Es war keine Feier im ausgelassenen Sinn des Wortes, sondern eine ruhige, feierliche Atmosphäre. Sie hatten den Krieg gewonnen, aber sie hatten für den Sieg mit dem Leben von Freunden und Verwandten bezahlen müssen.
In all der Trauer und Freude fanden Dori, Nori und Ori zurück zum Rest der Gruppe aus Mittelerde. Sie hielten sich zurück, blieben in einer Ecke der Halle und beobachteten die Nachwirkungen des Kampfes. Hermine blieb an ihrer Seite, statt sich zu ihren Schulfreunden zu gesellen. Noch war das Portal offen, durch das sie gekommen waren, und ihr Entschluss stand fest, mit den Zwergen zurück zu kehren - da wollte sie sich nicht in die Trauer ihrer Freunde einmischen, sie selbst würde bald genug verschwinden. Jene der Toten, die sie kannte, hätte sie sowieso nicht wiedergesehen, wäre sie nicht zurück gekommen. Dadurch hatte sie einen seltsamen, emotionalen Abstand gewonnen, sie hatte sich schon verabschiedet. Ihr Tod war schrecklich, keine Frage, aber nach allem, was sie erlebt hatte, konnte sie deutlich besser damit umgehen und erkannte, dass das Leid der Lebenden den Toten nicht half. Die Sicht der Zwerge auf die Nachwirkungen eines Krieges, dass Tote unvermeidbar waren, half ihr sehr.
Es entging weder Harry noch Ron, dass Hermine sich zurück hielt, wobei letzterer es nur bemerkte, weil er erwartet hatte, Hermine nach dem Sieg wieder an seiner Seite zu haben und sie, als dies nicht geschah, gesucht hatte. Harry hingegen hatte schon damit gerechnet, dass Hermine nicht bleiben würde, nachdem er sie und Thorin zusammen gesehen hatte und verübelte ihr die Entscheidung nicht, auch wenn es ihn betrübte, sie zu verlieren.
Als er sah, wie Ron losstürmte, folgte er ihm und deutete Hermine - und damit auch den Zwergen und Bilbo - die Halle zu verlassen. Wenn es zu einer Konfrontation kommen musste, sollte sie wenigstens ohne Zuschauer vonstatten gehen.
Es war ein anscheinend lange ungenutztes Klassenzimmer, das aufgrund seiner Nähe zur Großen Halle Schauplatz des Bruchs zwischen den Freunden werden sollte.
"Hermine, findest du nicht, dass du in dieser Situation bei deinen Freunden sein solltest?", platze es aus Ron heraus, sobald er die Gruppe erreicht hatte. Harry war ihm dicht auf den Fersen und schloss schnell die Tür hinter sich, damit niemand auf die Idee kommen würde, ihnen zu folgen.
"Nach alle, was wir durchgemacht haben, hätte ich von dir erwartet, dass du unsere Trauer teilen würdest. Stattdessen stehst du unbeteiligt bei diesen halben Portionen in der Ecke! Was ist aus dir geworden? Bedeuten wir dir gar nichts mehr?" Ron war wütend, aber insbesondere hatte er Angst, eine Angst, die er hinter seinen harschen Worten zu verstecken versuchte. All seine Pläne, eine Familie mit Hermine zu gründen, sich für immer auf seine beiden besten Freunde verlassen zu können, das schien plötzlich in Gefahr - und er konnte damit nicht umgehen. Wie konnte sie sich einfach von ihnen abwenden, nach allem, was sie zusammen erlebt hatten? Er bemerkte weder, wie die Zwerge sich schützend um Hermine gestellt hatten, noch den besorgten Blick Harrys.
"Ron?", versucht er, die Aufmerksamkeit seines temperamentvollen Freundes auf sich zu ziehen. "Du weißt, was sie aufgegeben hat - sie hat ihre Eltern vergessen lassen, dass sie existiert, um sie in Sicherheit bringen zu können..."
"In St. Mungos können sie ihre Erinnerungen bestimmt wiederherstellen!", unterbrach Ron rasch.
Hermine schob sich zwischen den Zwergen hindurch, Thorin blieb allerdings an ihrer Seite.
"Vielleicht, Ron. Es könnte durch den Versuch aber auch schlimmer werden, sie könnten weitere Erinnerungen verlieren. Da ich nicht vorhabe hier zu blieben, ist es das Risiko einfach nicht wert. Wozu ihnen die Erinnerung an eine Tochter zurückgeben, nur damit sie erfahren, dass sie sie vermutlich nie wieder sehen werden? Nein, sie sind glücklich in Australien und so soll es bleiben." Der starke Arm Thorins legte sich um sie und gab ihr Kraft. Er verurteilte ihre Entscheidung nicht, sondern erkannte, dass ihr das Opfer nicht leicht gefallen war, aber sie bereit war, alles nötige zu tun, um ihre Lieben zu beschützen.
"Dann geh nicht! Wohin willst du mit diesen Kerlen verschwinden, dass du nicht zurückkommen kannst Warum ziehst du sie uns... MIR vor?" Harry trat schräg vor Ron und verhinderte damit, dass dieser weiter auf die Gruppe zu stapfte. Die Zwerge waren noch immer bewaffnet und demnach, was er im Kampf gesehen hatte, war er sicher, dass sie Hermine vor jeder Bedrohung beschützen würden, auch vor seelischem Schmerz, den Rons Worte ihr sicherlich zufügten.
"Es ist eine andere Welt, Ron. Dahin war sie verschwunden, deshalb ist sie gerade erst hier aufgetaucht." Sein Freund konnte sich nicht an ihren Streit in der Winkelgasse erinnern, wohl aber an die Erkenntnis, dass Hermine nicht bei Harry war, als sie einander schließlich in Hogwarts trafen.
"Wenn sie gegangen ist, gibt es keine Garantie, dass sie noch einmal hierher zurückkommen kann, nicht wahr?" Wenn es so einfach wäre, zwischen den Welten zu wechseln, wäre Hermine bestimmt schon früher heimgekehrt und sei es nur, um seine Sorge zu beruhigen. Dessen war Harry sich sicher. Hermine nickte.
"Ich bin froh, dass wir überhaupt einen Weg gefunden haben, ein Portal zu öffnen, aber der Gegenstand, der dafür als Fokus dient, ist einzigartig. Ist seine Macht erst einmal verbraucht, weiß ich nicht, ob wir etwas anderes finden können. Deshalb müssen wir gehen, bevor das Portal sich schließt und uns die Heimkehr verwehrt bleibt." Sie selbst bemerkte nicht, dass sie von Mittelerde als Heimat sprach aber nach so langer Zeit dort, unwissend, ob sie in ihre Welt zurückkehren konnte, zweifelnd, ob sie es überhaupt wollte, nachdem Thorin ihr Herz erobert hatte, sah sie die einst fremde Welt als ihre Heimat an. Dort wollte sie leben. Thorin und Bilbo wechselten einen wissenden Blick; selten auf einer Wellenlänge hatten Zwerg und Hobbit doch eins gemein: Sie beide hatten befürchtet, dass sie, erst einmal hier angekommen, ohne Hermine würden heimkehren müssen. Es wäre nicht unwahrscheinlich gewesen, hätte die Hexe im Angesicht ihrer Freunde die Entscheidung noch einmal überdacht. Sie waren froh, dass dies anscheinend nicht der Fall war?
"Es tut mir Leid, Ron, aber in der Zeit, die ich in Mittelerde war, haben sich einige Dinge geändert. Ich musste mich mit dem Gedanken anfreunden, euch nie wieder zu sehen, und ich wollte das beste daraus machen Es hätte weder mir noch euch geholfen, wäre ich in Verzweiflung versunken", versuchte Hermine zu klären und trat dabei auf ihre Freunde zu. In Harrys Gesicht zeigte sich nur Verständnis - er wollte, dass seine Freundin glücklich war und dafür war Hermine ihm dankbar. Ron aber schüttelte den Kopf und griff nach ihrer Hand, um sie weiter von den Zwergen fortzuziehen.
"Aber jetzt bist du wieder da!", schrie er beinahe. "Jetzt bist du wieder bei uns, warum willst du dann wieder gehen?!" Er sacke in sich zusammen, genug um den Zwergen zu signalisieren, dass er zwar wütend war, aber keine Gefahr für Hermine darstellte.
"Ich dachte, nachdem wir endlich ein Paar waren, dass wir eine Familie gründen würden. Dass wir für den Rest unseres Lebens zusammen sein würden..." Betrübt ließ er den Kopf hängen. Er war nicht dumm, er kannte die Antwort, wollte sie aber nicht wahr haben. Zwei Arme schlangen sich um seinen Körper - Hermines - und ein weiterer legte sich um seine Schultern - Harrys.
"Ich liebe ihn", murmelte Hermine mit einem Blick über ihre Schulter. "Ich bin nicht nur verliebt, wie wir es waren. Und ich glaube... ich glaube nicht, dass wir auf Dauer glücklich geworden wären. Ich glaube, dass Harry damit nicht glücklich geworden wäre, steht er doch so schon oft genug zwischen uns, wenn wir uns streiten." Die Aussage brachte Ron sogar zum Lachen, auch wenn es schnell wieder ins Stocken kam.
Zwar war er anderer Meinung als sie und er wusste, dass er noch lange unter ihrer Entscheidung leiden würde, so wie auch Harry sie vermissen würde, aber er erkannte auch, dass er sie nicht würde umstimmen könnten. Also machte er das einzige, was ihm blieb - er machte gute Miene zu bösem Spiel, um ihretwillen. Er wusste selbst, dass er durch seine Impulsivität nicht immer der beste Freund gewesen war, aber die beiden hatten ihm immer verziehen - jetzt wollte er es ihr danken, auch wenn es bedeutete, dass Harry nach Hermines Abreise die Scherben zusammenfegen müsste, denn er fürchtete, dass er nicht lange danach zusammenbrechen würde.
"Ich verstehe", murmelte er. Er liebte Hermine wirklich, deswegen musste er sie gehen lassen. Mit einem Ruck straffte er sich und entwand sich den Armen seiner Freunde, um geradewegs auf den älteren der beiden schwarzhaarigen Zwerge zuzugehen. Hermine hielt die Luft an, während die Zwerg zurücktraten, um ihrem Anführer Platz zu geben, sollte es zum Kampf kommen.
"Thorin, richtig?", bewies Ron, dass er besser aufgepasst hatte, als Hermine ihm zugetraut hatte.
"Ich hoffe für dich, dass Hermine ihre Entscheidung nicht bereuen wird. Falls doch... ich würde dir drohen, wenn es nicht so unwahrscheinlich wäre, dass ich den Worten Taten folgen lassen könnte, aber Hermine wird selbst in der Lage sein, dich leiden zu lassen. Sie ist brillant, und kann sehr beängstigend sein." Es war sichtlich schwer für ihn, zu akzeptieren, dass sie einander nicht wieder sehen würden, aber er gab sich Mühe, und das wusste Hermine zu schätzen.
Dwalin lachte und stieß Thorin in die Seite. "Da hörst du es, du bist nicht der einzige, der sie schon einmal verärgert hat", zog er seinen Freund und König auf. Sie alle wussten nur zu gut, wozu Hermine in der Lage war, einfach aufgrund der Vielseitigkeit der ihr zur Verfügung stehenden Zauber, selbst wenn sie nicht mit der Macht der Istari vergleichbar waren.
"Und ich werde nicht allein sein, Ron. Meine Freunde werden ihn wissen lassen wenn er einen Fehler gemacht hat, ganz gleich, wer er ist." Hermine blieb bewusst wage, da sie fürchtete die Information, dass sie die Liebe eines Königs hielt, könnte dann doch zu viel für ihren Freund sein. Sie wollte jetzt nichts riskieren.
"Behalt das Buch, Harry, vielleicht kannst du Ron dazu bringen, es zu lesen", wandte sie sich an Harry. "Es ändert zwar nichts, aber dann weiß er wenigstens, wo ich bin, lernt ein wenig über Mittelerde." Die Erinnerung an 'den Hobbit' brachte Leben in ihren schwarzhaarigen Freund.
"Dobby, Kreacher!", rief er seine beiden Hauselfen zu sich. "Bringt Hermines Sachen aus dem Grimmauldplatz und meinem Verlies", bat er die beiden, die sofort wieder verschwanden. Auf Hermines fragenden Blick erklärte er kurz, dass er sich nach ihrem Verschwinden dorthin zurückgezogen hatte. "Sobald du gegangen bist, muss ich selbst nach Gringotts und den Kobolden den Dolch zurückgeben, den sie mir geliehen haben. Sie werden bestimmt schon ungeduldig, aber ich will nicht gehen, solange du noch hier bist", erklärte er drucksend. Er wusste, welchen Ärger er sich einhandelte, sollten die Kobolde denken, er würde den Dolch behalten wollen, aber seine Freundin war wichtiger.
Kurz darauf wieder im Besitz all ihrer Sachen kam Hermine eine Idee und sie schalt sich, erst jetzt daran gedacht zu haben.
"Bilbo, Kili, würdet ihr auf meine Sachen aufpassen? Ich muss noch etwas erledigen", bat sie und reichte die Taschen sogleich an ihre Freunde weiter.
"Thorin", begann sie dann leise. "Geht zurück zum Portal, wartet dort auf mich, aber sollte es auch nur den Anschein haben, als würde es schwächer werden, geht hindurch. Ich will einige Dinge holen, die uns nützen können." Der Zwergenkönig wollte protestieren, aber Hermine legte ihm einen Finger auf die Lippen.
"Ich werde mich beeilen, aber ihr solltet dafür nicht eure Heimat riskieren. Wenn ich es nicht schaffe, werde ich nicht aufhören, nach einem Weg zurück zu suchen." Und dann lief sie los.
"Wohin will sie?" Dwalin war der erste, der seine Sprache wiederfand, nachdem die Hexe sie einfach stehen gelassen hatte. Harry und Ron sahen sich an und trotz der Situation mussten sie grinsen. Manche Dinge änderten sich hoffentlich nie.
"In die Bibliothek", antworteten sie zweistimmig. "Wenn ihr Hermine sucht, ist die Bibliothek immer der beste Ort, nach ihr zu sehen. Und bevor sie erreicht hat, was sie sich in den Kopf gesetzt hat, wird man sie nur schwer herausbekommen", erklärte Harry. Und da die Gruppe aus Mittelerde sich in Hogwarts nicht auskannte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als Hermines Worten folge zu leisten.
Diese zog stapelweise Bücher aus den Regalen, um sie mit einem in diesem Umfang illegalen Zauber zu kopieren. Er war nur dafür gedacht, einzelne Seiten oder persönliche Dokumente zu kopieren, nicht um sich den Kauf eines Buchs zu ersparen, indem man es sich kopierte, aber dafür blieb ihr keine Zeit. Und da sie sowieso nicht länger in Großbritannien bleiben würde, musste sie sich nicht Sorgen, dass ihr Konsequenzen drohten.
Sie wählte die Bücher, die sie kopierte, nach einem einzigen Kriterium aus: Wie nützlich würden sie ihr in Mittelerde sein? Bücher über magische Geschöpfe und Kräuterkunde wurden eingepackt in der Hoffnung, Parallelen zwischen der Flora und Fauna der magischen Welt und Mittelerde zu finden. Dies würde ihr ermöglichen, Substitute für Trankzutaten zu finden. Dafür nahm sie auch Tränkebücher mit, von Einsteigertexten bis zu Texten der Meister über Forschungen und das Kreieren neuer Tränke. Nicht nur wollte sie die Zwerge wenn möglich mit nützlichen Tränken versorgen, sondern auch herausfinden, ob einige der Rassen Mittelerdes in der Lage wären, selbst Tränke zu brauen. Die Elben waren dabei ihr erster Gedanke. So fügte sie auch Bücher zum Thema Heilkunde zu ihrer Sammlung hinzu, sie wollte helfen und hatte die Hoffnung, das Wissen weitergeben zu können.
Zu guter Letzt hatte sie ein Thema ausgesucht, mit dem sie sich bisher noch gar nicht beschäftigt hatte - magische Architektur. Da sie vor der Aufgabe standen, ein ganzes Zwergenreich in einem riesigen Berg wieder aufzubauen, nachdem ein Drache jahrzehntelang darin gehaust hatte, und auch der Aufbau Tahls schnell von statten gehen sollte, wollte sie Zauber lernen, mit denen sie Thorin und ihren Freunden dabei helfen konnte.
Natürlich suchte sie auch noch ein paar Bücher zu jedem anderen Thema aus, einerseits, um nichts von dem zu vergessen, was sie gelernt hatte, und andererseits, um eine Erinnerung an Hogwarts und ihr dortiges Leben zu haben, und um ein Andenken an diese seltsame Reise zwischen den Welten im Erebor zurücklassen zu können, wenn ihr Leben eines Tages zu ende war.
Als sie so fertig war, wie sie es jemals sein würde - Hermine könnte jedes Buch mitnehmen und es wären dennoch nicht genug - sah sie sich noch ein letztes Mal in der Bibliothek um, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und zu ihren Freunden zurückkehrte. Sie wollte nicht schwach werden, nicht wegen etwas so einfachem wie dem Zugang zu all diesen Büchern. Es war schon schwer genug, ihren Freunden auf Wiedersehen zu sagen, da konnte sie diesen zusätzlichen Abschied von ihrem Lieblingsort nicht gebrauchen.
Wie Hermine ihnen geraten hatte, hatten die Zwerge sich um das Portal herum versammelt und beobachteten genau, ob es schrumpfte oder andere Zeichen zeigte, die auf ein baldiges Schließen hinweisen würden. Sie atmeten erleichtert auf, als Hermine erschien, bevor sie zur Heimkehr ohne die Hexe gezwungen waren, und Thorin zog sie fest in seine Arme.
"Du hast dir Zeit gelassen", schalt er sie leise, "Wir haben uns schon gefragt, ob du doch nicht mit uns gehen willst." Bei den Worten drückte er sie für einen Moment fester, lockerte den Griff aber wieder, bevor er unangenehm werden konnte. Er hatte sich Sorgen gemacht, auch wenn er es nicht so spezifisch ausdrücken wollte. Aber aus genau diesem Grund, dass die Zwerge ihre Gefühle nicht offen zeigen wollte, zumindest dann nicht, wenn es sie schwach erscheinen lassen könnte, sparte Hermine sich jegliche beruhigende Worte, sondern lehnte ihren Kopf gegen den seinen.
"Anscheinend war ich trotzdem schnell genug", bemerkte sie mit einem kurzen Blick auf das Portal, das noch genau so aussah, wie sie es verlassen hatten. Dann sah sie von einem ihrer Gefährten zum nächsten. "Ich denke, ich habe alles wirklich wichtige. Alles andere, das ich brauche, werde ich auch in Mittelerde bekommen - daran werde ich mich sowieso gewöhnen müssen", verkündete sie. Ihre Stimme zitterte zwar leichte, aber die Zwerge taten so, als ob sie es nicht bemerkten, denn schließlich war dies der Moment, in dem sie sich freiwillig von ihrem alten Leben abwandte, um ihnen zu folgen.
Kaum hatte sie den Mund geschlossen, fand sie sich in den Armen ihrer Schulfreunde wieder und diesmal zuckte Thorins Hand nicht zum Schwert, um seine Hexe zu verteidigen, sondern machte ihnen Platz, damit sie sich verabschieden konnten. Sie würde ihre Freunde nicht wiedersehen, da konnte er kaum gegen diesen Moment der Freundschaft protestieren, das war selbst ihm klar.
Nur unwillig trennte das Trio sich schließlich wieder voneinander, mit tapferen Lächeln auf dem Gesicht und unvergossenen Tränen in den Augen.
"Ich werde euch vermissen, aber ich muss ihm einfach folgen", flüsterte Hermine ein letztes Mal als Entschuldigung an jene, die sie zurücklassen würde.
"Wir werden dich nicht vergessen. Ohne dich wird es nicht mehr das gleiche sein", erwiderte Harry. "Jetzt müssen wir selbst recherchieren, wenn wir etwas wissen möchten", fügte er noch in dem Versuch hinzu, ihnen die Situation durch einen Scherz zu erleichtern. Keiner von ihnen lachte.
Verzweifelt suchten sie nach letzten Worten, die dem Abschied gerecht werden würden, aber nach ein paar Minuten des Schweigens gaben sie auf. Was sagte man, wenn man seine besten Freunde nie wieder sehen würde?
"Pass gut auf dich auf und wenn der Zwerg dich unglücklich macht, verhexe ihn von mir", durchbrach Ron die Stille, während er Hermine noch ein letztes Mal umarmte und dann zurücktrat. Er konnte es nicht ertragen, würde der Abschied noch länger andauern.
Harry und Hermine sahen sich weiterhin stumm an, fragten einander mit Blicken, ob der jeweils andere klarkommen würde, ob es wirklich in Ordnung war, ob sie nicht bereuen und er ihr verzeihen konnte. Als beide nickten, wandte Hermine sich ab. Die Zähne fest zusammengebissen, das Gesicht angespannt, ging sie zwischen den Zwergen hindurch zum Portal. Thorin folgte ihr und wollte sie an sich ziehen, hatte er doch gelernt, dass seine Nähe ihr Trost spendete, aber sie schüttelte unwirsch den Kopf. Die Geborgenheit seiner Arme würde dafür Sorgen, dass sie zusammenbrach, etwas, das unweigerlich folgen würde, aber dass sie so lange wie möglich hinauszögern wollte. Stattdessen ergriff sie Bilbos Hand.
"Lasst uns nach Hause gehen." Ohne sich noch einmal umzudrehen schritt sie als erste durch das Portal, dicht gefolgt von Bilbo und den Zwergen. Zurück blieben die Feiernden, die Trauernden, die Traumatisierte und in ihrer Mitte das Portal, das auch jetzt noch keine Anstalten machte, sich zu schließen.
Auf der anderen Seite, zurück in Mittelerde, wurden die acht Reisenden von einem beinahe verlassenen Raum begrüßt. Waren bei ihrem Aufbruch noch die Träger der Elbenringe und der Rest der Gemeinschaft anwesend, saß nun nur noch Bofur auf einem dem Portal zugewandten Stuhl. Sobald er sie erblickte, sprang er auf.
"Hat es funktioniert? Konnte Hermine sich verabschieden? Geht es euch gut?", wollte er sofort wissen. Nachdem die Gruppe verschwunden war und das Portal weder explodiert noch in sich zusammen gefallen war, hatte sich die ungeduldig wartende Versammlung schnell aufgelöst. Einer nach dem anderen hielten sie für einige Stunden Wache, sowohl um die erhoffte Rückkehr nicht zu verpassen, als auch um das Portal im Auge zu behalten. Die Ringträger waren zu diesem Zweck länger geblieben und hatten das Portal noch einigen Untersuchungen unterzogen, berichtete Bofur, aber keiner der Zwerge hatte verstanden, was sie taten, und als es Abend wurde, waren auch sie gegangen.
Inzwischen waren drei Tage vergangen, was die Vermutung nahe legte, dass die Zeit in den beiden Welten unterschiedlich schnell verging. Hermine versuchte zwar, sich zu erinnern, wie lange sie in Mittelerde gewesen war, aber weder hatte sie die Tage gezählt, noch hatte sie sich in Hogwarts die Zeit genommen, das Datum herauszufinden, daher konnte sie die Vermutung weder bestätigen noch widerlegen. Außerdem kam ihr noch eine andere mögliche Ursache für die Diskrepanz, nämlich die Reise selbst, in den Sinn - und sie war anscheinend die einzige, die sich darüber Gedanken machte, ihre Freunde waren vielmehr damit beschäftigt, Bofurs Fragen über Hermines Welt so gut sie konnten zu beantworten. Auch wenn es ihnen so vorgekommen war, als ob sie ohne Verzögerung von der einen Seite des Portals zur anderen gelangt waren, konnten sie sich nicht sicher sein, ob dem tatsächlich so war. Sie hörte erst auf, darüber nach zu grübeln, als sie die Halle erreichten, die ihrem Nutzen nach der Großen Halle von Hogwarts ähnelte.
Die Essgewohnheiten, und damit war nicht ihre Auswahl an Speisen gemeint, der Zwerge waren für Hermine erst etwas suspekt gewesen, aber inzwischen hatte sie sich daran gewöhnt. Obwohl jede Wohneinheit - es fiel Hermine immer noch schwer in einem Berg von Häusern zu denken - über eine Kochstelle mit einem als Abzug vorgesehenen Loch in der Decke direkt darüber verfügte, oder wieder verfügen würde, sobald der Wiederaufbau abgeschlossen war, gab es auch mehrere Gemeinschaftsküchen und große Speisesäle auf den verschiedenen Ebenen des unterirdischen Königreichs. Diese fassten natürlich nicht annähern alle Zwerge, die in Kürze wieder in den Erebor ziehen würde, aber das war auch gar nicht nötig. Am ersten Abend, als sie den Speisesaal zum ersten Mal in Benutzung gesehen hatte, hatte Balin ihr erklärt, dass Familien zumeist zuhause oder mit guten Freunden aßen, und es die ungebundenen Zwerge waren, die der Gesellschaft wegen die Gemeinschaftsküchen nutzen. Dort konnten sie entweder selbst eine der vielen Kochstellen und die zur Verfügung gestellten Kochutensilien nutzen, mitgebrachte Nahrungsmittel gegen einen kleinen Preis von den dort arbeitenden Köchen zubereiten lassen oder eine fertige Mahlzeit erwerben. Hermines Augenbrauen waren erst erstaunt nach oben gewandert, doch nach einigen Sekunden hatte sie den Nutzen erkannt. Nun blickte sie lächelnd über die Köpfe der Zwerge hinweg.
Sie musste nicht lange suchen, ehe sie den Rest ihrer ehemaligen Reisegesellschaft fand, denn diese hatten die Heimkehrer schon entdeckt und sich erhoben, um sie zu begrüßen. Dank der Tatsache, dass ihnen die Erschöpfung ihres für sie kurzen Ausflugs ihnen an ihrer Haltung anzusehen war, wenngleich Hermine die Spuren der Schlacht so gut es ging mit Zaubern beseitigt hatte, wurde der Empfang kurz gehalten.
Balin und Fili traten als erstes vor Thorin, mit ernsten Gesichtsausdrücken und verneigten sich vor ihm. Es war formeller, als Hermine die beiden je gesehen hatte und als sie beim Erheben laut vernehmlich "Willkommen zurück, mein König" sagten, wechselte sie einen fragenden Blick mit Bilbo, der auch nur mit den Schultern zucken konnte. Die Gebräuche der Zwerge waren ihm schließlich ebenso fremd wie ihr. Da außer ihnen jedoch niemand das Verhalten seltsam zu finden schien, sondern alle Zwerge zufrieden mit der Aussage schienen und Thorin den beiden mit erstem Gesicht zunickte, ehe er grinste und ihnen auf die Schultern klopfte, verschoben sie die Frage auf eine günstigere Gelegenheit. Von Bofur sollten sie später erfahren, dass es sich um die traditionelle Begrüßung eines abwesenden Regenten durch seinen Stellvertreter handelte, durch die jener zeigte, dass er die Herrschaft bereitwillig wieder ihrem rechtmäßigen Inhaber übergab.
Danach dauerte es nur so lange, wie Bombur brauchte, um genug Essen für sie alle zusammen zu sammeln, ehe die Gruppe sich unter Balins Führung, mit Decken ausgestattet, auf den Weg zu ihren neuen Unterkünften machten. Weshalb sie nicht wieder die Räume nutzen, in denen sie sich zuvor eingerichtet hatten, wollte er ihnen nicht verraten, ebenso wenig wohin er sie brachte, aber Filis Grinsen verriet ihnen, dass es eine freudige Überraschung sein sollte. Nachdem sie einige Treppen hinaufgestiegen und durch mehrere Gänge gelaufen waren, die Hermine noch nicht kannte, verstand Thorin, wohin Balin sie führte.
"Ihr habt den Palast frei geräumt?", wollte er wissen, wobei sich seine Schritte beschleunigten. Als er bemerkte, dass Hermine ihm nicht ebenso schnell folgte, griff er nach ihrer Hand und zog sie mit. Die Ungeduld, die er ausstrahlte, war beinahe wie jener Eifer, mit dem er nach dem Arkenstein gesucht hatte, aber statt Dunkelheit strahlten seine Augen eine fast kindliche Freude aus.
Der Palast, so wurde die oberste Ebene des Zwergenreiches genannt, die nur über einen einzigen Zugang verfügte und in sich vollkommen geschlossen war, anders als die vielen Bereiche des Berges, in denen die Wege sich direkt neben Abgründen erstreckten, war der Teil des Berges in dem die Königsfamilie mit ihren engsten Vertrauten lebte. Sie hatten schon vor ihrer Reise durch das Portal angefangen, den Weg dorthin freizulegen, denn während das Tor zu klein für Smaug gewesen und die Felswand, in die es eingelassen war, anscheinend zu dick gewesen war, als dass die Mühe, die es den Drachen gekostet hätte, hindurch zu gelangen, es wert gewesen war, hatten seine Versuche doch große Schäden angerichtet und den Weg versperrt. Aber allem Anschein nach, denn Balin verneinte Thorins Frage nicht, sondern ließ ihn vorbei, hatten die Zwerge es in den letzten Tagen geschafft, einen Durchbruch zu erzielen.
Für Hermine sah der sogenannte Palast nicht anders aus als die anderen Teile des Bergreiches, denn bis auf den freien Platz und reich verzierte, wenn auch sehr mitgenommen aussehende Fassaden konnte man nicht viel von dem Gebäude erkennen. Wie so viele im Berg war es auf fünf Seiten komplett vom Gestein umgeben.
Auch von innen sah es nicht sonderlich beeindruckend aus, obwohl sie gerade von Zwergen, die von wertvollen Metallen und Edelsteinen so besessen waren, übermäßigen Prunk erwartet hatte. Stattdessen war es düster und grau, und wie nach so vielen Jahren zu erwarten staubig und von Ungeziefer behaust. Nachdem sie jedoch auf die erste geschlossene Tür stießen und Thorin einen silbrig glänzenden Abdruck dort hinterließ, wo er die Tür angefasst hatte, um sie zu öffnen, wurde Hermine bewusst, dass sich der Eindruck nach vielen Stunden des Putzens wohl wandeln würde. Es war schlicht zu dreckig, um sich ein auch nur ansatzweise korrektes Bild der Umgebung zu machen. Schließlich bremste Balin Thorin.
"Denkst du nicht, es ist an der Zeit, dass wir uns trennen?", wollte er mit großväterlichem Lächeln von seinem jungen Freund wissen. "Dwalin und ich würden gerne nach unseren Heimen sehen und können unterwegs den anderen zeigen, wo sie schlafen können", fuhr er fort, als Thorin nicht zu verstehen schien, sondern stattdessen den Gang hinunter sah, dem er hatte folgen wollen, ehe er aufgehalten worden war. Nun jedoch verstand er und neigte dankend den Kopf.
"Natürlich. Ich habe nicht nachgedacht. Kili, Fili.." Thorin zögerte für einen Moment, in dem sein Blick von Hermine zu Bilbo schweifte, dann seufzte er lautlos und nur von Hermine bemerkt, da sie ihm so nahe stand, dass sie es fühlen konnte. "Bilbo, folgt mir. Alle anderen, geht mit Balin, er kennt sich vermutlich noch immer besser hier aus als ich es tue." Es wäre kein Wunder, hatte der alte Zwerg doch länger im Erebor gelebt als Thorin. Nur mit seiner Familie und dem Hobbit setzte Thorin so seinen Weg zu den Gemächern der königlichen Familie fort. Dort wies er die drei an, sich in Ruhe umzusehen und Räume zu finden, in denen sie die Nacht verbringen wollten.
Nachdem auch ihre letzten drei Begleiter sich von ihnen getrennt hatten, um Schlafräume in dem Bereich des Berges zu finden, von dem Hermine in Zukunft als ihr Zuhause denken würde, verlangsamten Thorins Schritte sich. Mit einem Arm zog er Hermine dichter an seine Seite und sah sie an, mit einem Lächeln, das ihr Herz stolpern ließ.
"Thorin, ich..." Aber sie kam nicht dazu, etwas zu sagen, zu schnell hatten sie ihr Ziel in Form einer Doppeltür erreicht, die Thorin feierlich öffnete. Der Anblick brachte Hermine zum Lachen und auch wenn Thorin für einen Moment die Stirn runzelte und gar unzufrieden mit ihrer Reaktion aussah, musste er nach einem Blick in den Raum hinein erkennen, dass sie nicht ganz Unrecht hatte. Der für ihn triumphale Moment der Rückkehr nicht nur in den Berg sondern speziell zu diesem Ort wurden durch den Anblick desselben stark gedämpft, denn natürlich sah es auch hier nicht besser aus als überall anders auf ihrem Weg.
Einige Zaubersprüche später sah es schon ganz anders aus, zwar noch immer herunter gekommen, aber ohne das Risiko, bei jeder Bewegung eine Staubwolke aufzuwirbeln. Ihre Freunde taten Hermine zwar Leid, weil sie ihre Räume auf herkömmliche Weise säubern mussten, wenn sie nicht von Husten oder Niesen geplagt werden wollten, aber daran konnte sie jetzt nichts ändern. Nach alldem, was geschehen war, war sie einfach zu erschöpft, um ihnen ihre Hilfe anzubieten. So protestierte sie auch nicht, als Thorin seinen Arm wieder um sie legte und sie zu einem von ihm bereiteten Lager aus Decken und Fellen führte.
Dort nahm er ihr ihren Umhang ab und half ihr aus Bluse und Hose, ehe er sich selbst bis auf sein Hemd entkleidete. Eine Decke mit sich ziehend ließ er sich neben ihr nieder, woraufhin sie sich wortlos an ihn schmiegte. Der starke Arm, der sich daraufhin um sie legte und festhielt sorgte dafür, dass sie endlich, jetzt da sie alleine waren, nicht mehr unter den Augen der anderen Zwerge, erzitterte und aufschluchzte. Sie wollte diese Entscheidung treffen und sie wusste, dass es die richtige Entscheidung war, dass es sie glücklich machen würde, aber die Endgültigkeit, der Verlust ihrer Freunde, waren nicht so leicht zu verkraften, wie sie bisher versucht hatte, sich und den anderen weiszumachen.
Und Thorin hielt sie fest, strich über ihren Rücken und ihre Haare, um ihr zu zeigen, dass er für sie da war, dass es in Ordnung war. Er urteilte nicht über sie, sondern nahm das Geschenk des Vertrauens an, dass sie ihm damit machte, dass sie sich in seiner Gegenwart schwach zeigen konnte. Das Feuer im Nebenraum brannte noch, als sie verstummte und erschlaffte, vom Schlaf übermannt, noch mit Spuren der Tränen im Gesicht, aber auch einem Lächeln auf den Lippen. Sie war zuhause. Und der Zwergenkönig wachte über seine Hexe, wie er es noch viele Jahre tun würde, wenn sie von Heimweh übermannt werden sollte.
DU LIEST GERADE
The Story of a Witch in Middle Earth
FanfictionWas passiert, wenn Hermine während der Suche nach den Horkruxen durch Zusammenspiel mehrerer Zauber in das Auenland transportiert wird, direkt vor die Gemeinschaft um Thorin Eichenschild? Und wie wird Harry mit seiner neuen Situation umgehen?