Kapitel 4

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"I still hear you call."

•••

Am nächsten Morgen schrieb ich Simon eine SMS. Er sollte mich mittags von zuhause abholen, was er auch tat, da er nichts vor hatte. Er besaß den Job des Chauffeurs nicht mehr, seit ich nach New York gegangen war, fuhr aber trotzdem mit der Limousine umher. Meine Eltern stellten sie ihm zur Verfügung, wenn sie selber gefahren werden mussten zu Abendessen mit Arbeitskollegen oder wichtigen Branche-Terminen. Also spielte Simon hin und wieder doch noch den Chauffeur, nur nicht mehr ganz so aktiv wie damals.

Ich diktierte ihm den Weg zu dem Aufenthaltsort, der den Jungs vor Jahren als zweites Zuhause diente, in der Hoffnung dort jemanden anzufinden.

"Danke für's fahren.", verabschiedete ich mich von ihm und knallte die Autotür zu.

Das Gebäude sah noch so aus wie früher. Etwas Moos und einige Sträucher waren an den Hauswänden hochgewachsen, aber seinen sonstigen grauen Touch hatte es nicht verloren. Es sah nur gealtert aus, wie sonst auch alles. Ich schluckte, bevor ich einen Fuß vor den anderen setzte um zur Haustür zu gehen.

"Stella, soll ich warten oder fahren?" Simon's Stimme ließ meinen Kopf zurück schauen.

"Du kannst fahren, danke!", rief ich ihm zu, hörte wie sein Auto davon fuhr nachdem ich mich wieder umgedreht hatte.

Vor der Haustür zögerte ich lange, bevor ich meinen Mut fand die Klingel zu betätigen. Der schrille Klang ließ mich kurz aufschrecken. Mein Puls erhöhte sich, als ich Schritte hörte. Ich fühlte mich wie zurück versetzt, als Ju mir die Tür öffnete. Sein schwarzes Haar lag ihm etwas in seinem Gesicht. Es sah perfekt gestylt aus. Er hatte ein breites Kreuz bekommen, kräftigere Arme die ich durch sein Shirt sehen konnte. Er war größer geworden, seine Gesichtszüge älter. Es war die gealterte Version von Julien.

"Stella? Seh' ich richtig?!" Erschrocken fuhr er sich durch sein perfektes Haar.

"J-ja ... Uhm, hi.", erwiderte ich zaghaft und schüchtern. Er war mir plötzlich so fremd, und doch so bekannt.

"Was führt dich hier her?", fragte er direkt und lehnte seinen Körper an den Türrahmen.

"Kann ich vielleicht rein kommen?", entgegnete ich ihm und deutete mit meinem Finger in's Innere des Hauses.

"Natürlich, tut mir leid." Er machte mir Platz, um an ihm vorbeizulaufen.

Ich fragte nicht nur, ob ich herein kommen konnte, da ich meinen Grund des Kommens nicht in Tür und Angel besprechen wollte, sondern auch da ich neugierig auf die Veränderung war. Ich wollte wissen, ob alles noch beim Alten war, und das war es absolut. Die Küche, in die ich kurz hinein spitzte, sah unverändert aus. Es kam mir so vor, als würden die dreckigen Kaffeetassen nie gespült worden, sondern immer dort stehen geblieben sein. Einzelne Glassplitter funkelten vom Boden herauf. Sie lagen verstreut in einer Ecke herum.

"Sind das die selben Splitter von dem Glas das-"

"Das Ardy zerstört hat, als er dich angeschrien hat, bevor Thaddeus angerufen hat. Ja, es sind die selben.", vervollständigte Ju meine Frage und sah zu dem glänzenden Glas hinab.

"Und ihr habt sie nie weg geräumt?"

"Nein, nie, wie du siehst." Er ging mit mir zurück in den Flur.

Der Flur lag noch immer in dem selben Stil vor, in dem ich ihn zuletzt sah. Auch hier stauten sich Staubschichten auf den Möbelstücken. Es war alles so gleich geblieben. Er ging mit mir in den Trainingsraum. Direkt fiel mir die Leere auf. Die Leere, die auf dem Regal vor meiner Nase herrschte. Ardian's gewonnenen Pokale waren fort. Sie waren nicht mehr da. Nur ihre eisernen Schatten blieben, die sie über lange Zeit gewürdigt getragen hatten.

Innocent | Erkenne dein wahres Ich 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt