"Do it for the people who want to see you fail"
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-Ardian Bora-
Ich kann nicht in Worte fassen, was sich nach dem Gerichtsverfahren in meinem Kopf abspielte. Ich meine, ich kann es versuchen, aber die Chance, kläglich zu scheitern, übertrifft wohl die Wahrscheinlichkeit, es gut und akzeptabel in Worte zu fassen. Die Gefühle, die ich verspürte, waren Wut, Trauer, Selbsthass und ein großer Funken von Reue und Stolz und Sorge. Es war verrückt, dass ich mir mehr Gedanken um Stella machte, als darum, dass die finale Entscheidung mich ins Gefängnis gebracht hatte.
48 Monate, sagten sie. 4 Jahre, die ich sitzen musste. Es war inakzeptabel und irrelevant. Hätte ich nur die Koffersache auf dem Teller gehabt, dann wären es 15 Monate gewesen. Doch durch meine ganze Vorgeschichte wurden daraus 48.
Klingt es komisch, wenn ich von mir selber sage, dass ich enttäuscht war? Ich war enttäuscht von mir selber und enttäuscht von meiner Naivität. Ich bekam, was ich verdiente und mir wurden Papiere vorgelegt, die ich unterschreiben musste. Taddl und den weiteren zweien ging es genauso, jedoch bekamen sie 55 Monate. Ich erinnere mich noch, wie ich mit zittrigen Händen die Papiere hin und her blätterte. Der Name des städtischen Gefängnis stand drauf, was ich an Wertgegenstände mitnehmen durfte und wohin Geld überwiesen werden konnte.Mein Vater saß neben mir im Saal. Er sah schockiert und vollkommen fertig aus. Unter seinen Augen zeichneten sich Schatten ab, sein Mund sah trocken aus. Seine Lippen sprüde und als ich ihn fragte, ob er Stella oder ihrer Familie irgendwas gesagt hatte, da antwortete er mir mit einem "Nein".
"Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast.", sagte er mir und schüttelte bestürzt seinen Kopf. Ein Anwalt saß ebenfalls neben uns, schwarz gekleidet und mit strengem Blick.
Ich war noch traumatisiert von der Grausamkeit der Nacht zuvor, in der ich auf einer durchgelegen Matratze schlief und nur an das blonde Mädchen dachte, in das ich mich verliebt hatte. Taddl, in der benachbarten Zelle, pfeilte wahrscheinlich an seinen neuen Mordplänen, die er an mir ausführen wollte. Ich ließ ihn, antwortete ihm kein einziges Mal. Nicht, als er mich zu tiefst beleidigte. Nicht, als er Stella in den Dreck zog und auch nicht, als er sich anfing lächerlich zu machen und ich hören konnte, wie er selber immer wieder gegen die Wände seiner Zelle hämmerte. Er machte mir keine Angst, keinen Kummer und ich sorgte mich kein Stück um ihn.
"Sie werden jetzt von einem zuständigen Polizisten nach Hause gefahren, damit Sie ihre Sachen holen können. Wertgegenstände, mehr nicht, Herr Bora und Herr Tjarks. Das selbe gilt für Sie beiden.", der Richter zeigte auf Vik und Marley.
"Wir geben Ihnen eine weitere Kopie der Bescheinigung vor Ihnen mit. Diese können Sie sich abheften. Das Originalstück nehmen Sie mit zum Gefängnis, reichen es ein und geben dort mit Ihrem Namen ihre Wertgegenstände in einem Umschlag ab. Alles weitere wird Ihnen dort zugeteilt, wie Kleidung, etc."Ich fühlte mich so grausam, so unendlich grausam. Ich besaß keine Zeit, um mich von Stella zu verabschieden. Um ihr überhaupt Bescheid zu sagen. Um ihr alles zu erklären. Die Zeit wurde mein Feind. Auch, als ich weit entfernt neben Taddl im Auto des Polizisten saß, der den Namen Mr. Flitch trug, und mir aussah wie ein zukünftiger Kinderschänder. Er war mir nicht ganz geheuer, genau wie Taddl's Augen die sich in meinen seitlich geneigten Kopf bohrten. Er hätte mich am liebsten bei lebendigem Leibe vergraben.
Ich fühlte mich ebenfalls wie eine Schande der Menschheit. Ein gescheitertes Experiment oder sowas in der Art. Wie das Schlechte in Person. Stella hatte immer jemand besseren verdient, doch sie wollte niemand anderen als mich. Sie wollte nur einen Verehrer, den bekam sie, und der war den Tränen wieder nahe, als er vor seiner Haustür stand und ihm klar war, dass dies bald nicht mehr sein Zuhause sein würde, da man die vielen Schulden mit einer Pfändung wieder gut machen musste. Und die Miete nicht mehr bezahlt werden würde, und dies eine Kündigung bedeutete. Und dass die Polizei diese Wohnung persönlich räumen würde. Und alles, was in diesen Wänden passierte, auf ewig in diesen Wänden bleiben und schweigen würde. Ich schmeckte das Salz einziger Tränen, die sich auf meiner Lippe festsetzten und meine Zunge erbittern ließ. Ich hörte, wie Taddl sowas sagte wie:
"Hör' auf zu flennen.", ich ihn aber ignorierte und mir meinen Teil dachte. Es war okay zu weinen, das wusste ich und daran hielt ich mich fest. Alles war okay. Ich muss nicht beschreiben, wie lächerlich Tjarks in seinen Handschellen aussah und ich mich frei fühlte, da meine Handgelenke nicht von Eisen gebändigt werden mussten. Er neigte zu Ausrastern, ich blieb die Ruhe selbst - äußerlich. Innerlich brodelte ich wie ein aufgehender Vulkan.
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Innocent | Erkenne dein wahres Ich 2
FanfictionDer zweite Teil der "Erkenne dein wahres Ich"-Reihe. ---- Tausende Kilometer trennen Ardian und Stella. Ihre Karriere wächst und wächst, scheint kein Ende zu nehmen. Ardian lebt in seiner, Stella in ihrer Welt. Einst besaßen sie eine eigene, kreiste...