Aus dem Himmel fallen tausend Flocken,
weiß und winzig klein,
die dich in die Kälte locken,
in das frostige ewige Sein.
In das frostige ewige Sein,
der Stürme, Schnee und Eis
denn die Welt bleibt und ist auf ewig weiß.
Verlorengegangenes Gedicht
Eines Klans aus dem Norden
Als Adara erwachte, tat ihr alles weh. Sie hatte die ganze Nacht gegen den Baumstamm gelegen und wegen der Wölfe kaum ein Auge zugetan. Es waren Stunden vergangen, während sie rumgeschlichen und endlich abgehauen waren. Obwohl das Feuer immer noch brannte, spürte sie ihre Zehen nicht mehr. Adara fror entsetzlich. Ihr Atem bildete kleine weiße Wölkchen. Sie rieb ihre Hände ineinander, um wenigsten ein bisschen wärmer zu bekommen. Es half nichts.Adara richtete sich vorsichtig auf streckte sich.
Juna schlief neben ihr, Finnian war fort.
Sie tastete sich zum grauen Vorhang aus herabhängenden Zweigen vor und schob ihn beiseite. Etwas strahlen Weißes schien ihr entgegen. Adara blinzelte. Es war der feste kalte Regen. Schnee, ja so nannte man ihn. Bisher hatte Adara noch nie Schnee gesehen. Regen gab es in Avalion nur sehr selten und Schnee war nicht mehr als ein eine Geschichte aus einem fernen Land. Geh dahin, wo der Schnee fällt, das war eine alte Redewendung in Avalion. Natürlich für eine Person, die man nicht leiden konnte und sie ganz weit fortwünschte. Zahlreiche Male hatte Adara Dorothea in den Schnee gewünscht. Irgendwohin wo es kalt und furchtbar war.
Doch jetzt, als sie den Schnee in der Sonne glitzern sah, wirkte er überhaupt nicht furchtbar. Er war wunderschön. Zaghaft berührte sie ihn. Er war so weich wie der Sand der Wüste. In klitzekleinen Flocken fiel er federleicht vom Himmel. Er wirbelte und tanzte umher, wie winzige Schneeflockentänzer.
Adara lächelte. Vielleicht würde diese Reise trotzdem nicht so schrecklich werden wie erwartet.
In einiger Entfernung entdeckte sie Finnian. Er war umringt von drei großen braunen Tieren, mit langen nach hinten geschwungenen Hörnern. Er streichelte sie und es sah so aus, als gebe er ihnen was zum Fressen. Aber es waren nicht die Tiere, die Adaras Aufmerksamkeit erregten. Nein, es war Finnian selbst. Sie erblickte ihn zum ersten Mal ohne Kapuze.
Dank ihrer scharfen Augen sah sie ihn so gut vor sich, als stünde er direkt vor ihr. Seine Haut war blass und seine tiefschwarzen Haare so zerzaust, als wäre er gerade mitten durch einen Sandsturm gelaufen. Die Augen waren fast so auffallend wie der Ajin. Sie waren nicht rundlich, sondern schlitzartig und dunkel. So dunkel, wie der Raum zwischen den Sternen am Nachthimmel. So dunkel, dass sich die Iris beinahe nicht mehr erkennen ließ. Er schien ungefähr gleich alt zu sein wie sie und war auch ungefähr gleich groß. Er würde nicht einmal schlecht aussehen, wenn er nicht andauernd diesen harten Gesichtsausdruck hätte.
Wie immer trug Finnian seinen Beutel bei sich. Adara fragte sich, was er wohl darin versteckte.
Schnell kroch sie zurück in ihre Baumhöhle und rüttelte an Juna.
„Wach auf!“, flüsterte sie, „Schnell, das musst du dir ansehen!“
Benommen schlug Juna die Augen auf. Sie brauchte einen Moment, bis sie zur Besinnung kam.
DU LIEST GERADE
Das Schwert des Thanatos
FantastikWird überarbeitet Juna Montera, ein Mädchen, das nichts kennt außer dem Alleinsein und der ewigen Einsamkeit. Nichts außer unerfüllter Hoffnungen und verlorengegangener Träume. Ihr strenger Onkel verbietet ihr nämlich unter jeglichen Umständen das...