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Angestrengt versuchte Jimin sich in allen möglichen Blickwinkeln im Spiegel zu begutachten.

Er trug schwarze, lockere Kleidung, die an seiner schmalen Figur schon wieder zu groß wirkte und eine ebenfalls schwarze Mütze. Die Mütze wäre eigentlich irrelevant, doch versuchte er eben gerade deswegen, sich von allen Seiten im Spiegel zu sehen.

Er wollte sichergehen, dass niemand, also wirklich niemand auch nur eine graue Strähne beim Gassigehen entdecken würde. Weder Tae, noch andere Passanten sollten den Zustand seiner Seele kennen.

Niemand sollte sehen, dass es ihm wieder schlechter ging. Nicht, weil die Menschen ihm dann zu viel Mitleid geben würden. Nein, die Menschen interessierten sich einen Scheiß für ihn.

Dafür würde dann das Getuschel losgehen, warum eine so reine und gesunde Seele wie Taehyungs sich mit so einer grauen Maus wie ihm abgab. Ja, die Menschen dachten manchmal auch, dass sie Taehyung vor ihm retten müssten. Alte Damen erkundigten sich dann, ob es seiner hellblonden Begleitung gut ginge, einfach, weil jeder Angst vor zerstörten Seelen hatte, obwohl die anderen Menschen meist daran Schuld hatten, wenn Seelen zerbrachen.

Und das war letztendlich der Grund, warum er sich noch weniger als sonst raus traute.

Ihm war einfach nicht danach unter Menschen zu gehen, doch wenn Jungkook und sein fester Freund dabei waren, ging es wieder. Zwei reine Seelen und eine zerstörte wurde dann wieder von der Gesellschaft ignoriert beziehungsweise toleriert.

Ein letztes Mal fuhr Jimin prüfend unter den Rand seiner Mütze, steckte jeden Haarzipfel gut weg, als es auch schon an der Tür klingelte. Schon ohne, dass er das Holz, was ihn und seinen festen Freund trennte, entfernte, wusste er, dass nur Taehyung vor seiner Tür stehen konnte. Das leise aufgeregte Bellen und Kratzen an der Tür verriet Yeontan, der es offensichtlich nicht mehr aushielt, den 24-Jährigen endlich wiederzusehen.

Sobald Jimin sich also erbarmte, seine Tür zu öffnen, rannte das Fellknäuel in seine Wohnung, kam direkt wieder zurück und lief kläffend sowie schwanzwedelnd im Kreis um den in schwarz gekleideten Mann herum.

„Tannie." – Taehyungs tiefe Stimme, die leicht mahnend klang, ging in ein leises Lachen über, bevor er eine Hand nach seinem festen Freund ausstreckte und diesen mit Nachdruck an der Taille zu sich zog. – „Er hat sich schon die ganze Zeit gefreut, seit wir in die Richtung zu deiner Wohnung gegangen sind." – das Schmunzeln blieb auf dem Gesicht des etwas Jüngeren, wobei auch Jimin sich nun kein Grinsen mehr verkneifen konnte.

„Ach ja." – der Blick des Kleineren huschte kurz zu dem Hund, der ihn schon fast als zweiten Vater anerkannte. – „Ich hoffe doch, du hast dich auch so gefreut."

„Chim." – der Größere verstärkte seinen Händedruck um die schmale Taille seines Freundes, bevor er mit der anderen sanft dessen Kinn zu sich hochdrückte. – „Ich freue mich immer über dich, egal ob wir uns sehen oder nicht. Ich denke immer an dich, warte auf Nachrichten und würde dich am liebsten mit Küssen überhäufen. Ich würde verdammt noch mal alles für dich opfern. Du bist meine Welt, Jimin, wann bekommst du es endlich in deinen kleinen, süßen Kopf." – seine Hand von dem Kinn entfernend, schnipste er einmal an die freie Stirn seines Partners, bevor er dessen Proteste mit einem Kuss erstickte, der jedes Wort, jede Liebes-Kundtuung und jede Geste nur noch mehr unterstrich. Er raubte Jimin den Atem und das in mehr als nur einer Hinsicht.

Es dauerte Minuten, bis das leise Schmatzen des Kusses in dem Treppenhaus erstarb und Jimin keuchend mit geröteten Wangen zu seinem Freund aufsah.

Es war lange her, dass er das gehört hatte und jedes Wort war wie Balsam für seine verletzte Seele. Er konnte fast schon spüren, wie sie heilte, wenn da nicht die kleine Stimme wäre, die ihm alles madig reden wollte.

𝑩𝒍𝒂𝒄𝒌 𝑻𝒐 𝑾𝒉𝒊𝒕𝒆 /ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏ/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt