nathan an und lege ihn neben den Schild von Jasper. Sie werden sich um meinen Bruder kümmern. Da bin ich mir sicher.

„Eine hübsche, junge Frau. Ich bin überrascht!", lacht der Schurke und mustert mich einmal von oben bis unten. Wie unangenehm! „Ich bin nicht überrascht. Mit einer solchen Bosheit habe ich gerechnet bei dem Mentor von Paolo." Als hätte ich den Schurken wieder an seinen Protegé erinnert blinzelt er kurz in dessen Richtung. Doch Paolo liegt noch immer bewusstlos am Boden. Nun noch halb bedeckt von Erdtrümmern.

„Ich habt mir meinen gelehrigen Schüler genommen! Habt ihr überhaupt eine Ahnung wie lange es dauert ein solches Opfer heran zu ziehen?", will der Schurke wissen, doch ich hebe nur eine Augenbraue. Was genau hatte er denn mit Paolo vor? Meine Verwirrung scheint man mir anzusehen, daher schenkt mir der Schurke ein kleines Lächeln. „Wie du gemerkt hast bin ich in der Lage die Kraft und das Leben meiner Opfer zu rauben. Aber in seltenen Fällen gelingt es mir auch ihnen ihre Fähigkeit zu rauben. Ähnlich wie bei dir, nehme ich an."

Ich ziehe bei dieser Anschuldigung eine Grimasse. „Ich bin nicht annähernd wie du. Ich leihe mir die Fähigkeiten anderer. Ich entreiße sie ihnen nicht." Wütend schnalzt der Typ mit der Zunge. „Das ist ja erbärmlich. Und ich dachte schon ich hätte jemanden gefunden, der so ist wie ich! Ich habe Jahrzehnte überdauert, um jemanden zu finden der ist wie ich." Irgendwie wirkt er leicht verwirrt. Aber wie soll ein Mensch auch drauf sein, der wahrscheinlich weitaus länger lebt, als man überhaupt leben sollte? Das erscheint mir alles nicht sonderlich gesund.

„Wie sieht es denn mit sterben aus?", schlage ich ganz pragmatisch vor und sehe dabei zu, wie sich ein irrer Glanz in seine grauen Augen schiebt. „Oh nein! Ich muss doch noch die Welt ins Chaos stürzen!" Das ist eine Antwort, die ich nicht hören wollte. Das bedeutet, dass ich tatsächlich gegen ihn kämpfen muss. Das ist ja eigentlich gar nicht mein Ding.

„Ich töte dich schnell und dann hole ich mir die Leben der anderen, kleine Schönheit. Es wird nur einen Moment dauern!" Damit stürmt er auf mich zu, seine merkwürdigen Fäden nach mir ausgestreckt. Doch ich bin vorbereitet. Die Fähigkeiten der anderen Helden stehen mir zur Verfügung und ich habe keine Angst sie zu benutzen.

Ich greife auf die Fähigkeit zu Waffen zu erschaffen und lasse Schwerter, Äxte und Dolche vor mir entstehen. Und durch Nevios Fähigkeit Metall zu kontrollieren kann ich diese Waffen auch einsetzen, ohne sie in den Händen zu halten. So kann ich gleichzeitig die Fäden zerschneiden und den Schurken angreifen. Dieser weicht überrascht zurück. „Wieso hat das der andere nicht angewendet?", ruft er erstaunt und mustert mich nun eingehend. Doch ich sage nichts und bleibe konzentriert.

Es ist kraftraubend gleich mehrere Fähigkeiten einzusetzen, zumal ich den Umgang damit nicht gewohnt bin, doch ich werde das nun durchziehen. Ich lasse nicht zu, dass noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Außerdem traue ich diesem Typen keinen Millimeter über den Weg. Selbst wenn er sich zurückziehen sollte, müssen wir ihn aus dem Verkehr ziehen. Koste es, was es wolle.

Während ich weiterhin seine Fäden durchschneide, greife ich nach der Fähigkeit von Naomi. Mit Hilfe ihrer Dornenranken, welche ich aus dem Boden wachsen lasse, schaffe ich es ihn zu fixieren. Die Ranken wickeln sich um seine Beine und bringen ihn so dazu anzuhalten. Doch er schafft es sie mit seinen Händen zu zerreißen. Ich muss also noch etwas nachlegen.

Mit zusammengebissenen Zähnen lasse ich die Ranken erneut wachsen. Sie schlingen sich dieses Mal nicht nur um seine Beine, sondern auch um seine Arme, seine Taille und seinen Hals und ziehen ihn nach hinten. Er kippt gerade nach hinten um, da lasse ich zwei Dolche auf ihn zu fliegen. Sie sollen ihn am Boden fixieren, damit er nicht mehr aufstehen kann. Ich will ihn ja nicht töten, sondern lediglich kampfunfähig machen. Doch als die Dolche auf seine Haut treffen, prallen sie einfach ab!

Heldenepos - Team 42Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt