Kapitel 14

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Es regnete an diesem Sonntagabend. Nein, es stürmte. Es schüttete, wie aus Eimern, während Simona beobachtete wie die Regentropfen gegen ihre Fensterscheibe prasselten und dann hinunterliefen, bis sie am Fensterrahmen ankamen, wo sie dann verschwanden. Eigentlich sollte sie sich in die Papiere der Firma einarbeiten, doch sie wollte das nichts. Sie nahm ihren ganzen Mitzusammen, atmete tief durch und schob die Blätter mit einem Ruck allesamt von ihrem Tisch herunter, wo sie dann hinunterfielen und in ihrem Mülleimer landeten. Sie steckte ihren Zauberstab in ihren Strumpf und lief dann die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo ihre Eltern vor dem brennenden Kamin saßen, der das Haus angenehm wärmte, während es draußen stürmte. Einige der Äste schlugen gegen die Fenster, als würden sie anklopfen.

„Mutter? Vater?", fragte sie vorsichtig, als sie vor die beiden trat. Ihre Mutter sah von ihrem Buch und ihr Vater von der Zeitung auf, die sie gerade lasen. Ihr Blick war nicht gerade liebevoll, was ihr den Mut etwas nahm.

„Was ist Simona? Bist du endlich zur Vernunft gekommen?", fragte ihr Vater und spielte dabei auf ihren Streit von vor ein paar Tagen an.

„Also ich habe viel über meinen Zukunft nachgedacht. Ich weiß was ich machen will. Ich will mit Drachen arbeiten.", sagte sie. Man konnte sehen, wie schwer ihr das fiel das auszusprechen.

„Fängst du schon wieder mit diesem Unsinn an? Wir haben das besprochen. Simona, du wirst nächste Woche fünfzehn und das bedeutet du wirst ein Teil der Firma.", meinte er trocken und wollte sich schon wieder seiner Zeitung zu wenden, als Simi wieder das Wort ergriff.

„Nein!"

„Nein?", erhob er sich nun etwas bedrohlich und sie wich ein Stück zurück.

„Ich werde kein Teil der Firma. Ich will das nicht. Ich will mit Drachen arbeiten und sie studieren. Das ist mein Traum. Mein ganzes Leben habe ich gemacht, was ihr wolltet. Meetings, Empfänge, mitkommen zu Geschäftsessen. Doch jetzt werde ich meinen eigenen Weg gehen."

„Das wirst du nicht tun, Simona Stan.", brüllte ihr Vater plötzlich entgegen und zeigte bedrohlich mit dem Finger auf sie.

„Und wie ich das tun werde. Vergiss es. Ich habe mich für das Drachencamp angemeldet." Ihr Vater wurde still. Kurzerhand lief er die Treppe hinauf. Als er zurückkam, warf er Simi eine gepackte Tasche vor die Füße.

„Dann verschwinde von hier."

„Aber Vater ich will doch nur meinen Traum leben."

„Das ist was für dumme und schwache. Die klugen wissen, worauf es ankommt. Nämlich Geld und die richtige Position."

„Aber Geld ist doch gar nicht so wichtig. Ihr hattet bestimmt auch Träume."

„Wir haben uns gefügt und das wirst du auch tun!", nun brüllte er wieder.

„Nein. Ich dachte ihr liebt und unterstützt mich", sagte sie, als sich Tränen in ihren Augen sammelten, doch sie wagte es nicht zu weinen. Jetzt durfte sie nicht schwach sein.

„Niemand kann dich so lieben, wie du bist. Du bist eine Enttäuschung", meinte er wütend und würdigte sie dabei keines Blickes. „Für mich, für deine Mutter und für die ganze Familie."

„Wie kannst du sowas sagen. Zu deiner eigenen Tochter, nur weil ich kein Anzugträger werden will. DU hast doch genug Nachfolger."

„Du bist nicht mehr meine Tochter.", mit diesen Worten öffnete er die Tür und warf die Tasche hinaus in den Regen, der immer noch draußen stürmte.

Simi schlug sich die Hand vor den Mund und ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ihr Vater, der sogar zuhause einen Anzug trug, packte sie etwas unsanft am Arm und stieß sie ebenfalls nach draußen. Wenige Sekunden später war sie bereits klitschnass und sah fassungslos zu ihren Eltern. Wie konnten sie das nur tun? Wie konnte das nur so ausarten?

„Verschwinde! Hau ab!", rief ihr Vater ihr aus dem trockenen zu „Wag es ja nicht hier aufzutauchen, wenn du mit deinem Traum scheiterst. Denke immer an diesen Moment, wenn du alleine bist und dich niemand liebt. Vergiss nicht, dass es deine Schuld war und dass du für jeden der dich trifft eine Enttäuschung bist."

Nun liefen ihr die Tränen wie in Wasserfällen an den Wangen herunter. Doch sie waren nicht mehr vom Regen zu unterscheiden der ihr ins Gesicht peitschte., während sie entsetzt zu ihren Eltern raufschaute.

„Mum? Dad?", meinte sie mit zitternder Stimme. Ihr Blick wanderte zu ihrer Mutter, die allerdings nur nahezu emotionslos vor sich hinstarrte.

„Wir haben keine Tochter mehr.", schrie ihr Vater ihr noch als letztes entgegen, bevor er mit einem lauten Knall die Tür zuschlug. Weinend ließ sich Simi auf die Knie fallen und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Nun war sie ganz alleine. Der Sturm wütete um sie herum und brachte die Baumkronen dazu sich zu beugen. Der Wind pfiff laut durch die Blätter. Simi, die so nass war, als hätte sie einfach in Klamotten geduscht, stand auf, nahm ihre Tasche und verschwand in der Dunkelheit.

„Hey, du", riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken und Simi sah auf. George gesellte sich zu ihr und sie musste augenblicklich lächeln, als er sich neben sie setzte.

„Hey, Georgie.", sagte sie und lächelte ihm entgegen.

„Gefällt dir der Platz?", fragte er.

„Ja, wirklich schön. Ich liebe Sonnenuntergänge. Was machst du hier?"

„Ich dachte ich könnte dir Gesellschaft leisten. Aber wenn du allein sein willst, dann kann ich auch gehen", wollte er schon aufstehen, doch sie griff nach seine Hand und zog ihn wieder runter.

„Nein. Bleib hier.", sagte sie leicht lächelnd. Er erwiderte es und lächelte zurück, als er sich zu ihr setzte.

„Wäre es okay, wenn wir einfach hier sitzen?", fragte sie und sah ihn an.

„Klar. Alles was du willst", er grinste schief und sah mit ihr zusammen in den Sonnenuntergang. Einige Zeit saßen sie einfach nebeneinander, als Simi bemerkte, dass er immer noch ihre Hand hielt. Er hatte nicht losgelassen, seit er sich hingesetzt hatte. Unwillkürlich musste sie lächeln, doch musste sofort an die Worte seines Vaters denken. Ein Stich wanderte durch ihr Herz. Sie wusste nicht, warum sie das gerade ihn fragen sollte. Sie könnte aufstehen nach Charlie suchen und mit ihm reden. Er wusste schließlich alles. Doch irgendwie war sie froh, dass George gerade neben ihr saß und ihre Hand hielt.

„Georgie? Findest du ich bin eine Enttäuschung?", fragte sie plötzlich. Er riss die Augen auf und sah sie an. Schon bereute sie die Frage, wahrscheinlich würde er jetzt lachen. Doch das tat er nicht.

„Ähm...was? Wer sagt denn sowas?", erwiderte er, doch sie antwortete nicht. „Natürlich nicht. Du bist einer der stärksten Menschen, die ich kenne. Du hast dich für deinen Traum entschieden. Das finde ich wirklich cool. Du bist keine Enttäuschung."

„Danke Georgie", sagte sie nur und lehnte ihren Kopf an seiner Schulter an. George legte sanft den Arm um sie und gemeinsam sahen sie wieder in den Sonnenuntergang. Als es dunkel wurde, kletterten die beiden durch das Fenster der Zwillinge wieder ins Haus.

„Danke, dass du da so mit mir gesessen hast."

„Immer wieder gerne", sagte George und Simis Wangen erröteten. Zum Glück konnte George, das in der Dunkelheit nicht sehen.

„Also bis dann", verabschiedete sie sich und lief dann durch die Tür, ohne sich nochmal umzudrehen, doch sie könnte spüren, wie sein Blick auf ihr lag. Das verpasste ihr eine Gänsehaut. Gott, was war nur los mit ihr. Sie musste das endlich in den Griff bekommen.

Das Drachenmädchen||~ Fred & George WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt