Nachdem das Auenland hinter ihnen lag kam endlich der Tag, an dem mehrere der Zwerge auf Thorin zu traten mit dem Wunsch, die junge Frau endgültig von ihren Fesseln zu befreien. Die jungen Zwerge - Fili, Kili und Oin - verstanden nicht, wieso Thorin von einer Menschenfrau, die nicht viel größer als sie selbst und zudem unbewaffnet war, Probleme befürchtete. Und auf der anderen Seite waren die beiden gutmütigen Brüder Bombur und Bofur zu dem Schluss gekommen, dass es schrecklich ungerecht sei, Hermine weiterhin so zu behandeln, obwohl sie bisher nichts falsches getan hatte, außer hin und wieder schreckliche Stimmungsschwankungen zu haben. Aber wenn selbst der Hobbit in der Lage war, mit diesen Launen umzugehen, sollte eine Gruppe Zwerge doch erst recht nichts zu befürchten haben.
So kam es, dass nach einer hitzigen Diskussion, aus der Gandalf sich ausnahmsweise heraushielt, Thorin mit wütender Miene zu Hermine stapfte und sie grob auf die Beine zog. Sie war eine zusätzliche Bürde und wenn sie wegrennen sollte, würde Gandalf mit Sicherheit darauf bestehen, sie zu suchen, es war deutlich einfacher, sie gefangen zu halten. Sie störte nicht, beschäftigte den Hobbit, sodass er ebenfalls aus dem Weg war, warum sollte daran etwas geändert werden? Stattdessen schien es, als würden seine Neffen ihr gegenüber auftauen und achteten mit Bofur zusammen darauf, dass Bombur dem Hobbit zwei Schüssel aushändigte, da dieser beim Gedanken an Essen regelmäßig vergaß, warum Bilbo zwei Portionen bekommen sollte. Es sollte ihn nicht wundern, Kili und Fili hatten den tiefen Schmerz des Verlustes der Heimat nie erlebt. Sie waren noch nicht so hart geworden, wie er selbst, nachdem niemand ihnen helfen wollte, Erebor vor dem Drachen zu retten. Aber dass sie meinten, ihm vorzuhalten, dass er Angst vor einem Menschenmädchen hatte, nur weil er sie als Gefahr für die Gemeinschaft betrachtete, brachte ihn erneut in Rage.
"Meine Gefährten sind der Meinung, du wärst keine Gefahr für uns und haben mich überzeugt, dich zu befreien. Allerdings", bei diesen Worten funkelten seine Augen bedrohlich und obwohl er nur knapp größer war als Hermine erschien es, als würde er auf sie hinab sehen, "wirst du uns weiterhin begleiten und wenn du irgendetwas tust, dass ein Mitglied dieser Gemeinschaft gefährdet, wirst du es bereuen." Die Lucius Malfoys jeder Welt wären stolz auf Thorins Kunst der Einschüchterung gewesen, allerdings hatte Hermine sich beigebracht, in solchen Momenten ruhig zu bleiben um solchen Leuten nicht die Genugtuung zu geben, die unterwürfiges Verhalten oder Angst hervorrufen würde. Stattdessen blickte sie ihm direkt in die Augen und hielt ihm wortlos ihre gefesselten Hände hin - eine deutliche Aufforderung, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen.
Dem angehenden Zwergenkönig schien gar nicht zu gefallen, dass sie keinerlei Reaktion auf seine Drohung zeigte, tat jedoch, wie er es nun musste und zerschnitt ihre Fesseln. Sobald diese gefallen waren drehte Hermine sich um, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Sie hatte wirklich und wahrhaftig genug von Personen, die der Meinung waren, allein ihr Dasein wäre schon ein Geschenk an die Welt und jeder andere wäre ihnen Respekt schuldig. Respekt musste man sich, ihrer Meinung nach, immer noch verdienen, und dieses Horde Zwerge war davon noch weit entfernt. Dass die Zwerge ihn respektierten, konnte sie nach Balins Geschichte gut verstehen, und es hatte sie sogar berührt, wie er erklärte, Thorin bedingungslos zu folgen. Für Zwerge waren Stärke, Mut, Leidenschaft im Kampf und ein Sturkopf die wichtigsten Merkmale, welche Thorin definitiv erfüllte. Höflichkeit, Nächstenliebe und Vergebung auf der anderen Seite waren ihnen absolut egal. Gryffindors, und zwar die Art, die nur Mangels Gerissenheit nicht in Slytherin gelandet waren - die Jahre in Hogwarts, in denen man lernt, Menschen anhand der Häuser zu klassifizieren, waren auch hier nicht schnell vergessen.
Anstatt sich also zu ihnen zu gesellen, als wäre nichts geschehen, machte sie es sich wieder abseits von ihnen so gemütlich es ging und verfiel ihn Gedanken an ihre eigene Welt. Wie es Harry wohl ging, so ganz auf sich allein gestellt? Harry war keineswegs dumm aber so unglaublich stur und waghalsig, ein typischer Gryffindor, wie einige sagen würden. Aber es liegt ein feiner Unterschied zwischen Mut und Dummheit und sie hatte es immer als ihre Aufgabe betrachtet, ihn so gut es ging von der gefährlichen Seite fern zu halten oder ihm zumindest beiseite zu stehen. Jetzt jedoch war ihr das nicht mehr möglich und von Ron war auch keine Unterstützung zu erwarten. Ron. Ron, der sie wieder einmal verlassen hatte, der wieder einmal zu aller erst an sich selbst dachte, nicht an die Aufgabe, die Harry aufgebürdet war, oder an die Gefühle der Leute, die er mit seinem Verhalten verletzte. Aber womöglich tat sie ihm Unrecht. Sie hatten sich im Streit getrennt, natürlich war sie wütend. Und es wäre sicher nicht verkehrt, den Gedanken einer Zukunft mit Ron noch einmal ernstlich zu überdenken - aber er war nicht so schlecht, wie es ihr gerade in ihrer Verzweiflung vorkam. Nicht zu vergessen, dass sie noch immer die manipulative Kette um den Hals trug. Also wurden alle Gedanken an Zuhause verbannt und stattdessen die Zwergengruppe beobachtet, die sie auf ihre Reise begleiten, und daher auch besser beschützen sollte, auch wenn sie unfreundlich zu ihr waren. Jetzt, da sie frei war sich zu bewegen, konnte sie dazu beitragen, dass die Reise gefahrlos verlief, hatte sie doch auch das Zelt immer so gut es ging durch Zauber verborgen.
Als sie sich ihre Portion des Eintopfes abholte, bat sie Bilbo, ihr einmal mehr beim Essen Gesellschaft zu leisten und ihr von Mittelerde zu erzählen. Und sie begann vorsichtig, aber dennoch zielstrebig, ihn nach den Wesen zu befragen, von denen sie wusste und befürchtete, dass sie ihnen begegnen würden. Als die Sprache jedoch auf Trolle und Drachen kam, konnte Bilbo trotz der Verwandtschaft zu den Tuks, den abenteuerlichsten unter den Hobbits, allerdings nicht mehr beisteuern und stattdessen begannen Fili und Kili, phantastische Geschichten zu erzählen, in denen die Trolle in jedem Satz einen Meter größer wurden. Die beiden jungen Zwerge hatten während des Essens gelauscht und bei Bilbos Verstummen sogleich die Gelegenheit ergriffen, sich selbst in ein besseres Licht zu rücken - dabei aber nicht darauf geachtet, ihre Abenteuer glaubhaft zu gestalten. Hermine ließ sie gewähren und verstand die rohen Witze der beiden bald besser. Es war nichts anderes als das Gehabe der männlichen DA Mitglieder, wann immer die Sprache auf die Bedrohung außerhalb der Schule kam - nur bei denen natürlich, die tatsächlich an Voldemorts Rückkehr glaubten. Sie hatten Angst vor etwas, vor dem es kein Entkommen gab und versuchten, es durch Scherze weniger bedrohlich zu machen.
Erst nachdem der Troll inzwischen "mindestens 70 Fuß groß" war, wurde es Balin allerdings zu bunt und er brachte die beiden Jünglinge zum Schweigen. "Erzählt keinen Unsinn, ihr macht unserem Gast noch unnötige Angst, und wer soll dann auf sie Acht geben? Wir werden sowieso einen Bogen um einen Troll machen, falls wir einem begegnen sollten." Hermine verbiss es sich, ihn darauf hin zu weisen, dass sie gut auf sich selbst achten könnte und bat ihn stattdessen, selbst etwas zu erzählen.
"Balin - so lautet Euer Name, nicht wahr? - könnt Ihr mir dennoch etwas über diese Wesen erzählen? Nur für den Fall versteht sich, ich wäre gerne vorbereitet, sollte sich eine Konfrontation nicht vermeiden lassen." Und da sie so höflich fragte und Balin sich ein wenig schlecht fühlte aufgrund der Behandlung, die sie erfahren hatte, kam er ihrer Bitte nach und erzählte von Bergtrollen und Höhlentrollen. Hermine merkte bald, dass die wichtigsten Eigenschaften mit den Trollen ihrer Welt übereinstimmten - Versteinerung bei Sonnenlicht, resistente Haut und mindestens ebenso dumm wie sie groß waren. Es ist also davon auszugehen, dass ihre Haut nicht nur gegen normale Angriffe gut schützt sondern auch gegen normale Zauber und Flüche und, wie bei den Drachen, ihre Augen eine ihrer größten Schwachstellen sind. Nachdem Hermine mehrere Minuten schweigsam vor sich hingestarrt hatte, durchbrach Balin die Stille.
"Es besteht kein Grund zur Sorge, junge Frau, selbst wenn wir einem Troll begegnen sollten, könnt ihr euch darauf verlassen, dass wir keinerlei Probleme mit ihm haben werden. Zwerge sind allgemein als gute und zähe Krieger bekannt - wir werden unseren Ruf nicht beschmutzen." Hermine lächelte daraufhin nur leicht, sie wusste sehr wohl, dass den Zwergen die drei Trolle nur aufgrund des gefangenen Hobbits zum Verhängnis geworden waren, blieb aber bei ihrem Entschluss, der Gruppe nichts von ihrem Wissen zu verraten, um nicht mehr als nötig durcheinander zu bringen. Wüssten sie um die Trolle, würden sie womöglich einen anderen Weg einschlagen und verpassten die Trollhöhlen. Dann wiederum würden sie die Waffen aus Gondolin nicht finden und wer konnte ahnen, was das für Auswirkungen hätte. Aber sie hatte auch nicht vor, tatenlos zuzusehen und würde auf Bilbo aufpassen.
"Hat einer von euch vielleicht einen Dolch übrig und wäre bereit, mir beizubringen, mit einer solchen Waffe umzugehen? Mir wäre trotz aller Versicherungen wohler, wenn ich mich notfalls auch selbst verteidigen könnte. Es gibt doch sicherlich auch andere Gefahren als Trolle, gegen die mir ein Dolch wohl nicht nützen würde?" Der moderne Zauberer lernte, sich nur auf seinen Zauberstab zu verlassen, dass war ihr schon bewusst geworden, als sie Draco Malfoy ohne Umstände hatte schlagen können. Die Fähigkeit, mit einer scharfen Waffe umzugehen, könnte ihr also sehr zu gute kommen, würde ein Todesser ihr zu nahe kommen - und solange sie hier in Mittelerde war, sollte sie die Möglichkeit nutzen, neue Fertigkeiten zu erlernen, um bis zu ihrer Rückkehr nach Hause überleben zu können. Aber natürlich gab es einen Zwerg, der ganz anderer Meinung war.
"Ein Menschenmädchen und ein Dolch! Natürlich, jeder von uns hätte Lust darauf, in einem Kampf versehentlich von dir niedergestochen zu werden. Sollten wir angegriffen werden, hast du uns nicht im Weg herumzustehen. Versteck dich mit dem Halbling irgendwo, bis die Gefahr vorüber ist, mehr erwarten wir nicht von euch." Anscheinend hatte Thorin der kleinen Gruppe mehr Aufmerksamkeit geschenkt als erwartet und war darauf aus, ihr weiterhin Steine in den Weg zu legen. Wütend sprang Hermine auf und sah sich dem Zwergenprinzen Auge in Auge gegenüber, bevor sie überhaupt Zeit hatte, darüber nachzudenken, was sie tun wollte.
"DU! Du hältst dich wohl für den König der Welt! Du bist nichts weiter als ein heimatlos Herumziehender, der sich besser fühlt, wenn er anderen gegenüber Macht demonstrieren kann. Aber nicht mit mir. Es scheint, als gäbe es in deiner Gruppe noch Zwerge, die nicht aus Stein gemeißelt sind und du wirst mich nicht davon abhalten, mich mit ihnen anzufreunden. Und wenn dazu gehört, dieser Gesellschaft nützlich sein zu können, dann werde ich tun, was ich tun muss, um dies zu erreichen!" Sie hatte nicht laut gesprochen sondern vielmehr ein wütendes Fauchen zustande gebracht, sodass sie nicht sicher war, ob einer der andere Zwerge sie gehört hatte, aber wenn dem so war, würde sie sich damit am nächsten Tag auseinander setzen. Für diesen Abend jedoch hatte sie genug von "Thorin, dem die Welt gehört", der anscheinend sprachlos durch ihre Worte war. Sie warf ihm noch einen finsteren Blick zu, ehe sie zum Rand des Lagers stapfte und sich in ihren Umhang einrollte, der ihr auch als Decke diente.
Während sie noch wütende Gedanken darüber wälzte, was dieser von sich eingenommene Zwerg eigentlich dachte, so mit ihr zu reden, schlich sich jedoch eine kleine Stimme ein, die ihr vorhielt, dass es ihr gefallen hatte, Thorin so nahe zu sein wie in dem Moment, da sie ihn angefaucht hatte. Stände sie nicht auf der empfangenden Seite seines königlichen, von sich überzeugten Gehabes, könnte man es doch fast als eine anziehende Ausstrahlung bezeichnen.. Und wenn es einem egal ist, wie groß ein Mann ist, war er doch auch durchaus ansehnlich..
Hermine schalt sich innerlich selbst. Sie wusste, dass sie eine Schwäche für den eher dunkleren Typ Mann hat, und innerliche Stärke findet sie anziehend, aber ihre Mutter hatte sie immer vor ihnen gewarnt und war daher besonders froh gewesen, als Hermine ihr von der Beziehung zu Ron erzählt hatte, denn Ron war alles andere als dunkel und hatte einige Komplexe. Natürlich hatte diese Unterhaltung stattgefunden, als ihre Eltern sich noch an sie erinnern konnte. Ob sie wirklich Recht hatten? Oder hatte sie nur Angst, dass Hermine sich auf einen zu starken Mann einlassen könnte, der sie unterdrücken würde, was bei Ron niemals passieren würde? War Rons aufbrausendes und verletzendes Verhalten wenn ihm etwas nicht gefiel wirklich besser? Als ein kühler Wind sie unter ihrem Umhang erzittern lies, war sie sich dessen nicht mehr ganz so sicher.
Wäre Ron in diesem Moment anwesend, so sähe er sich wohl einem strengen Blick und vielleicht auch den Worten "Ich habe es doch gesagt" gegenüber. Zu Beginn ihrer Suche nach den Horkruxen hatte Hermine unter anderem einen Wärmezauber für Kleidung lernen wollen, doch Ron hatte sie davon abgehalten.
"Wir haben doch genug warme Umhänge und unser Zelt, hilf mir lieber dabei, meine Schutzzauber zu verbessern", hatte er sie gebeten und in dem Moment hatte sie ihm Recht gegeben, dass Verteidigung wichtiger war. Das Buch war wieder in den Untiefen ihrer vergrößerten Tasche verschwunden und sie fand andere Zauber, die es zu lernen gab. In diesem Moment jedoch wünschte sie sich sehnlichst, sie würde sich an diesen Zauber erinnern, denn trotz der sommerlich wirkenden Jahreszeit wurde es in den Nächten langsam immer kälter, und sie würde sich nicht zu den Zwergen ans Feuer setzen oder gar neben ihnen schlafen, wenn es sich irgendwie verhindern ließ. Nicht, solange die meisten von ihnen sie noch immer wie einen unwillkommenen behandelten, sie hatte schließlich auch ihren Stolz. Sich selbst eines der magischen Feuer zu entzünden wie sie es in Hogwarts so häufig getan hatte, kam ebenfalls nicht in Frage, da ihre Begleiter nicht eher als notwendig von ihren Kräften erfahren sollten. Wahrscheinlich würde sie dieses Vorhaben irgendwann aufgeben, denn es wäre wirklich schön, wieder einmal saubere Kleidung zu haben und die Nächte würden sicherlich allzu bald unangenehm kühl werden.
Sie erfuhr nie, dass später in der Nacht, unter dem strengen Blick Thorins, der keinen Schlaf finden wollte, Kili seine Decke über ihr ausbreitete, während er seinen Wachpflichten nachkam. Und keiner bemerkte, wie eine Stunde später, nachdem Kili seine Decke wieder an sich genommen hatte und schlafen gegangen war, Hermine erneut begann zu zittern - keiner, bis auf Thorin, der den Rest der Nacht wachen würde, da er den Gedanken an Schlaf in der letzten Stunde gänzlich aufgegeben hatte. Er zögerte, ließ den Blick noch einmal über die schlafenden Zwerge gleiten und ging sicher, dass auch Gandalf nichts bemerken würde, ehe er sich ein Beispiel an Kili nahm. Statt seiner Decke jedoch, in die er sich nun selbst einwickelte, war es sein Umhang, der Hermine angenehme Träume bescherte. Er nahm ihn wieder an sich, bevor er die Gruppe am Morgen weckte, sodass Hermine ratlos blieb, weshalb sie einen herben Duft in der Nase hatte, der ihr ein Gefühl von Geborgenheit vermittelte.
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The Story of a Witch in Middle Earth
FanfictionWas passiert, wenn Hermine während der Suche nach den Horkruxen durch Zusammenspiel mehrerer Zauber in das Auenland transportiert wird, direkt vor die Gemeinschaft um Thorin Eichenschild? Und wie wird Harry mit seiner neuen Situation umgehen?