Salim stand mit seinem Vater am Waldrand. Die Leute, die hinter ihnen standen, flüsterten. Es war ein beunruhigendes Flüstern. Leise, aber doch bedrohend.
Die Kälte kroch Salim die Glieder hinauf. Es war mitten im Winter, die Tage, an denen
Schmetterlinge herum flogen noch fern. Alles war voller Schnee. Und hier am Waldrand, mitten auf der weißen Decke, lag sie. Seine Mutter.
Ein Jäger hatte sie heute Morgen dort aufgefunden.
Etwas in Salim zog sich zusammen. Er hatte seine Mutter immer geliebt. Auch wenn alle anderen ihn ihretwegen missachteten. Die Leute aus seinem Dorf hatten sie stets für einen Geist oder was ähnliches gehalten. Dasselbe dachten sie wohl von Salim.
Sein Vater drückte seine Hand. Salim zwang sich seine Mutter am Boden genau anzusehen. Früher war sie wunderschön gewesen, doch jetzt waren ihr Gesicht und ihre Hände übersät von hässlichen schwarzen Flecken. Einige Jahre zuvor waren diese Flecken noch viel kleiner gewesen. Salim erinnerte sich, dass es ihr immer schlechter gegangen war und sie im Laufe der letzten Zeit kaum noch gesehen hatte. Aber bis zuletzt, hatte sie in seiner Nähe gelebt.
„Ist es eine Krankheit?“, fragte Salim so leise, damit die Dorfbewohner ihn nicht hören konnten.
„Nein“, sein Vater schüttelte den Kopf, „Nein, das ist es nicht.“
„Warum ist sie dann gestorben?“
Sein Vater schwieg. Das tat er oft, sobald sie begannen über seine Mutter zu sprechen.
Schließlich sagte er traurig: „Sie hat etwas getan, das sie nicht hätte tun dürfen. So wurde sie bestraft.“
„Hat sie etwas Schlimmes getan?“
„Das verstehst du nicht“, sagte sein Vater nur, „Du bist noch viel zu klein dafür.“
Salim hörte die beschneiten Nadelbäume leise wimmern. Auch sie trauerten mit ihm, doch er war der Einzige, der ihre Rufe vernahm.
Sein Vater legte ihm die Hand auf die Schultern.
„Komm, lass uns wieder nach Hause gehen“, sagte er.
Salim ließ sich von ihm fortführen. Er sah seine Mutter in seinem inneren Auge immer noch vor sich. Sie hatte so etwas nicht verdient. Salim wusste, dass sein Vater sich irrte. Da verstand er, was seiner Mutter widerfahren war und warum.
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Das Schwert des Thanatos
FantasyWird überarbeitet Juna Montera, ein Mädchen, das nichts kennt außer dem Alleinsein und der ewigen Einsamkeit. Nichts außer unerfüllter Hoffnungen und verlorengegangener Träume. Ihr strenger Onkel verbietet ihr nämlich unter jeglichen Umständen das...