Im Gefängnis

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Der Garten der Kanreolburg ist wahrlich ein Paradis.

Tausende von Blumen blühen und Pflanzen wachsen dort

 und überall duftet es in den sonderbarsten Gerüchen.

Hier zwischen den schwarzen Rosen und unter blühenden Kirschbäumen zu sitzen,

ist wohl der Traum eines jeden Pflanzenliebhabers.

 

Die Entdeckungsreisen des großen Mandulin

Aus der kaiserlichen Bibliothek des Östlichen Reiches


„Ich muss schon sagen“, meinte Dorothea, „Ihr habt hier außergewöhnlich schöne Blumen. Die Farben, der Duft! Am besten sind diese orangen. Sie erinnern mich an Trompeten.“

„Deshalb nennt man sie auch Trompetenblumen“, sagte die Kaiserin, „Sie kommen aus der südlichsten Stadt des Ostens, aus Esmìlien. Dort werden sie gezüchtet und per Schiff hergebracht.“

Sie war wirklich schlau. Auf ihrem Kopf trug sie nun eine Krone, die ähnlich wunderschön, wie der Thron gestaltet war. Wie die Strahlen einer aufgehenden Sonne schmiegte sie sich um ihr tiefrotes Haar und die von Gold eingefassten Kristalle schienen wie von selbst zu leuchten.

„Außerdem sind es die Lieblingsblumen meines Vaters.“

„Waren“, verbesserte Dorothea sie, „Er ist tot. Sie waren die Lieblingsblumen deines Vaters.“

Die Augen der Kaiserin verengten sich zu Schlitzen: „Du bist vorlaut, ungezogen und hast keinen Respekt vor mir oder dem Kaiser!“

Sie standen im Garten der Karneolburg. Man hörte die Springbrunnen plätschern und die Vögel in der Dämmerung zwitschern. Der Blumenduft lag süß und schwer in der Luft und Rosen rankten sich um hohe Marmorsäulen.

„Meinen Respekt verdienen nur sehr außergewöhnliche Menschen. Du zählst nicht dazu.“

Das Fuchsgesicht der Kaiserin musterte sie scharf: „Ich werde schon noch herauskriegen, wer du bist und was du vorhast.“

„Du willst die Wahrheit? Hier ist sie! Ich bin die unglaubliche Wahrsagerin Dorothea, die Beste des Südens! Soll ich Karten für dich legen oder deine Träume deuten?“

„Nein. Du bist eine Verrückte, die sich einen rücksichtslosen Scherz erlaubt hat.“

„Mooooment. Verrückt? Ich bin doch nicht verrückt! Ich bin eine ernste Frau mit anständigem Beruf!“

Die Kaiserin trat einige Schritte zurück: „Wenn du die Chance, die ich dir gegeben habe, genutzt hättest, hätte ich dich wieder freilassen können. Doch du hast dir keine Mühe gegeben.“

Sie hielt die Hand in die Luft.

„Wachen!“

Die Soldaten kamen herbeigeeilt.

„Bringt den falschen Schatten ins Gefängnis. Dort soll sie über ihre Taten nachdenken.“

Dorothea wurde umzingelt und weggeschleppt.

Wird auch endlich mal Zeit, dachte sie, Die neue Kaiserin ist eindeutig zu geduldig.

Dorothea hatte alles getan was nötig war. Sie hatte sie genervt, sie beleidigt, schlecht über ihren Vater gesprochen und nun brachte man sie endlich ins Gefängnis. Es hatte länger gedauert als erwartet. Die zwei Mädchen warteten sicher schon eine ganze Weile auf sie. Aber Dorothea hatte doch nicht ahnen können, dass die Kaiserin so gesprächig sein würde.

Das Schwert des ThanatosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt