Kapitel 10

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~ Elyanor ~ 

„Regelmäßiges zu spät kommen ist auch eine Art von Zuverlässigkeit", begrüßte mich Amelia, als ich mich an den Frühstückstisch setzte. Verschlafen rieb ich mir die Augen.

„Tut mir leid. Es ist spät geworden gestern." Ich setzte mich und nahm mir ein Brötchen.

„Ja, das kann ich mir vorstellen", sagte sie und grinste frech. „Seit wann duzt du dich eigentlich mit deinen Kandidaten?"

„Wie bitte? Was? Wen meinst du?" Ich bestrich mein Brötchen und sah zu Calder hinüber, der nur ahnungslos den Kopf schüttelte und sich wieder seinen Unterlagen widmete, die er nebenbei durchging.

„Na du und der Stallbursche", bekräftigte Amelia und sah mich gespannt an.

„Woher...?" Mir war bis jetzt nicht einmal aufgefallen, dass wir uns die ganze Zeit über geduzt hatten.

„Ich habe meine Augen und Ohren überall, Süße. Aber es ist doch schön, dass du endlich mal auf eine persönlichere Ebene herunterkommst. Sonst halten die dich vielleicht noch für hochnäsig."

„Seit wann machst du dir Gedanken darüber, was andere Menschen denken?"

Sie sah mich lange an. „Das ist mein Job, Elyanor."

„Das stimmt wohl." Ich nickte. „Und dafür bezahle ich dich zu gut, glaube ich."

„Willst du mir etwa das Gehalt kürzen?", fragte Amelia in gespielter Empörung. „Wenn das so ist, dann kündige ich."

„Ist das so?" Ich biss endlich in mein Brötchen und betrachtete sie dann. „Im Ernst, Amelia. Du musst aufhören, dich ständig einmischen zu wollen. Ich weiß ja, dass das alles aufregend ist und du nur das Beste für mich willst. Aber wenn du etwas wissen sollst, dann werde ich es dir erzählen, in Ordnung?"

„Ich will einfach nicht, dass du verletzt wirst. Du hast eine harte Schale, aber einen weichen Kern. Bei mir ist es genau anders herum. Pass einfach auf, dass dir niemand weh tut und lass dich nicht zu schnell auf die Leute ein. Versprich mir das und ich gebe dir mein Wort, dass ich mich zurückhalte, was dein Liebesleben anbelangt."

Ich nickte. „Abgemacht."

„Gut."

Ich aß schweigend mein Brötchen auf und wandte mich ihr dann noch einmal zu. „Amelia?"

„Hmm?", nuschelte sie mit vollem Mund.

„Woher hast du das gewusst? Das mit dem Duzen. Hast du uns die ganze Zeit beobachtet?"

Sie schüttelte den Kopf und aß dann hinunter. „Als die Sonne untergegangen ist, bin ich auf deinen Balkon gegangen, um es besser zu sehen, da habe ich zufällig ein paar Worte mitbekommen, aber ich habe mich dann schnell wieder verzogen. Ehrlich."


*  *  * 


„In der heutigen Sitzung geht es um die Zukunft Ikrisons", sagte Frederick geschäftig, während wir in die Kutsche einstiegen. Da wir heute später dran waren, als sonst, war ich gar nicht ins Arbeitszimmer, sondern gleich in die Eingangshalle geeilt, wo ich ihn getroffen hatte.

„Das Parlament will die Volksabstimmung in Ikrison für ungültig erklären lassen. Sie wollen, dass das Gebiet weiterhin zu Arvandor gehört."

Ich seufzte. „Warum arbeiten die eigentlich immer alle gegen mich? Wir sollten eigentlich am selben Strang ziehen."

„Diese Frage kann ich Ihnen leider auch nicht beantworten, Eure Hoheit." Er reichte mir die Mappe, die heute ziemlich dick aussah. „Ich habe wie immer einige Hintergrundinformationen herausgesucht, mit denen Sie sich vertraut machen können."

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