Kapitel 47. Realität

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Mit bebendem Herzen stürmte Yuno durch die Straßen Konohas, bis sie die erlösende Wohnungstür hinter sich zuschlug und die letzten Sonnenstrahlen des Tages aussperrte. Doch auch als sie Kakashi erblickte, fanden ihre Gedanken keine Ruhe. Sie herrschte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, an ihm vorbei und verschanzte sich mit einem lauten Knallen im Badezimmer. Sie flüchtete - vor Sakura, vor der Wahrheit, vor der Akzeptanz.

Kakashi hatte die Panik gesehen, die unermessliche Panik in ihren Augen, doch kurz bevor er sie erreichen konnte, hatte sie ihm das Brett vor der Nase zugeschlagen. Er war gewillt, anzuklopfen und zu fragen, was geschehen sei, da hielt Matatabi ihn zurück. ^Manchmal bist du wirklich hirnverschrumpelt^, meinte sie kopfschüttelnd und dirigierte ihn zurück ins Wohnzimmer.

,,Was ist denn passiert?", murmelte er und nahm den Blick nicht von der Tür, die beide trennte. ^Das wird sie dir sagen, wenn sie es selbst begriffen hat.^ Schulterzuckend zog sich die große blaue Katze zurück, warnte ihn jedoch noch einmal, dass er bloß nicht auf die Idee kommen solle, sie nun zu stören. Er hörte auf Matatabi, setzte sich aber in Bewegung. Gegenüber der Tür lehnte er sich an die Wand und starrte auf das Holz. Er würde warten und sie empfangen, wenn sie so weit war.

Yuno tigerte derweil im Badezimmer auf und ab. Auf und ab. Auf und ab. Haare raufend blickte sie immer wieder in den Spiegel, sah ihre eigene Angst, wandte wieder den Blick ab und flüchtete weiter.

Sie ertrug es nicht. Sie sollte -musste- mit ihm sprechen. Sie konnte nicht.

Auf und ab. Auf und ab. Letztendlich stützte sie sich auf dem Waschbecken ab, sah in den darüberhängenden Spiegel - sah der Furcht ins Gesicht. ,,Aber - es ist unmöglich", wiederholte sie den einzigen Gedanken, der sich nicht drehte, der greifbar in ihrer Nähe blieb. ,,Es ist nicht möglich", hauchte sie sich selbst ins Angesicht, doch mit jeder Wiederholung sank die Glaubwürdigkeit dieser Worte.

,,Sagt mir, dass das nicht wahr ist." Hoffnungsvoll klammerte sie sich an den letzten Ast ihrer Vernunft, doch die Stille gab ihr alle Antworten. Die Bijuu würden nicht verneinen. Sakura hatte die Wahrheit gesprochen.

Yuno fühlte ihre weichen Knie, wie sie unter ihrem Gewicht nachgaben und wegknickten. Kraftlos sank sie zu Boden, atmete langsam und tief, füllte ihre Lungen, um nicht den Verstand zu verlieren. ^Es könnte an Pains Jutsu liegen^, warf Matatabi den Gedanken hinzu, welcher sie aufhorchen ließ. Sie spürte das Chakra der großen Katze zirkulieren, wie es sie beruhigte. ^Er konnte dich wiederbeleben. Wieso hätte er nicht auch diesen Fehler beheben sollen?^

Grübelnd dachte sie darüber nach: Wieso hätte Pain so etwas tun sollen? ^Sicher ist, dass er wusste, wie sehr du unter Orochimaro leidest^, mischte sich nun auch Gyuki ein, wobei Kurama ebenfalls etwas zu sagen hatte: ^Er hat zum Ende viel Courage gezeigt. Vielleicht wollte er dich von deinem Geist der Vergangenheit befreien.^ ^Ich gebe Kurama nur ungern recht, hihihi, aber er könnte seine Schuld beglichen haben.^

Verwirrt, dass diese Schlussfolgerung ausgerechnet von Shukaku kam, hob sie die Augenbrauen an, doch sie verstand. Die Bijuu konnten mit ihren Vermutungen tatsächlich Recht haben. ,,Also ist es doch wahr", gestand sie sich ein und kämpfte sich mit viel Kraft zurück auf die Beine. Ihr Blick glitt aus dem Fenster, aus welchem sie lediglich die letzten Farbtupfer erkannte, die jedoch den Sternen wichen. ^Er entwickelt sich prächtig, der Klein-...^ Saiken schaffte es nicht ihren Satz zu Ende zu sprechen, da kappte Yuno die Verbindung.

Sie wollte es nicht wissen, doch nun war es in ihren Gedanken. Der Kleine. Der sehr Kleine.

Mit neuem Mut atmete sie ein letztes Mal tief durch, als sie die Badtür öffnete und verdutzt ihren gegenüber musterte. Kakashi saß an die Wand gelehnt auf dem Boden. Sein zwischen die Schultern gefallener Kopf sowie seine schiefe Haltung verrieten, dass er schlief. Wie lange hatte sie sich abreagieren müssen? Wie lange hatte er gewartet?

Die Wächterin der Bijuu - Dark and Light (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt