Der Sturm

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Unsere Heimat, die liegt dort,

an diesem heißen Ort.

Zwischen Stein und Staub die Sonne brennt,

der Himmel in Gold getränkt.

Altes Wüstenlied der Nomaden

Juna und Adara hatten fertig gegessen und lagen jetzt im warmen Sand, versteckt zwischen den Dünen. Es hatte wie jeden Abend verschrumpelte Wurzeln und trockene Pilze gegeben. Inzwischen wusste Juna, dass diese zwei die einzigen essbaren Nahrungsmittel in der ganzen Wüste waren und langsam konnte sie nichts mehr davon sehen. Sie fragte sich, wie die Menschen in Avalion bloß damit klarkamen. Adara hatte gemeint, es sei alles nur Gewohnheitssache und sie kenne es nicht anders.

Die Wurzeln, die man tief in der Erde fand, schmeckten nach gar nichts und man hatte den Eindruck die ganze Zeit auf Sand herumzukauen.

Die Pilze hingegen waren so zäh, dass man sie kaum zerbeißen konnte, und fühlten sich ganz pelzig auf der Zunge an. Man fand sie nur in engen Felsspalten, in denen man halbwegs von der Hitze geschützt war. Man musste sich fast den Arm ausrenken, um an sie ranzukommen.

„Magst du die Sterne?", wollte Adara wissen und blickte in den Himmel hinauf.

Juna nickte: „Ja", und sie erzählte ihr von dem Stern, dem sie früher immer ihre Geschichten erzählt hatte.

„Ich habe ihn Anuk genannt. Er war der hellste am ganzen Himmel, so habe ich ihn immer wieder erkannt."

Adara lächelte: „Ein Sternenfreund", sie deutete mit ihrem Finger hinauf, „Siehst du diese drei Sterne dort? Das ist die Axt vom großen Kriegerkönig Sverun aus dem hohen Norden. Er war unbesiegbar mit seiner Waffe und jeder fürchtete sich vor ihm.

Und dieser Haufen da, ist die wunderschöne Prinzessin Itakayat. Seine Tochter. Sie soll schöner und strahlender als die Sonne gewesen sein."

„Ich sehe nichts", sagte Juna und versuchte irgendwelche Figuren in den leuchtenden Punkten über sich auszumachen, „In der Sprache der alten Zeit nannte man die Sterne Ketilie."

Sie schwiegen eine Weile und betrachteten den Nachthimmel.

Adara streckte sich und gähnte: „So ich leg mich jetzt schlafen. Das solltest du auch. Und nimm dir Zeit zu träumen, das ist nämlich der wahre Weg zu den Sternen."

Juna lächelte über diesen Spruch und als sie ein letztes Mal in den Himmel hinaufblickte, hätte sie schwören können, dass die Sterne ihr tatsächlich zu blinkten.

„Merkwürdig", Adara sah besorgt in den Himmel hinauf.

Es war Mittag, die Zeit, in der es am heißesten war. Aus Schutz vor Sonne und Sand hatten die beiden ihre Kapuzen aufgezogen und einen Streifen Stoff vor den Mund gebunden. Junas grüner Mantel war inzwischen ganz staubig und ganz braun vor lauter Dreck.

„Was ist los?", fragt sie.

„Der Wind", sagte Adara, „er wird stärker."

Sie drehte sich einmal um die eigene Achse. Ein Schatten legte sich über ihre hellen Augen.

„Verdammt", flüsterte sie, „Ich hätte besser aufpassen müssen."

„Ich verstehe nicht."

„Siehst du es denn nicht? Da drüben, diese Staubwolke. Es ist ein Sandsturm. Er kommt direkt auf uns zu."

Der Wind um sie herum verstärkte sich. Die einzelnen Körner begannen sich in Kreisen zu drehen.

„Und so was ist gefährlich, oder?", fragte Juna.

Das Schwert des Thanatos Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt