Das Ziel der Reise

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Das Ende einer jeden Reise,

ist der Anfang einer neuen.


Sprichwort der Ajin


Adara konnte Juna nicht verstehen. Als erstes hatte sie mit den Morganen gesprochen, dann wollte sie bei Dorothea bleiben und schließlich noch zurück zu ihrem Onkel kehren. Warum? Warum wollte sie zu ihm zurück, wenn er nie für sie da war? Warum wollte sie nicht bei ihr bleiben? Adara hatte nie zuvor richtig gute Freunde besessen.

„Kannst du mir was erzählen?“, bat Juna.

Sie lag auf ihrem Bett und hatte ein Kissen fest umklammert. Sie wirkte immer noch verstört und blass von dem Wiedersehen.

„Was denn?“, fragte Adara.

„Einfach irgendwas.“

Warum wollte sie zu ihrem Onkel, wenn sie es hier viel besser hatte? Hier konnte sie frei sein, und nicht eingesperrt in einem Haus.

„Habe ich dir schon einmal von Sandreitern erzählt?“

„Nein, was ist das?“

„Es ist eine alte Tradition, in der Nähe der Roten Zwillinge. Die Menschen dort leben auf den Bergen, um sich vor den großen Sandmassen zu schützen. Ich war selbst dort, ich habe sie gesehen. Es ist eine eigenartige Lebensweise. Um sich auf dem Sand fortzubewegen, haben sie sich Bretter gebastelt, die sie sich an die Füße binden. Dann lassen sie sich vom Wind antreiben. Sie gleiten so mit den Brettern über den Sand, die Berge hinauf und wieder hinunter. Auf diese Weise können sie in kurzer Zeit lange Strecken zurücklegen. Es ist sehr beeindruckend.“

„Hast du es denn selbst versucht?“

„Ja klar, so was lass ich mir doch nicht entgehen. Ich habe die Sandreiter lange heimlich beobachtet, bis ich mir selbst solche Bretter bauen konnte. Ich bin auf eine Düne gewandert, habe sie mir an meine Füße geschnallt und habe auf den Wind gewartet.“

„Hast du es geschafft?“

„Nein, ich habe das Gleichgewicht verloren und bin die Düne runtergefallen. Mein ganzer Mund war voller Sand.“

Adara erinnerte sich, wie sehr sie danach gehustet hatte: „Aber ich habe nicht aufgegeben, denn wenn man aufgibt, wird man nie wissen, ob man es irgendwann geschafft hätte. Das Gleichgewicht zu halten war das schwierigste von allen. Besonders wenn dir der Wind in den Rücken bläst. Du musst die Beine leicht gebeugt haben und dein Gewicht nach vorne verlagern. Ungefähr so.“

Sie nahm die richtige Pose ein.

„Wenn du es erst mal geschafft hast, ist es eines der aufregendsten Dinge, die du je in deinem Leben erleben wirst. Es ist einfach unglaublich, wenn du über den Sand hinwegjagst und du das Gefühl hast zu fliegen. Es gibt nur dich und die endlose Wüste.“

„Das klingt schön“, sagte Juna.

Die letzten Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster in das Schlafzimmer. Staub tanzte durch die Luft. Von draußen hörte man wie Dorothea ein Lied für ihre Ziege sang.

Und das arme Fischlein, das ertrinkt,

im tiefen, tiefen Meer.

Schwimmen leider kann es nicht,

im tiefen, tiefen Meer.

Mit den Flossen schlägt es fest,

doch es nützt ihm nichts.

Das Schwert des ThanatosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt