Die Goldene Stadt

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Immer werde ich des nachts aus dem Schlaf gerissen, immer wieder habe ich diesen einen Traum.

Diesen einen Traum mit der schattenhaften Gestalt, die vor mir steht und mein Leben fordert.

Ist es meinem Dasein wirklich so bestimmt zu Ende zu gehen? Wäre es doch nur ein richtiger Traum.

Doch tief in meinem Inneren weiß ich, dass er eines Tages wahr werden wird.


Tagebucheintrag des Kaisers Kirin Karneol


Juna verstärkte den Griff um die Zügel der Necromis. Sie waren unruhig und Juna war keine Expertin darin, was diese Tiere betraf. Sie hatte Mühe sie auf der Straße zu halten. Passte man nicht auf, taten sie das, was sie wollten, bogen einfach ab und liefen durch die weiten Getreidefelder um sie herum. Vereinzelt sah man Windmühlen auf den Äckern stehen. Ihre Räder drehten sich langsam, während die Sonne höher stieg und sich die Ären des Weizens vor Gewicht bogen. Ein Necromi schüttelte sich kräftig. Juna trieb es wieder an. Seine Schuppen leuchteten wie Lava. Es waren echt sture Tiere.

Die ersten Häuser von MiKen kamen in Sicht. Große weiße Villen, noch prachtvoller als die in Erion. Die Dächer bestanden aus purem Gold, so wie Dorothea es gesagt hatte. Sie standen alle um einen Hügel herum, auf dem sich eine riesige Burg erhob.

Es war ein verrückter Plan, für Juna total sinnlos. Aber was sollte sie dagegen tun? Wenn Dorothea sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog sie das auch durch. Egal welche Konsequenzen es hatte.

Vor dem Eingang der Stadtmauer standen Soldaten. Viel zu viele, um sich allein gegen sie anzulegen. Sie kontrollierten alles, was in die Stadt kam, oder sie verließ. Juna griff die Zügel noch mal enger und zwang die Necromis stehen zu bleiben. Eine Menschenschlange hatte sich gebildet. Juna atmete tief durch, der Plan musste funktionieren.

Bald war sie an der Reihe. Die Wachen schritten auf sie zu. Mit dem bunten Wagen und den zwei Necromis, erweckte sie mehr Aufmerksamkeit als alle anderen. Juna ärgerte sich über Dorotheas trachten nach Zuschauern. Juna strich ihre Kleidung glatt. Sie hatte ihren grünen Mantel gegen ein weißes Laken eingetauscht. Langsam wurde sie so unruhig wie die Necromis. Sie tänzelten hin und her.

„Steig vom Fuhrwerk runter! Wir müssen es kontrollieren!“, befahl einer der Soldaten.

Juna tat wie geheißen. Sie blickte sich nach allen Seiten um.

Einer der Wachen achtete auf die Necromis, während die anderen den Wagen betraten. Sie fingen an ihn zu durchsuchen. Genau wie erwartet. Sie würden jeden Gegenstand auseinandernehmen, jede Kiste durchwühlen und sie erst reinlassen, wenn man das Gefährt als absolut ungefährlich einstufen würde. Seit der Kaiser Kirin Karneol umgebracht wurde, war jeder vorsichtiger geworden.

Plötzlich ertönte ein Krach, so laut wie ein Donnerschlag, nur wenige Meter entfernt. Rauch stieg auf. Sofort stoben die Menschen auseinander und die Soldaten eilten darauf zu.

Jemand trat aus dem Nebel hervor. Eine Gestalt in einem tiefroten Mantel. Sie breitete unheilvoll ihre Arme aus.

„Der Schatten!“, schrien die Stimmen der umstehenden Menschen, „Das ist der Schatten!“

Furcht brach aus. Die Soldaten zogen ihre Schwerter. Sogar die Wachen aus Junas Wagen sprangen heraus.

Die Gestalt verfiel in Gelächter. Sie blickte in die panische Menge, voller Stolz. Ein roter hoher Kragen bedeckte ihr Gesicht bis zu den Augen, die mit schwarzer Kohle umrahmt waren.

Das Schwert des Thanatos Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt