Kapitel 42. Vergebung

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,,Ich wollte dir damals so vieles sagen und mit auf den Weg deines Lebens geben, aber ich habe es nie geschafft." Wie ein Vater es nur konnte, legte er seine Hand auf Kakashis Schulter, drückte diese leicht. ,,Das Leben ist hart, aber wir konnten dennoch wunderschöne Geschichten erleben, oder etwa nicht?" Der jüngere brauchte nicht einmal zu überlegen. Er nickte. Er dachte an die schönen Momente in seinem Leben:

Minato-Sensei und Kushina, wie die beiden ihn in ihre Familie aufnahmen. Obito und Rin, mit denen das Training ihm trotz allem immer Ablenkung bereitet hatte. Naruto, der ihn wie einen Bruder ansah. Sasuke und Sakura, die sein Team vervollständigen. Seine Freunde, die ihn nicht zurück in das tiefe Loch hatten fallen lassen. Yuno, die ihn liebte, obwohl er so viele Fehler begangen hatte. Ob sie ihn überhaupt noch liebte?

,,Konnte ich es mir doch denken", schmunzelte der ältere Hatake und bekam das erste Mal einen Blick von seinem Sohn geschenkt. Auch er lächelte, aber schwach. ,,Sprich es aus, Kakashi. Wir haben die Zeit, um über alles zu sprechen." Sakumo sah es seinem Junge an, dass diesem etwas Großes belastete. Er kannte immerhin das Gefühl, als er in dieses Gebiet gekommen war - da hatte es ihn genauso geplagt. Der Kopierninja nickte wieder nur und überlegte. Wo sollte er anfangen?

,,Fang am Anfang an. Das macht es dir einfacher", gab sein Vater ihm den entscheidenden Tipp und so langsam puzzelte sich alles in seinem Kopf zusammen. Nun aber schwieg Sakumo, ließ seinen Sohn einen Anfang finden. ,,Es... gibt da eine Frau in meinem Leben", begann er zögernd und blickte von seinem Vater fort. Es war ihm unangenehm. Er kannte diese Art von Gespräch nicht, schon gar nicht mit seinem Vater. ,,Nur diese eine Frau, seitdem wir Kinder waren." Er schluckte und spürte wie seine Wangen eine zarte Wärme annahmen.

Ein Bild tauchte in seinen Gedanken auf: Yuno und er. Ach, wie liebte er diese Momente. ,,Ich hätte mich so viele Male entschuldigen und sie um Vergebung anflehen müssen. Ich habe sie beschuldigt, obwohl sie keinerlei Schuld trägt. Ich habe alles, was wir uns irgendwie möglich gemacht haben, durch den Dreck geschleift und zerstört." Wieder schluckte er und erneut stand er den Tränen nahe. ,,Ich habe unsere Beziehung beendet, weil ich ihr nicht vertraut habe. Sie hat die ganze Zeit versucht einen Mittelweg zu finden und was habe ich getan?" hilfesuchend blickte er zu seinem Vater.

Er konnte seine Taten selbst nicht nachvollziehen. Wie sollte Sakumo es dann können? ,,Ich habe ihr keinen Funken Vertrauen geschenkt und sie verletzt, obwohl ich sie liebe. Ich hätte es gar nicht erst soweit kommen lassen sollen.. Dabei habe ich ihrer Mutter versprochen, auf sie aufzupassen und mich um sie zu kümmern. Sie wurde mir anvertraut und ich habe..." Er schaffte es nicht, seinen Satz zu beenden, stattdessen sackten sein Schultern in die Tiefe. Er hatte versagt.

Die schwellende, dunkle Aura hinter sich bemerkte er erst zu spät, doch selbst nach all den Jahren erkannte er sie sofort wieder. Schützend zog er seinen Kopf zwischen seine Schultern, doch es half nichts. Die geballte Faust donnerte ungebremst auf seinen Schädel ein. Er beschwerte sich nicht. Im Gegenteil, er hatte es verdient.

Kein Laut verließ seine Kehle, selbst als sie ein zweites Mal zuschlug. ,,Ich hätte die Bratpfanne mitbringen müssen, kapiert", hörte er sie fluchen, was ihm einen Schauer über den Rücken scheuchte. Nicht die Bratpfanne!

Zögernd drehte er sich zu ihr um. Kushina stand mit erhobenen Finger hinter ihm und ihre Augen flackerten vor Wut. Seine zukünftige Zeit im Jenseits missfiel ihm mit jedem ihrer Worte mehr. ,,Du bist so ein Trottel, Versager, ein Nichtsnutz...", meckerte sie weiter und fand kein Ende. Ihr Zeigefinger tippte vielsagend auf seine Brust.

,,Du verletzt meine Tochter, bringst sie zum Weinen und zu allem Überfluss stirbst du vor ihren Augen! Wie kannst du meinem Spatz diese Qualen antun?" Ihre feuerroten Haare standen ihr bereits ab. Er hatte wirklich versagt. ,,Dann schaffst du es nicht einmal, ihr all das ins Gesicht zu sagen!" Kakashi senkte den Kopf, doch kaum dass er das tat, schnellte er wieder empor und sah an Kushina vorbei.

Er ignorierte die Uzumaki, stand wie von der Tarantel gestochen auf und schob sie zur Seite. Als wäre es alltäglich, doch ihm war es egal.

Er hatte sie gesehen - mit verweinten Augen. Die Hände vor ihr Gesicht geschlagen, stand sie einige Schritte hinter Kushina, hatte jedes der vielen Worte gehört. Schuldbewusst blieb er vor Yuno stehen, hob vorsichtig seine Hände, um ihre bebenden zu umfassen. Er wollte sie nicht hier sehen. Er hatte es nicht verhindern können. Sie war ebenfalls tot.

Eben konnte er noch über alles Geschehene sprechen, doch nun schien er seine Stimme verloren zu haben. Er stammelte. Er stammelte mehr, versuchte einen Anfang zu finden, doch nichts - kein einziges Wort verließ seinen Mund. Sein Kopf war wie leergefegt, sein Gedankenkarussell stand still. ,,Du bist so ein Dummerchen, Hatake", wimmerte Yuno, nahm ihm den Beginn ihrer Unterhaltung ab, doch ihr Schmerz spiegelte sich in ihren Augen. Er sah die spitzen Scherben und ihre gebrochene Seele.

Er war schuld, dass sie so litt. Er allein. Er würde diese Seele nicht mehr heilen können. Es war zu spät. Er hatte versagt. Er hatte sie verloren, so oft und für immer. Seine Atmung schnappte und ein erdbebenähnlichen Zittern jagte durch seinen Körper, ließ ihn erschaudern.

Eine liebevolle Berührung an seiner Wange ließ ihn aufsehen und all die Lasten vergessen. Sie wischte behutsam die glänzende Träne fort und verlor selbst umso mehr der salzigen Flüssigkeit. ,,Ich weiß, Namikaze", flüsterte er, lehnte kraftlos seine Stirn an ihre und umfasste ihr tränenverzerrtes Gesicht mit beiden Händen. Streichelnd wischte er mit seinen Daumen die Spuren weg, trocknete sie.

Erst haderte er, doch schließlich küsste er ihre Augenwinkel, um die Tränen endlich verebben zu lassen. Zu seinem Erstaunen funktionierte seine Taktik sogar und sie ließ ihn an sich heran. ,,Ich bin ein sehr großes Dummerchen", gestand er sich ein und drückte ihr einen weiteren Kuss auf die Wange. ,,Ich habe so viele Fehler begangen", folgte der nächste Kuss auf die andere Seite. ,,Und diese sind in Ordnung", vervollständigte sie ihn, strich seine grauen Strähnen aus seinen Augen und küsste ihn auf die Stirn.

Perplex blinzente er und fasste sich an die Stelle, an welcher ihre Lippen ihn berührt hatten. Er hatte nicht geglaubt, dies noch einmal spüren zu dürfen. ,,Warum?", hauchte er daher nur sanft und lehnte seine Stirn zurück an ihre. Er vergas, dass sie von ihren Eltern beobachtet wurden, denn in diesem Moment gab es nur sie und ihn. Endlich wieder - nach all der Zeit. Yuno lächelte nur und es reichte ihm als Antwort.

Er verstand, sodass er ihre Hände ergriff und sie in Richtung Feuer zog. ,,Komm", begann er und strahlte regelrecht bis über beide Ohren, ,,Ich möchte dir jemanden vorstellen". Die Braunhaarige gluckste verwirrt, doch sie ließ sich ziehen, von ihm führen.

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Bisschen Schnulze^^ Ich hoffe es ist nicht zu viel geworden^^

Die Wächterin der Bijuu - Dark and Light (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt