Kapitel 20

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Als Hermine am nächsten Morgen erwachte, schlief Thorin noch, etwas, das nur das eine Mal vorgekommen war, als er in Bruchtal auf dem Stuhl neben ihrem Bett geschlafen hatte. Sie lächelte leicht, während sie sich so gut umsah, wie es möglich war, ohne sich aus Thorins Armen zu befreien, da sie ihn zum einen nicht wecken und zum anderen seine Nähe noch länger genießen wollte. Einige der Zwerge waren schon wach und auch Bilbo und Gandalf saßen schon am Tisch. Essen wurde allerdings noch nichts zubereitet, weshalb Hermine darauf schloss, dass auch sie erst vor kurzem erwacht waren und die Restmüdigkeit größer war als der Hunger. Sie begegnete Balins Blick, der ihr zum Gruß zunickte, aber niemanden darauf aufmerksam machte, dass sie ebenfalls wach war. Glücklich ließ sie den Kopf wieder sinken. Die Reise ging gut voran, die Zwerge akzeptierten inzwischen sowohl sie als auch Bilbo und sie mussten nur noch den Düsterwald durchqueren und den Drachen besiegen. Außerdem musste sie Thorins Leben und zuvor seinen Verstand retten, und dann war da noch die Frage, wie sie nach England zurückkehren könnte. Sie hatten also wirklich kaum noch etwas vor sich, bevor sie ihr Happy-End erreichen konnten. Wenn sie die Wahl hätte, wenn es irgendwie möglich wäre, würde sie gerne nach England zurückkehren, würde Harry helfen, Voldemort zu besiegen, sich vergewissern, dass es ihren Eltern und ihren Freunden gut ging und würde sich dann verabschieden, nach Mittelerde zurückkehren und ihr Leben mit Thorin teilen. Momentan sah es nicht einmal so aus, als ob sie irgendeine Wahl hätte, aber noch hatte sie die Hoffnung nicht aufgegeben.


Diese Gedanken verflogen, als Thorins Griff um ihre Taille fester wurde und er sie auf eine Weise an sich drückte, die ihr das Blut in die Wangen trieb, auch wenn sie nicht leugnen konnte, dass es ein aufregendes Gefühl war. Als seine Hände jedoch begannen, über ihren Körper zu wandern, beschloss sie ihn zu wecken, wenn auch mit ein klein wenig Bedauern. Aber er war nicht wirklich wach, sie wusste nicht einmal, ob er gerade von ihr träumte, und zudem gab es eine ganz wichtige Sache, die ihr fehlte: Privatsphäre. Im Beisein der anderen so dicht neben ihm zu liegen, hatte schon einer gewissen Überwindung bedurft, doch alles andere hatte wirklich niemanden zu interessieren. Sie drückte Thorin so gut es ging von sich.

"Thorin? Wach auf", sagte sie erst leise, dann etwas lauter, als keine Reaktion erfolgte. Damit erreichte sie ihn und während er die Augen öffnete und sich seiner Umgebung wieder bewusst wurde, nutze Hermine die Gelegenheit. Schnell lehnte sie sich über Thorin, schloss die Augen und presste ihre Lippen auf seine. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Kuss werden, so wie die, die er ihr ständig stahl, doch sie hatte die Rechnung ohne Thorin gemacht. Sobald ihre Lippen seine berührten war er schlagartig wach und sein Griff, der sich bei seinem Erwachen gelockert hatte, wurde wieder fester. Er hielt sie an sich gedrückt, während der Kuss sich verselbstständigte und fordernder wurde, bis Hermine sich los riss und atemlos auf ihn hinab sah. Er lächelte verschmitzt, wodurch die Verwandtschaft zu Kili und Fili plötzlich viel deutlicher wurde, und wandte sich errötend ab und stand auf, wobei sie ihn in ihrer Eile beinahe getreten hatte. Ein kurzer Blick in den Raum zeigte, dass entweder niemand die Situation bemerkt hatte, oder aber die Zwerge Thorin das Leben nicht dadurch erschweren wollten, indem sie ihr Unbehagen bereiteten.

Wenig später saßen sie alle versammelt am Tisch, auf dem sich große Laibe von kräftigem Brot neben großen Käseblöcken und Holzfässern mit Honig reihten. Auch Obst und Gemüse standen zur Verfügung und Krüge mit frischer Milch sollten alles ihre Kehlen hinab spülen. Während des Essens begannen sie, über den weiteren Weg zu reden und zu verhandeln, wie viel Hilfe Beorn ihnen zukommen lassen konnte und wollte, und auch, was für eine Gegenleistung er erwarten würde.

"Gandalf sagte mir, ihr wärt fest entschlossen, den Düsterwald zu durchqueren, anstatt ihn zum unrunden. Wenn das tatsächlich euer Plan ist, solltet ihr sicher gehen, dass ihr genug Vorräte habt und euch das Wasser nicht ausgeht. Die Bäche im Wald sind gefährlich und die Elben sehen es nicht gern, wenn Fremde dort jagen. Mit dem, was ihr hier seht, kann ich eure Vorräte aufstocken, mit dem Floß kann ich euch über den Anduin bringen und euch Ponys leihen, die euch bis zur Alten Waldstraße bringen. Allerdings.." Seine Ausführungen wurden von Gloin unterbrochen, der für die Finanzen der Reise zuständig war und jegliche Ausgaben als unnötig betrachtete.

The Story of a Witch in Middle EarthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt