Die Stille in diesem Zimmer war so ruhig wie der Atem eines schlafenden Engels, sanft und zart. Mein Zeitgefühl hatte ich völlig verloren, genauso wie meine Kraft, die mich alleine auf dem kalten Boden zurückgelassen hat. Selbst die heißen Tränen, die über meine Wangen rollten und sich vor lauter Scham in meine Haut brannten, sind verschwunden.
Harry's braune Locken kitzelten mich in meinem Nacken und ich konnte seinen ruhigen und gleichmäßigen Atem über meine Haut streifen spüren, während er noch immer hinter mir verweilte und mich hielt, als wüsste er ganz genau, dass ich das gerade am meisten brauche, doch ich saß wie gelähmt da.
Ich hatte das Gefühl, ich habe drei Tage nicht geschlafen. Mein Hals schmerzte, als hätte ich etwas gegessen, ohne vorher gekaut zu haben, meine Augen brannten wie Feuer und mein Kopf war leer und gleichzeitig so voller Gedanken, dass ich kaum klar sehen konnte.
Habe ich Harry eben verkündet, dass er mir nicht egal ist?
Mein Blick wandert auf seine Arme, die er um meinen Bauch geschlungen hat. Er saß so dicht hinter mir, dass seine Brust jedes Mal meinen Rücken berührte, wenn er einatmete. Seine Beine lagen ausgestreckt links und rechts von mir, wohingegen ich noch immer auf meinen Knien saß, wie ein kleines Fohlen, das eben erst richtig laufen gelernt hat und trotzdem hingefallen ist.
Wie wird sich das von mir Gesagte auf uns auswirken?
Normalerweise würde ich denken, dass er ab jetzt noch fieser zu mir wird, mich noch mehr tyrannisieren und belästigen wird, aber wenn man bedenkt, wie wir beide im Moment auf dem Boden saßen, ohne ein Wort miteinander zu reden, könnte man das stark anzweifeln.
Wobei das eigentlich nichts weiter zu bedeuten hat. Ich habe gelernt, nicht immer in jedes Wort, oder in jede Geste zu viel rein zu interpretieren.
Als wir gemeinsam im Baumhaus tanzten, zusammen lachten und am Ende zu zweit im Regen lagen, habe ich auch gedacht, er ist jetzt anders.
Ich hatte es mir gewünscht.
Und dann wirft er mich aus meinem eigenen Zimmer, um dort irgendeine College Studentin abzuschleppen und belügt mich nach wie vor von vorne bis hinten, beziehungsweise spielt seine komischen Spielchen mit mir, als wäre ich nichts weiter, als sein Zeitvertreib gegen Langeweile.
Das alles wäre wesentlich leichter, wenn ich ihn nicht leiden könnte.
Ich weiß nicht, was der ausschlaggebende Punkt gewesen ist, dass ich angefangen habe, ihn zu mögen. Ich schätze, dass ich in ihm mit der Zeit nach all den schrecklichen Dingen, die er bereits getan hat, trotzdem einen Menschen erkennen konnte.
Einen Menschen, dem es nicht egal ist, wie es seinen Mitmenschen geht, auch wenn er so tut.
An dem Tag, als wir gemeinsam aus einem fahrenden Auto sprangen und er anschließend, obwohl er noch selber vollkommen außer Puste gewesen ist, zu mir gekrabbelt kam, nur um mich zu fragen, ob bei mir alles in Ordnung ist, da konnte ich es zum ersten Mal feststellen.
Und auch jetzt sah ich mehr als nur ein arrogantes Arschloch in ihm. Er hält mich in seinen Armen, weil ich weinend zusammenbrach. Niemandem, dem Menschen und ihre Gefühle egal sind, hätte sich die Mühe gemacht, jemanden in den Arm zu nehmen, nur weil es der Person nicht gut geht.
Vielleicht sind all das die Gründe, weshalb ich Harry nicht hasse.
Ich konnte ihn hinter mir tief ein und wieder ausatmen hören, bevor er seinen Kopf, der bis eben noch auf meiner Schulter verweilte, hob und er langsam aufstand. Er kam vor mich gelaufen, kaute sich nachdenklich auf der Innenseite seiner Wange herum, während er mit zusammengezogenen Augenbrauen zu mir herabschaute.
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Captivated by shadows [h.s.]
Fanfiction„Herzlichen Glückwunsch du bist nun offiziell in der Hölle." „Warum, weil ich hier mit dir festsitze?" „Nein, weil du soeben einen Deal mit dem Teufel gemacht hast." er stand mit dem Rücken zu mir gedreht und doch wusste ich ganz genau was für eine...