Kapitel 45. Schlaflos II

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,,Kannst du nicht schlafen?", hatte er gefragt und den Blick nicht von ihr genommen. Er erinnerte sie just in diesem Moment an Midori, die genauso unbeharrlich gestarrt hatte. Auch diesmal seufzte sie, doch schüttelte mit dem Kopf und schloss die Augen. Diese Entfernung zu ihm hing ihr schwer in der Brust, machte das Atmen anstrengend. Sie wollte -musste- es beseitigen - jetzt. ,,Wir müssen reden, Kakashi."

Ein kleiner, leiser verdutzter Laut entrann seiner Kehle. Wollte sie wirklich reden? Jetzt? Sein Blick huschte zu Naruto, welcher immer noch friedlich schnarchte und sich ruhig auf seinem Schlafplatz hin und her schwang. Er würde sie nicht belauschen. Dieser Stein eines schlafenden Shinobis würde nicht einmal mitbekommen, dass sie sprachen.

Kakashi nickte ihr zu und spannte seine Aufmerksamkeit auf ihr Sein. Er wollte es nicht zu geben: Er fürchtete sich vor diesem Gespräch. Diese Kluft zwischen ihnen hatte ihm bereits beim Einschlafen wie ein Elefant auf der Lunge gesessen, auf seine Gedanken gedröhnt, seine Sinne benebelt.

Sie setzte sich vor ihn und er konnte ihren Unbehagen deutlich fühlen. Auch ihr machte diese Situation zu schaffen, doch sie mussten es beseitigen. Es durfte nicht länger zwischen ihnen stehen. Sie wollten es doch beide - so sehr.

,,Ich bin und bleibe ein Konoha-Nin. Das waren deine Worte", begann sie und zwang sich, den Blickkontakt aufrecht zu halten. Sie durfte nicht zurückschrecken. Sie durfte keine Angst zeigen, keinen Unbehagen, auch wenn sie es klar und deutlich spürte. Es rumorte in ihrem Magen, trieb ihr die Galle in den Rachen, doch sie unterdrückte den Drang, sich diesem Gespräch zu entziehen.

Sie sah, wie er eine Augenbraue hob, sie musterte. Mit diesem Einstieg hatte er nicht gerechnet, murrte ihr Verstand. Er wollte über ihr Verhältnis reden, schrie ihr Herz. Yuno stellte sich gegen ihren inneren Konflikt, sperrte diesen in sein Kämmerchen ein. ,,Ich weiß, dass es eine Mission war. Tsunade zeigte mir den Auftrag für die Spionage, nachdem du aus dem Verhör geflüchtet bist. Du hast die gesamte Zeit für das Dorf gehandelt. Natürlich bist du noch eine Konoichi des Dorfes. Du gehörst zu uns", hallten seine ernsten Worte zu ihr, doch sie schüttelte mit dem Kopf.

Augenblicklich traf die Verwirrung ein, sorgte für Bedenken. ,,Du willst doch nicht zurück zu Akatsuki?" Seine Miene gefror. Er schottete direkt sein Herz ab, um keinen der kommenden Splitter zu sich durchdringen zu lassen. Würde sie ihn verletzen? Zu seiner Erleichterung schüttelte sie auch diesmal mit dem Kopf, nur energischer. ,,Auf keinen Fall", verstärkte sie die Abneigung gegenüber der Organisation, doch noch immer galt keine Entschärfung der Situation.

,,Ich will es selbst nicht verstehen, aber ich muss es akzeptieren", setzte sie an, wurde jedoch unterbrochen. Er hatte verstanden, was das Thema war, was sie bedrückte. ,,Es geht um die Bijuu." Er schloss die Augen, seufzte hörbar und atmete anschließend tief durch. Um was sollte es sonst gehen. Ihr gesamtes Leben drehte sich um die großen Geister. ,,Ich möchte, dass du es weißt und auch akzeptierst oder zumindest nachvollziehen kannst."

Yuno blickte ihm in sein nachtschwarzes Auge, versuchte zu lesen, was er dachte, doch er verschanzte sich hinter seiner eisernen Mauer.

,,Ich werde kein Konoha-Nin sein."

Er ließ sich nichts anmerken. Keinen Schmerz, keine einzige seiner inneren Tränen. Er blutete, unterdrückte sich jedoch jegliche Regung. Seine Gedanken rasten, schlugen Purzelbäume. Sie drehten sich und ließen sein Sichtfeld verschwimmen. ,,Kakashi?", hörte er seinen Namen weit entfernt erklingen, doch er konnte es der Wächterin zuordnen. ,,Kakashi?", hörte er es erneut, doch diesmal panischer und er fühlte etwas an seinem Knie.

Er sah an sich hinab, sah ihre Hand auf sich liegen. Er schüttelte den Kopf, sortierte augenblicklich seine Gedanken und schloss die Augen. Seine Mauer fiel in sich zusammen und sie sollte es auf keinen Fall sehen können. ,,Kakashi.." Wieder erklang sein Name, diesmal mitfühlend. Wieder legte sich eine Hand auf seinen Körper, doch nun an seine Wange. Ihr Daumen streichelte diese, fuhr sanft kleine Kreise und wischte die Spur einer einzelnen Träne davon. Nur eine einzige hatte sich gelöst, doch diese eine Träne verriet alles.

,,Lass mich bitte aussprechen." Sie drehte seinen Kopf zu sich, nahm sein Gesicht nun in beide Hände. Er wollte nicht, aber er öffnete dennoch sein rechtes Auge. ,,Ich kann nicht für Konoha kämpfen. Ich darf nicht. Ich bin die Wächterin der Bijuu und muss allen Jinchuuriki Schutz bieten, aber das geht nicht, wenn ich an ein Dorf gebunden bin. Akatsuki hat mir die Augen geöffnet."

,,Und was ist mit mir?", unterbrach er sie und ließ sie innehalten. ,,Ich bin auch ein Jinchuuriki und ich halte es nicht mehr aus, andauernd von dir getrennt zu sein." Es überraschte sie, dass er so viele Emotionen zeigte, so viel Gefühl. Er glich einem kleinen Kind, was nicht bekam, was es wollte, doch diese Seite zeigte er nur ihr - dies wusste sie und schätzte es umso mehr. Es war ihm wichtig, sehr wichtig, wichtiger als sie es je erahnen konnte. ,,Elf Jahre, ohne zu wissen, wo du warst und was mit dir geschehen war. Dann noch einmal drei Jahre ohne Antworten von irgendwem."

Fest nahm er ihre Hände, drückte diese an sich, als würde er diese nie wieder loslassen wollen. ,,Bin ich dir nicht mehr wichtig? Ist er dir nicht mehr wichtig?" Sein Kopf nickte in die Richtung des Jungen, welcher noch immer friedlich schlummerte. Seine Worte schienen ihre Wirkung zu erzielen. Betroffen senkte die Namikaze den Kopf, schaffte es nicht mehr, ihn anzusehen. ,,Ich glaube nicht, dass wir dir egal sind. Naruto liebt dich. Er ist dein Bruder. Er ist deine Familie", sprach er eindringlich auf sie ein.

,,Ich liebe dich. Ich habe viele Fehler gemacht, hätte mich so oft entschuldigen müssen, dich um Verzeihung anflehen müssen. Ich bereu, dass ich dir kein Vertrauen geschenkt habe. Ich bereu, dass ich vor deinen Augen nicht weitergekämpft habe. Ich bereu, dass ich vor dir gestorben bin. Trotzdem liebe ich dich und ich kann dich nicht ein erneutes Mal verlieren."

Yuno schluckte. Vollkommene Wahrheit schwang in seiner Stimme, erreichte all ihre Sinne sowie ihr Herz. ,,Du bist meine Familie", hing er an, sah ihr fest aber trotzdem liebevoll in die Augen. ,,Und ich verstehe dich, dass du neutral sein willst - für die Bijuu, die Jinchuuriki und ihr Vollbefinden. Ich kann es auch nachvollziehen, aber du vergisst dich."

Er hatte es doch gesehen. Ihre Freiheit, als sie neben ihm und ihren Eltern an dem Lagerfeuer gesessen hatte. Ihre Drucklosigkeit, ihre Unverworrenheit, ihre Ungebundenheit zu allem. Ein Moment, in dem nichts auf ihren Schultern lastete.

Vorsichtig schlang er seine Arme um ihren Körper, zog sie zu sich auf seinen Schoß und hielt sie. Wärme und ein leichtes Zittern fluteten ihn, doch er drückte sie nur ein wenig stärker, um ihr Halt zu geben. ,,Wir finden eine Lösung. Nicht heute, nicht morgen, aber wir finden eine." Nah lehnte sie sich an seine Brust, horchte seinem Herzschlag und nickte. Sie verstand nun und sie musste ihm Recht geben. Es stimmte, was der Hatake sagte. Sie hatte sich bei allem vergessen.

,,Danke", murmelte sie leise, doch schlafen würde sie nicht können. ,,Natürlich bist du mir wichtig. Ich habe nicht einmal daran gedacht", sie murrte unzufrieden, doch dieser Unmut galt ihr selbst. Sie war eine Idiotin, die dachte, es allein machen zu müssen. ,,Tut mir leid." Sanft drückte sie ihren Kopf in seine Halsbeuge, atmete seinen nach Staub richenden Duft ein, doch es beruhigte sie. Er war da. Er war bei ihr. Er würde bei ihr bleiben - die gesamte Nacht.

,,Ich liebe dich, Hatake."

1245 Wörter

Ich habe ganz vergessen Bescheid zu sagen, dass es bei diesem Kapitel zu Verzögerungen bezüglich des Uploads kommt ^^' Hatte einen vollbepackten Lehrgang am Wochenende und Handynutzung war da definitiv nicht möglich ^^'
Tut mir leid, nichts geschrieben zu haben

Die Wächterin der Bijuu - Dark and Light (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt