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Der Blondhaarige hatte mit sich gehadert, wieder im Krankenhaus zu erscheinen. Es jagte ihm einen gewaltigen Schrecken ein, dabei wusste er absolut nichts über diesen einen Tag. Er hatte den Schwarzhaarigen nur unterbewusst als harmlos und gebrochen eingeschätzt, doch nun war er sich diesem Urteil nicht mehr ganz sicher.

Letztendlich war es der Anruf von Jin, der ihn dazu bewegt hatte, wieder ins Krankenhaus zu gehen. Der Ältere hatte sich Sorgen gemacht, da er seit Stunden nichts von dem Jüngeren gehört hatte.

Und nun saß er da auf dem Stuhl für die Ärzte und sah stumm auf Yoongis entspanntes Gesicht. Selbst wenn der Schwarzhaarige ein Mörder sein sollte, was Jungkook trotz Geumjaes Äußerung nicht glaubte und nicht glauben wollte, musste er ihn retten. Schließlich hing auch sein Leben an ihm.

„Was ist denn passiert." – der Strohblonde seufzte genervt. – „Du siehst ihn an, als wenn er was Ekelhaftes zu Essen wäre." – einen Schluck Wasser nehmend, wartete Jin geduldig, wenn auch gespannt.

„Er ist mit einem Messer auf jemanden losgegangen."

Prustend entleerte der Ältere sein Mund sehr zum Leidwesen des Blondhaarigen, der nun vollgespuckt und noch erbärmlicher dasaß.

„Erzähl von vorne." – sich auf den die Platte im Schrank mit den Medikamenten setzend, ließ er die Beine hin und her schwingen, wartete ungeduldig auf den Tratsch, den er gleich bekam.

„Ich bin dahin gegangen. Also zu der Familie und sie leben echt nicht gut. Aber wie dem auch sei, sie waren nett." – leicht nickend erinnerte er sich an die Gastfreundschaft, auch wenn sie nichts dahatten. – „Und die Mutter wollte mir auch was über Yoongi erzählen, doch dann hatte sein Bruder einen Zusammenbruch oder Ausraster, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall meinte er, dass Yoongi zurecht weggegeben wurde, da er mit einem Messer auf ihn losgegangen sei. Und dann wurde ich von dem Vater mit dem Buch einfach vor die Tür gesetzt. Der Angriff war auch dafür zuständig, dass er letztendlich in eine Pflegefamilie in Busan kam." – schulterzuckend blickte er wieder auf Baby-Yoongi hinab.

„Hmmm." – fast schon enttäuscht, zog Seokjin die Mundwinkel runter. – „Das war alles?"

„Alles?" – entrüstet stand Jungkook auf. – „Es war ein Messer. Was ist, wenn ich einen Serienkiller rette?"

„Jetzt piss dir nicht ins Hemd." – der Ältere trank schnell den Rest des Glases leer. – „Es war nur ein Messer. Natürlich ist es nicht schön, aber er hatte ihn doch nicht verletzt. Außerdem wirst du keinen Fuß mehr in Krankenhäuser setzten, wenn du wüstest, wie viele Teenager sich gegenseitig mit Sachen verletzen. Ob nun mit Absicht oder aus Versehen." – aufstehend lief er zu dem Patienten und beugte sich über dessen Gesicht. – „Und er wird kein Killer sein. Wir wissen noch nicht, warum es passiert ist, aber er muss damals schon gelitten haben." – fast schon wehleidig strich er wieder über die Haare des Schwarzhaarigen. – „Darüber hinaus kannst du nicht anhand der Haarfarbe festmachen, ob jemand ein Mörder ist. Denn ich sag dir eins, meist sind es die Menschen mit hellen Haarfarben. Es sind Mörder, sie verspüren keine Reue und verletzten durch ihre Taten nicht die eigene Seele."

„Ich weiß." – seufzend legte er den Kopf in den Nacken. Er hatte überreagiert und sich Sachen hinzugesponnen, ohne darüber nachzudenken.

„Und jetzt gib das Buch her, ich will mehr wissen." – sich das Buch schnappend schlug der Strohblonde die erste Seite auf.

„Musst du nicht weiterarbeiten." . Jungkook versuchte nach dem Buch zu schnappen. Aus einem ihm nicht erklärbaren Grund wollte er nicht, dass Seokjin in Yoongis Vergangenheit herumschnüffelte. Er war sein Patient und somit war es seine Aufgabe. Nur er sollte ihn kennenlernen und nicht der Ältere.

„Ich melde mich krank. Namjoon wird das schon regeln."

„Wer ist Namjoon?"

„Der Oberarzt." – grinsend blickte der Ältere in das Buch, wo Yoongis Geburtsdatum stand und ein Bild als Neugeborener aufgeklebt war. – „Guck mal, wie süß." – das Buch umdrehend deutete er auf das Baby, was im Gegensatz zu anderen Babys wirklich außergewöhnlich süß und hübsch war. – „Und hier steht: ‚Heute habe ich das Licht der Welt erblickt und Mama und Papa haben sich so gefreut.' ‚Es hat die Sonne geschienen.'" – vor entzücken quietschend sprang der Strohblonde fast schon durch den Raum.

„Toll." – schlecht gelaunt verschränkte Jungkook die Arme.

„Huh? Bist du etwa eifersüchtig?"

„Worauf soll ich denn eifersüchtig sein?" – schnaubend schüttelte der Blondhaarige den Kopf.

„Das ich was über deinen wunderschönen Yoongi erfahre und nicht nur du allein ihn kennenlernst?" – mit den Augenbrauen wackelnd kam er dem Jüngeren näher. – „Bist du etwas Verknallt?"

„Quatsch!" – die Augenbrauen zusammenziehend griff er nach dem Buch. – „Und, jetzt gib es mir wieder zurück!" – mit einem Ruck zog er an dem Buch, wodurch es kurz danach in seinen Händen lag. Dafür viel ein Brief heraus, der in einem verschlossenen, bereits langsam vergilbten Briefumschlag steckte.

Auf der Vorderseite wurde in fein säuberlicher Schreibschrift der Name ‚Kagan' geschrieben. 

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𝑩𝒍𝒂𝒄𝒌 𝑻𝒐 𝑾𝒉𝒊𝒕𝒆 /ʸᵒᵒⁿᵏᵒᵒᵏ/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt