Diese Nacht sollte nicht so entspannt und ruhig werden, wie es bisher immer der Fall gewesen war - ein Umstand, den Hermine zumindest zum Teil ihrer Hilfe zusprach, da sie sich nicht vorstellen konnte, dass sie ansonsten Nacht um Nacht so ungestört geblieben wären.
Es begann damit, dass Thorin erwachte, weil etwas gegen sein Bein stieß. Er öffnete die Augen und sah den Hobbit vor sich stehen und auf den wilden Lockenschopf in seinen Armen hinunter blicken. Thorin sprach ihn nicht an oder machte anderweitig auf sich aufmerksam, denn er hatte das Gefühl, dass Bilbo gar nicht gemerkt hatte, dass er die Augen geöffnet hatte. Das leise "Ich habe es wirklich versucht, Hermine" bestätigte seine Annahme.
Sein Blick folgte dem Hobbit, der den Slalom durch das Lager geschickt hinter sich brachte, ohne einen der anderen Zwerge zu wecken und fast den Ausgang der Höhle erreichte, wo er von Bofur aufgehalten wurde.
"Du willst uns doch nicht verlassen, Bilbo?", wollte der sonst so fröhliche Zwerg mit ernster Stimme wissen. "Du darfst dir Thorins Worte nicht so zu Herzen nehmen. Wir sind Zwerge, unser Umgangston ist immer etwas rauer", versuchte er, den Hobbit von seinem Vorhaben abzuhalten. Selbst wenn er gewollt hätte, dass Bilbo sie verlässt, würde er doch nicht wollen, dass er starb. Das aber erschien ihm beinahe unvermeidlich, wenn er jetzt alleine den Rückweg antreten würde.
Bilbo schüttelte den Kopf und versuchte, sich an Bofur vorbei zu schieben, der ihm effektiv den Weg versperrte. "Das mag sein, aber ihr wisst, dass ich keiner von euch bin. Und es ist schließlich nicht das erste Mal. Ich bin es Leid, dass ihr auf mir herum trampelt, nur weil ich die Gemütlichkeit meiner Höhle dem Leben in der Wildnis vorziehe. Aber wie solltet ihr das auch verstehen?" Die für den Hobbit unerwartet kalten Worte brachten Bofur zum Schweigen. "Ihr seid daran gewöhnt, denn ihr habt kein Zuhause!"
Es schmerzte den Zwerg, diese Worte zu hören. Sie hatten sich in den Blauen Bergen eine neue Heimat aufgebaut, aber selbst für die, die den Erebor nie kennen gelernt hatten, war es nur ein Ersatz. Die Geschichten über den Einsamen Berg verbitterten sogar die jungen Zwerge, die in den Blauen Bergen geboren worden waren und dort eigentlich hätten glücklich sein müssen. Aber es sollte nicht sein, denn die älteren Zwerge wollten nicht zulassen, dass die Erinnerung verblasste und mit ihnen starb. Sie alle hegten die Hoffnung, dass die Reise Thorins erfolgreich sein würde, selbst wenn sie zu feige waren, sich ihr anzuschließen. Aber sein "Das stimmt, wir haben kein Zuhause" überschnitt sich mit den reumütigen Worten des Hobbits.
"Entschuldige. Das hätte ich nicht sagen sollen." Er sah zerknirscht aus, die Zwerge brachten ihn dazu die Fassung zu verlieren und Dinge zu sagen, die ein wohlerzogener Hobbit nicht sagen sollte. Dazu, erneut um Durchlass zu bitten kam er jedoch nicht, denn Bofur zuckte plötzlich zusammen und deutete auf Bilbos Waffe.
"Sie haben uns gefunden!" Thorin war wenig beunruhigt, da er Hermines magischen Bann um das Lager schon einmal hatte wirken sehen, sondern dachte über die Worte Bilbos nach, während Bofur versuchte, die anderen Zwerge zu wecken. Tat es ihm Leid, wie er mit dem Halbling umgesprungen war? Vielleicht, ein klein wenig. Aber das änderte nichts daran, dass ihm das Leben seiner Gefährten und Hermines wichtiger war und alles, was den Halbling davon abhalten würde, sie zu gefährden, seinen Zweck erfüllte.
Aber dann ging alles ganz schnell, der Sand begann durch Risse im Boden zu rieseln und plötzlich waren es keine Risse mehr sondern ein Loch, das sich unter ihnen auftat. Sie stürzten und jene unter ihnen, die schon wach genug waren, um zu erkennen, wie tief ihr Fall war, begannen zu schreien. In dem herrschenden Chaos war Thorin, Hermine noch immer fest haltend, der einzige, der ihre seltsamen Worte der Magie hörte und verstand, dass sie es ihr zu verdanken hatten, dass der Boden unnatürlich weich war und niemand sich etwas brach.
Noch bevor sie den Schreck überwunden hatten, begann Gloin auch schon wieder zu schimpfen: "Ich dachte, die Hexe hätte gesagt, ihr Gefuchtel mit dem Stück Holz würde uns beschützen!"
Hermine rappelte sich hoch und schob Thorin von sich, um sich Gloin zuzuwenden. "Es beschützt unser Lager davor, bemerkt zu werden. Ihr alle wart der Meinung, die Goblins würden uns so weit oben in den Bergen nicht bemerken, aber so wie es aussieht waren sie darauf vorbereitet und haben die Höhlen zu Fallen umgebaut. Also sag mir, wo es mein Fehler ist, dass wir auf eben einer solche Falle gerastet haben! Und falls es dir nicht aufgefallen ist, hättest du dir bei dem Sturz vermutlich einige Knochen, oder gar das Genick gebrochen, wenn ich es nicht verhindert hätte. Und ich beginne jetzt schon es zu bereuen, also halt einfach den Mund!" Sie war wirklich, wirklich wütend und die anderen Zwerge warfen sich beunruhigte, aber auch gleichzeitig bewundernde Blicke zu. Sich nichts gefallen zu lassen war eine Eigenschaft, die ein Zwerg schon in der Kindheit erlernte, und die sie auch bei anderen Völkern respektierten, selbst wenn es oftmals gegen sie gerichtet und dadurch hinderlich war.
Kili und Fili grinsten ihren Onkel an und klopften ihm auf die Schulter: "Das wird ein Spaß, wenn sie bei uns im Erebor bleibt." Die beiden hatten entschieden, dass sie ein deutlich schlechteres Los ziehen könnten als Hermine zur Tante zu haben, und hofften insgeheim, dass Thorin das ebenfalls erkennen würde. Sie entgingen der Rüge für ihr freches Verhalten jedoch, da in dem Moment eine große Gruppe Goblins den einzigen Weg hinauf gerannt kam, der von ihrem Landeplatz wegführte.
Die Horde war so desorganisiert und nahm keinerlei Rücksicht auf ihre Mitglieder, dass mehrfach die Schreie eines Goblins erklangen, der in dem Chaos vom Weg herunter geschubst worden war und in den tiefen Abgrund fiel. Keinen der anderen Goblins schien das zu interessieren, was Hermine sehr deutlich machte, um was für Kreaturen es sich bei den Goblins handelte. Wenn das die Freunde waren, die man hatte, brauchte man wahrlich keine Feinde mehr.
Die Zwerge versuchten zwar, sich gegen die Goblins zur Wehr zu setzen, wurden aber von der schieren Anzahl überwältigt und durch den geringen Platz davon abgehalten, mit ihren Waffen zuschlagen zu können ohne zu riskieren, einen der ihren zu verletzten oder über die Kante zu werfen. Und da es auch keinen anderen Weg gab als den, der von den Goblins versperrt wurde, blieb ihnen nicht viel anderes übrig als sich zu ergeben und wegführen zu lassen. Bilbo war der einzige, der in dem Getümmel seine Chance erkannte und sich fallen ließ, so dass die Goblins einfach über ihn hinweg marschierten. Niemand verriet sein Verschwinden und da Hermine wusste, was nun auf ihn zukommen würde, nahm sie sich fest vor, die Höhlen nicht ohne ihn zu verlassen, sondern ihn zu suchen, falls er nicht vor Erreichen des Ausgangs zu ihnen gestoßen sein sollte. Um dies zu erleichtern belegte sie ihn mit einem Zauber, der ähnlich einem Peilsender funktionierte. Ursprünglich war er für kleine Kinder gedacht, damit Eltern sie wieder finden würden, wenn sie weg liefen, aber sie hatte ihn gelernt für den Fall, dass das Goldene Trio bei einem Überfall getrennt werden würde.
Die Sorge und Anspannung in der Gruppe war fast greifbar, während sie über schmale Brücken geführt wurden. Der Frust der Zwerge über ihre Unfähigkeit, sich zur Wehr zu setzen, wurde mit jedem Meter größer, den sie sich dem riesigen Goblin näherten, der anscheinend ihr Ziel darstellte. Keine gute Ausgangssituation, befand Hermine, da sie durch ihre Freundschaft zu Ron und Harry gelernt hatte, wie die Achtsamkeit von frustrierten Jungs ins Bodenlose sank. Die Zwerge mochten zwar deutlich älter und erfahrener sein, aber dem nach, wie sie sich die meiste Zeit über benahmen, lag es nahe, ihnen eine ähnliche Unfähigkeit zu einem kühlen Kopf zuzusagen.
Als sie den Goblinkönig erreichten und dieser begann sein Lied zu singen, wusste Hermine nicht, ob sie lachen oder sich übergeben sollte. Der bloße Anblick des Königs wäre genug gewesen, um ihr übel werden zu lassen, aber der Inhalt des Liedes, das ihnen Folter und Tod versprach, hätte ihr den Rest gegeben, wäre es nicht zugleich auch auf makabre Weise lustig, wie schlecht und mit welcher Inbrunst der große Goblin sang. Von ihr unbemerkt hatten die Zwerge sich vor Thorin und damit auch sie geschoben, um ihren Prinzen so gut es ging vor den Blicken des Goblins zu verbergen. Sie waren mit ihrer Meinung weniger zurückhaltend als sie und sie hoffte nur, dass der Goblin genauso wenig Khuzdul verstand wie sie, denn sie wollte überhaupt nicht wissen, was die Bedeutung der gemurmelten Worte war.
Es spielte jedoch keine Rolle, denn sobald der Goblin sein Lied beendet hatte, hatten sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit - zum Leidwesen der Goblins, auf die er trat, als er sich ihnen näherte. "Zwerge? Was will eine Bande stinkender Zwerge in meinem Gebirge?", wollte er von ihnen wissen, wobei unklar war, ob er tatsächlich eine Antwort wollte oder es ihm mehr um die Beleidigung ging, die umso schwerer wiegte, wenn man bedachte, von wem sie kam. "Es ist nicht nett, bewaffnet in das Heim anderer einzudringen und sich nicht anzukündigen." Er schüttelte den Kopf, als würde er mit einem ungezogenen Kind sprechen. Hermine wusste nicht, was sie von seinem Verhalten denken sollte, da er sie eher an ein Kind erinnerte, wenn auch ein großes und sehr wahrscheinliche grausames. Da die Zwerge sich von ihm jedoch nicht täuschen ließen, blieb auch sie wachsam. Viel brachte es ihnen nicht, denn der Goblin wandte sich an seine Untertanen. "Entwaffnet sie und durchsucht sie gut."
Noch immer hatten sie sich nicht zur Wehr gesetzt und auch wenn Hermine es verstanden hatte, als unklar war, was mit ihnen geschehen würde, war es ihr ein Rätsel, wie die Zwerge so ruhig bleiben konnten. Ohne ihre Waffen würde es so gut wie unmöglich werden, aus dieser Situation zu entkommen, und wenn sie nicht entkamen, war ihnen der Tod sicher. Sollte das nicht ausreichende Motivation sein, um etwas zu riskieren? Ihrer Meinung nach schon. Einer nach dem anderen wurden die Zwerge entwaffnet und überraschend sorgfältig nach versteckten Waffen abgesucht. Sie konnte nur annehmen, dass ihnen schon einmal eine Waffe entgangen und der König höchst unerfreut gewesen war, so dass ein solches Vorkommnis vermieden werden sollte. Sie musste etwas tun, bevor sie vollkommen wehrlos werden würden.
"Thorin", flüsterte Hermine eindringlich, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Gleichzeitig stieß sie Fili unsanft in die Rippen. "Sag den anderen, dass sie etwas machen sollen, um die Goblins abzulenken. Egal was."
Fili nickte, er wusste zwar nicht, was sie vor hatte, aber bisher hatte Hermine immer nur Sachen gemacht, die ihnen geholfen oder sie sogar gerettet hatten. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um das in Frage zu stellen. In Khuzdul gab er den Auftrag weiter und schon ergriff Bofur das Wort, um dem Anschein nach zu versuchen, mit dem Goblinkönig verhandeln zu wollen, während Nori sich mit dem Goblin, der ihn gerade durchsuchte, darum stritt, ob ein besonders schön verzierter Dolch, den der Zwerg mit Sicherheit irgendwo gestohlen hatte, wirklich als Waffe zählte.
Dann erst wandte sie sich wieder an Thorin, der derweil das Geschehen interessiert beobachtet und auf ihre Erklärung gewartet hatte. "Ich habe einen Plan, aber..." Er war riskant und möglicherweise würde sie die Freiheit der Zwerge mit ihrem Leben bezahlen. "Falls es schief geht, versprich mir, dass du an meiner Stelle auf Bilbo acht geben wirst." Sie wartete gar nicht ab um seine Reaktion zu sehen, sondern fuhr sogleich fort. "Und schwöre mir, dass du ihn nicht alleine zurück schicken wirst oder ihn dazu treiben wirst, von sich aus umzukehren." Sie musste sicher sein, dass der Hobbit unbeschadet nach Hause zurück kehren würde, ganz gleich wie und wann - eine Eskorte würde die Reise zumindest sicherer machen, als sie es für ihn alleine wäre.
Thorin sah sie für einen Moment an, dann nickte er mit verbissenem Gesichtsausdruck. "Ich verspreche es." Es gefiel ihm nicht, ganz und gar nicht, insbesondere nachdem er dem Halbling gerade erste gesagt hatte, dass er nicht auf ihn Acht geben würde, aber es hatte keinen Sinn, sie wie eine der Menschfrauen Mittelerdes zu behandelt. Ob es an dem Krieg lag, der in ihrer Welt herrschte oder an ihrer Welt an sich, ihre Einstellung entsprach viel mehr der einer Zwergenfrau als der eines Menschen - und kein noch so gefeierter Krieger würde es wagen, einer Zwergenfrau die Teilnahme an einem Kampf zu verweigern. Es war ihr Recht, ebenso wie die Männer ihr Leben für eine Sache einzusetzen und sie daran zu hindern käme einer Beleidigung gleich. Er würde es Hermine nicht verwehren, zumal sie die einzige war, die einen Plan hatte, um dieser Situation zu entkommen. Und da er die Möglichkeit, dass sie nicht überlebte, nach ihrem heimlichen Geständnis nicht einmal in Betracht ziehen wollte, war das Versprechen kein zu großes Opfer - er würde es schließlich nicht einlösen müssen.
Sie hoffte, dass sie seinem Wort glauben konnte, denn was sie plante, hing von ihrer Geschwindigkeit ab. Dass sie die nötige Präzision hatte, wusste sie, auch die nötige Konzentration, aber Schnelligkeit war in der DA nicht gerade ihre Stärke gewesen. Sie war sich daher nicht halb so sicher wie Thorin, dass sie es unbeschadet überstehen würde. Natürlich kam es auch darauf an, wie die Goblins reagieren würden, ein Gedanke, der ihr wiederum Hoffnung machte. "Macht euch bereit, die Waffen wieder an euch zu nehmen und lauft, kämpft, was auch immer, aber setzt euch in Bewegung. Du wirst wissen, wann." Es würde nicht zu übersehen sein.
Ohne auf ein Zeichen seines Verstehens zu warten, apparierte Hermine. Sie hatte jedoch nicht daran gedacht, dass die Zwerge ebenso erstaunt sein würden wie die Goblins, vor denen sie wieder auftauchte. Genauer gesagt erschien sie genau hinter dem Goblinkönig und hätte sie Zeit gehabt tief Luft zu holen, hätte sie es bereut. Dass ein solcher Gestank von einen lebendigen Wesen ausgehen konnte, war wirklich beachtlich, zumal sie nach ihrer Bekanntschaft mit Trollen eigentlich gedacht hatte, es ginge nicht mehr schlimmer. Aber diese Zeit hatte sie nicht.
Sie wirbelte zu den Goblins herum, die hinter ihr in Schreckstarre verfallen waren und es noch nicht geschafft hatten, den König auf sie aufmerksam zu machen oder sich auf sie zu stürzen. Ersteres war auch gar nicht mehr nötig. "Bombarda!"
Sie wartete nicht ab, bis der Zauber sein Ziel erreichte, sondern drehte sich sofort zum Goblinkönig zurück, der durch ihren Aufruf aufgeschreckt war und sich erstaunlich schnell um wandte. "Sectusempra." Sie hätte nie gedacht, Snape noch einmal dankbar zu sein, nachdem er Professor Dumbledore getötet hatte, aber diesen Zauber auf den Goblin zu richten, verursachte ihr Genugtuung, die nur jemand verstehen konnte, der schon einmal um sein Leben hatte kämpfen müssen. Felssplitter prallten auf ihren Rücken, als das Blut des Goblins auf sie herab spritze und mit einem Lächeln, dass sie selbst erschreckt hätte, apparierte Hermine zurück zu den Zwergen, damit sie gemeinsam fliehen konnten.
Aber die Zwerge starrten die junge Frau nur entgeistert an, die sich gerade allein den Goblins entgegen gestellt hatte und dabei das Ausmaß ihrer Fähigkeiten neu definiert hatte. "Verdammt nochmal, nehmt eure Waffen und lauft!", schrie sie, denn weder wusste sie, ob sie den Goblinkönig tödlich verwundet hatte, noch war klar, wie die Goblins auf seinen möglichen Tod reagieren würden. Feige fliehen, die für sie beste Reaktion, erbittert kämpfen, oder in Panik verfallen, was durch seine Unberechenbarkeit die schlimmste Möglichkeit war.
Immerhin schienen ihre Worte Wirkung zu zeigen. Bofur und Dori hatten sich über den Stapel Waffen gebeugt und warfen jedem Zwerg sein Eigentum zu, dass diese sogleich dazu nutzen, um den umstehenden Goblins die Köpfe einzuschlagen. Dies brachte aber auch in die Goblins wieder Bewegung, die sich nicht einig waren, wie das weitere Vorgehen aussehen sollte; ein Teil von ihnen floh kreischend, während die bleibenden den Kampf aufnahmen.
Genau diesen Moment nutze Gandalf für sein Erscheinen. Mit einem Lichtblitz stiftete er weitere Verwirrung und endlich waren alle wieder im Besitz ihrer Waffen und setzen sich in Bewegung. Hermine überließ es den Zwergen, den Weg frei zu räumen, wobei sie recht übermütig vorgingen und ihrem Hass auf alles orkische Luft machten. Goblins wurden enthauptet, erschlagen, erstochen oder einfach in die tiefen Schluchten gestoßen. Hermine selbst hielt sowohl Schwert als auch Zauberstab in den Händen, bildete aber mit Gandalf das Schlusslicht der Gruppe und hielt sich zurück, während er sich um die einzelnen Goblins kümmerte, die den Ansturm der Zwerge überlebt hatten. Stattdessen blieb sie jedes Mal stehen, nachdem sie eine der Holzbrücken überquert hatten, die die Wege verbanden und entzündete sie mit einem "Incendio". Nach und nach wurde den Goblins damit jede Möglichkeit genommen, ihnen weiterhin zu folgen.
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Nachdem der letzte Goblin gefallen war, rannten sie noch weitere drei Gänge entlang, ehe sie langsamer wurden. Gandalf und Hermine schlossen zu Thorin auf, der gemeinsam mit Dwalin die Gruppe anführte.
"Ihr kommt spät, Zauberer", war die Begrüßung des Zwergenkriegers, der damit Thorin zuvor kam, den Zauberer zu verspotten, der immer erst erschien, nachdem Hermine sie gerettet hatte. "Ist unser Verschwinden so lange unbemerkt geblieben?" Zu Pferd hätte er sie deutlich früher einholen müssen, selbst wenn erst am nächsten Tag aufgefallen wäre, dass sie nicht mehr in Bruchtal waren - und spätestens zu den Mahlzeiten wäre diese Erkenntnis unumgänglich gewesen.
"Ich hätte euch nicht für so starrsinnig gehalten, ohne die Entschlüsselung der Mondrunen loszuziehen", wollte Gandalf mit einer Schimpftirade beginnen. Weit kam er damit jedoch nicht, denn Hermine hatte genug von alten weisen Zauberern, die den Leuten, mit denen sie zusammen arbeiteten, nichts zutrauten.
"Die Informationen von Lord Elrond waren vollkommen ausreichend, um den Rest selbst zu machen. Eine Karte gegen das Mondlicht zu halten ist keine große Kunst und bedarf keiner besonderen Fähigkeiten!" Von Thorin und Dwalin erntete sie amüsierte, zufriedene Blicke, Gandalf hingegen brummte empört.
Der Istari musste sich selbst gegenüber zugeben, dass er zu sehr daran gewöhnt war, derjenige zu sein, auf den alle hörten und angewiesen waren. Er war alt und mächtig, aber die junge Frau aus einer anderen Welt erschien ihm fast ebenbürtig. Ihre Magie war anders und nicht so elementar und unbegrenzt wie seine, aber sie schien für jede Situation einen geeigneten Zauber zu haben, ein Konzept, dass ihm unbekannt war. Zauber. Die Istari hatten Macht und taten einfach, Worten dienten nur dazu, diese Macht zu formen und zu konzentrieren, setzten ihr aber keine Grenzen.
Und obwohl sie Respekt vor ihm zu haben schien, hatte sie auch keinerlei Hemmungen, ihn auf Verfehlungen hinzuweisen, was nur wenige jemals gewagt hatten. Er konnte schließlich nicht ahnen, dass es sechs Jahre gebraucht hatte, bis Hermine begann sich einzugestehen, dass auch Autoritätspersonen Fehler machten - nicht zuletzt weil eine solche sich als Mörder herausgestellt hatte. "Ich verstehe", gab er sich geschlagen, da er gegen ihre Worte wirklich nur wenig hätte einwenden können. "Dann wisst ihr inzwischen, wie der Hinweis auf der Karte lautet?"
Er erhielt zustimmendes Nicken als Antwort und die Gesichter der Zwerge hellten sich angesichts der Erinnerung an diesen Erfolg auf. Hermine aber unterbrach sie, noch bevor Thorin den Wortlaut der Karte erneut wiedergeben konnte. "Hebt euch die Freude für später auf. Ich weiß, dass euch allen nichts an Bilbo liegt, aber dass keiner von euch nach ihm gefragt hat, gibt mir doch sehr zu denken." Jetzt, da sie den Goblins anscheinend wirklich entkommen waren, war der beste Zeitpunkt, um den Hobbit zu suchen, der wer weiß wo saß und vermutlich gerade mit Gollum Rätselraten spielte. Hatten sie das Gebirge erst verlassen, würde es umso schwerer werden, die Zwerge davon zu überzeugen, Bilbo zu suchen, den sie seinen Weg nicht alleine finden lassen wollte. Zu unklar war, was durch ihre Einmischung geschehen war, vielleicht benutzten die Goblins nun andere Wege, da sie einen Teil zerstört hatte, und würden dadurch auf den Hobbit stoßen. Vielleicht waren sie nicht einmal in die gleiche Falle getappt sondern in eine andere, und Bilbo war Gollum nicht begegnet, dann würden sie diesem den Ring abnehmen müssen, um die Geschichte in die richtigen Bahnen zu lenken. Aber von den Zwergen war wohl trotzdem keine Hilfe zu erwarten.
"Warum sollte es uns kümmern, wohin der Halbling verschwunden ist?" Thorin nutze es aus, dass er ihr nur zugesagt hatte, Bilbo seine Meinung nicht offen mitzuteilen, und daher in seiner Abwesenheit so verletzend sein konnte, wie er wollte. Ihr enttäuschter Blick traf ihn zwar, aber sie würde lernen müssen, dass er sich nicht vorschreiben ließ, was er zu denken hatte. "Immerhin hat er sich schnell aus dem Staub gemacht, als wir von den Goblins überwältigt wurden, bestimmt ist er schon auf dem Weg zurück zu den Elben, ganz so, wie er es geplant hatte." Diese Worte sorgten natürlich für Fragen, denn außer Thorin hatten alle Zwerge die Unterhaltung zwischen Bofur und Bilbo verschlafen. Keiner von ihnen hätte gedacht, dass der kleine Hobbit so weit gehen würde.
"Überrascht dich das etwa? Du hast ihm klipp und klar gesagt, dass dir egal ist, was mit ihm passiert, wenn wir in Gefahr geraten und wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass er gar nicht will, dass jemand sich gefährdet, um ihn zu beschützen. Also hat er das einzige getan, was ihm übrig bleibt: der Gefahr aus dem Weg gehen." Aber nach Thorins erster Ablehnung erwartete sie keine Hilfe mehr. Er war schließlich ein Zwerg und ein künftiger König noch dazu, er würde seine Meinung nicht ändern, und sei es nur, um vor seinen Begleitern nicht schwach zu wirken. "Macht was ihr wollt, ich werde ihn suchen gehen. Vielleicht seid ihr wenigstens so rücksichtsvoll auf uns zu warten."
Gandalf war in dem Trubel der Flucht noch gar nicht aufgefallen, dass einer der Gruppe fehlte und zählte erst einmal, ob denn alle anderen noch anwesend waren. Als er sich davon überzeugt hatte, was Dank des Stillstandes der Zwerge recht einfach war, sah er Hermine an. "Wie willst du Bilbo finden?" Er überlegte kurz, seine Hilfe bei der Suche anzubieten, beschloss jedoch, lieber bei den Zwergen zu bleiben und sicher zu stellen, dass sie tatsächlich warten würden - und die Zeit nutzen, um zu versuchen, mehr über Hermine zu erfahren, da er das Gefühl hatte, inzwischen derjenige mit den wenigsten Informationen zu sein.
Da der Rat noch nicht wusste, wie sie versuchen sollten, Hermine wieder zurück in ihre Welt zu bringen, war es umso wichtiger, möglichst viel über sie zu erfahren. Je länger sie hier blieb, umso größer würde ihr Einfluss auf Mittelerde sein, und ein solcher fremder Einfluss konnte verheerende Folgen haben.
"Wie immer, mit Magie natürlich", erwiderte sie lächelnd und fühlte sich an ihr erstes Schuljahr erinnert, als sie verzweifelt überlegt hatte, wie sie die Teufelsschlinge ohne ein Feuerzeug anzünden sollte. Inzwischen ging ihr die Nutzung von Magie in jeder Situation so leicht von der Hand wie einem Reinblüter, der mit ihr aufgewachsen war. Sie zog ihren Zauberstab und legte ihn auf ihre Hand. "Locus Bilbo." Der Zauberstab begann sich zu drehen und verharrte schließlich mit der Spitze schräg hinter sie zeigend. Nun musste sie nur noch einen Gang finden, der sie dorthin brachte, aber zuvor.. Sie richtete den Zauberstab auf Thorin und sprach "Signare Thorin", um ihn mit dem gleichen Zauber zu belegen. Es würde keinem von ihnen helfen, würde sie Bilbo finden, aber dafür die Gemeinschaft verlieren. Niemand fragte, denn nachdem sie gesehen hatten, wie sie plante, Bilbo zu finden, vermuteten sie zu Recht, was der Zauber bewirkte.
"Geht nicht zu weit weg, wartet irgendwo draußen vor dem Gebirge, ich will euch nicht suchen müssen!", rief sie noch, als sie sich schon umgedreht hatte und den Gang zurück lief, um nach einer Abzweigung zu suchen.
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The Story of a Witch in Middle Earth
FanficWas passiert, wenn Hermine während der Suche nach den Horkruxen durch Zusammenspiel mehrerer Zauber in das Auenland transportiert wird, direkt vor die Gemeinschaft um Thorin Eichenschild? Und wie wird Harry mit seiner neuen Situation umgehen?