Kapitel 6

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"Let me in."
"Hold me."
"Stay with me."
"Help me."

•••

Ich hämmerte mit meiner geballten Faust gegen die harte Tür des Quatiers der Jungs. Des ehemaligen Quatiers der Jungs. Meine Hand schmerze bereits und das Blut pumpte nur voller Adrenalin durch meinen Körper.

"Ju, mach diese verdammte Tür auf!", rief ich aufgebracht und prügelte weiter auf das braune Holz ein. Eine gefühlte Ewigkeit stand ich schon hier draußen und versuchte in dieses Haus zu gelangen.

Diesen Wortschatz besaß ich noch immer. Ich hatte keine Lust ihn mir auszutreiben und abzulegen.

"Mach. Diese. Tür. Auf!" Erneut schlug ich mit meiner Faust gegen das Holz, lehnte mich gegen die Tür, bis ich plötzlich mein Gleichgewicht verlor und nach vorne fiel.

Ich fand mich in starken Armen wieder. In muskulösen Armen, die mich aufgefangen hatten.

"Darf ich fragen wieso du vor meiner Tür randalierst und mich aus meinem Schlaf holst?!", fragte Julien, der mich mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah.

"Ardian.", gab ich ihm bloß als Antwort und er hievte mich zurück in Standposition.
"Danke.", fügte ich auf seine Geste hinzu.

"Ich hab' dir bereits gesagt, dass er und ich nichts mehr miteinander zutun haben, was willst du da noch von mir?" Er baute seinen Körper vor mir auf, wirkte noch größer und bedrohlicher.

Sein schwarzes Haar lag ihm in seinem Gesicht, ein leichter Bart zeichnete sich an seinem Kinn und oberhalb seiner Lippe ab. Seine Augen waren gerötet, er wirkte schlaflos.

"Du hast mir nicht alles gesagt.", erklärte ich ihm.

"Und wie ich das habe." Er nahm die Tür in seine Hände und war drauf und dran sie wieder zu schließen, doch ich stellte meinen Fuß in zwischen Tür und Angel, sah ihm daraufhin direkt in seine Augen, die mich durch den kleinen, übrig gebliebenen Spalt geschockt ansahen.

"Du lügst, Julien.", sprach ich seinen ganzen Namen erneut aus.
"Du lügst...", wiederholte ich ein weiteres Mal.

Er öffnete mir die Tür erneut, hielt die dennoch fest umschlossen. Seine Hände krallte er um die Türseite.

"Lass mich rein.", sagte ich zu ihm in einem kommandierenden Ton.
"Bitte."

"Ich bin kein Lügner." Er versuchte sich wieder in ein gutes Licht zu rücken, doch das war ihm schon längst nicht mehr möglich.

"Du bist ein miserabler Lügner.", antwortete ich ihm ernst und starrte in seine braunen Augen, die schwarz wirkten.

Er hielt den Augenkontakt nicht mehr aus, sah einige Sekunden zu Boden. Er überlegte sich wahrscheinlich was er zu tun hatte, doch handelte schneller als ich es erwartete. Er winkte mich herein, ich nickte ihm kurz zu und übertrat dann mit meinen schwarzen Stiefeln die Türschwelle. Ich putzte meine Sohlen auf einer kleinen Matte hinter der Haustür ab, ging mit ihm mit in die Küche, wo mich die Glassplitter vom Boden hinauf ansahen. Sie funkelten im leichten Sonnenlicht, das durch ein kleines Fenster hinein geworfen wurde. Ohne zu fragen setzte ich mich auf einen x-beliebigen Stuhl, sah Ju an, wie er sich mir gegenüber setzte und seine tätowierten Unterarme auf der Tischplatte stützte.

"Du hast dich tätowieren lassen." Ich musterte die Tattoos die ich sehen konnte.

Sie sahen für mich wie Erinnerungen an Filme aus. Japanische Filme, die ich auf Deutsch in meiner Kindheit gesehen hatte. Einzelne Figuren auf Ju's Arm kamen mir ziemlich bekannt vor.

"Addam auch. Hat'n schniekes Brusttattoo.", gab Ju wieder und sog meinen Blick zu seinem Gesicht.

Er sah zu der Obstschale neben uns, in der die Früchte schon anfingen zu gammeln. Ich verzog mein Gesicht, sah wieder zu ihm rüber, nachdem ich seinem Blick gefolgt war.

Innocent | Erkenne dein wahres Ich 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt