Nach vielen Jahren bin ich endlich wieder zurück.
Zurück in meinem Heimatland.
Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich den Geruch der Lindenblüten im Frühjahr vermisst habe,
wie sehr mir das goldene Morgenlicht gefehlt hat.
Die Entdeckungsreisen des großen Mandulin
Aus der kaiserlichen Bibliothek des Östlichen Reiches
Leuchtendes Morgenlicht fiel durch das Fenster in den Wagen, als Juna erwachte. Es war ihr, als hätte sie ein leises Lied geweckt. Ein leises Lied, so hell wie goldene Sonnenstrahlen und so heiter wie das Vogelgezwitscher. Ein fröhliches Lied voller Glück und Zufriedenheit.
Juna streckte sich und gähnte. Sie hatte hervorragend geschlafen.
Adara saß auf ihrem Bett. Sie sah schrecklich müde aus.
Juna richtete sich auf.
„Alles gut bei dir?“, fragte sie.
„Wir müssen hier weg.“
Juna blinzelte verwirrt: „Ist denn etwas passiert?“
„Ich hasse Dorothea. Sie ist die schlimmste Person, die ich je getroffen habe. Wir hauen morgen Nacht ab und kehren nach Avalion zurück.“
„Aber du hast doch gesagt, du willst dort nie wieder hin.“
„Ich habe meine Meinung geändert.“
Adara erhob sich und band ihre dunklen Haare wieder zu einem Zopf zusammen. Sie zog ihre Kleidung zurecht, die aus grauen und braunen Tüchern bestand. So sah sie schon besser aus, aber immer noch sehr mitgenommen. Ihr Gesicht zierten große Augenringe und sie hielt ihre Hände merkwürdig angespannt.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Juna erneut.
Adara nickte: „Wer am Morgen verknittert aufsteht, hat die besten Entfaltungsmöglichkeiten.“
Sie öffnete die Zimmertür und spazierte hinaus.
Ein schmaler Gang führte in den Wohnraum, wo immer noch die Keksschüssel auf dem Tisch stand. Dorothea war nirgends zu sehen. Die Blumenvorhänge waren fest zugezogen, sodass kein Licht hereinkam. Adara trat an die Vorhänge und öffnete sie. Sie zog scharf die Luft ein.
„Was ist?“, fragte Juna.
Da Adara ihr keine Antwort gab, trat sie ebenfalls ans Fenster und sah hinaus.
Sie befanden sich nicht länger zwischen den Birken, in der Nähe der Mauer. Nein, sie waren in einem Dorf oder einer Stadt. Große weiße Häuser, mit Balkonen aus Stein erhoben sich rund um sie herum. Sie wirkten wie wohlhabende kleine Schlösser, mit Türmchen, wunderschönen Fenstern und reichlich verzierten Fassaden.
Breite Straßen führten durch den Ort und ließen ihn sauber und geordnet erscheinen. In der Mitte der Stadt, vor Dorotheas Wagen, stand eine große weiße Statue, die einen Mann mit Umhang und erhobenen Kopf zeigte. Rechts davon hatte die Wahrsagerin ein purpurnes Zelt aufgebaut. Sie stand dort und winkte die Leute aufgeregt in ihre Richtung. Sie machte mit den Armen auf sich aufmerksam und wedelte mit einem Fächer durch die Luft. Mit ihrer dunklen Haut und ihrer farbenfrohen Kleidung, stach sie deutlich aus der Menge der einheimischen Menschen aus dem Osten hervor. Sie wirkte wie ein Fleck auf einem frisch geputzten Hemd.
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Das Schwert des Thanatos
FantasyWird überarbeitet Juna Montera, ein Mädchen, das nichts kennt außer dem Alleinsein und der ewigen Einsamkeit. Nichts außer unerfüllter Hoffnungen und verlorengegangener Träume. Ihr strenger Onkel verbietet ihr nämlich unter jeglichen Umständen das...