~ Elyanor ~
Die nächsten Wochen waren sehr anstrengend. Dashiell sah ich kaum, doch ich hatte ihn und seine Schwester das ein oder andere Mal durch das Fenster beobachten können, als sie gerade ausgeritten oder auf die Obstwiese hinausgegangen waren.
Seit meinem Gespräch mit Dashiell hatten wir uns nicht wirklich gesehen. Er wollte mir wohl meinen Freiraum geben, während ich meine Angelegenheiten regelte. Frederick war schwer zu ersetzen und so hatte ich noch keinen neuen Assistenten gefunden.
Eigentlich hätte den Posten Dashiell übernommen, doch irgendwo in meinem Inneren hatte ich Zweifel. Ich hatte einfach kein gutes Gefühl darin, ihm all die Aufgaben, sowohl die Verantwortung als auch die sensiblen Daten anzuvertrauen, mit denen ich täglich zu tun hatte.
Noch immer war ich mir noch nicht vollständig im Klaren darüber, ob ich ihm vollständig vertrauen konnte. Lucians Verhör hatte einige Zweifel in mir aufkommen lassen. Von ihm hatte ich einen Verrat ebenso wenig erwartet, wie ich ihn von Dashiell erwarten würde und das machte mir Sorgen.
Dabei rückte die Hochzeit mit jedem Tag näher und die Vorbereitungen waren schon längst nicht mehr zu übersehen. Der Palast strahlte förmlich, der große Saal war seit einer Woche gesperrt und wurde für den Empfang der Gäste vorbereitet.
Seufzend wandte ich meinen Blick von dem Fenster ab, hinter dem in der schwarzen Nacht sowieso nichts zu erkennen war, und konzentrierte mich wieder auf die Unterlagen, die vor mir auf dem Schreibtisch ausgebreitet und durch das warme Licht meiner Schreibtischlampe beleuchtet waren. Es handelte sich noch immer um die Unabhängigkeit Ikrisons.
Die Volksabstimmung war zu Rachels, Aidens und meiner Erleichterung sehr positiv ausgefallen und hatte die beiden als Anführer bestätigt. Sie waren dabei, ein eigenes politisches System aufzubauen und wollten nach meiner Hochzeit die ersten Parlamentswahlen abhalten. Schon jetzt ließen sich Kandidaten dafür aufstellen.
Endlich schien sich alles zum Guten zu wenden. Nur meine Hochzeit machte mir nach wie vor Sorgen. Zwischen Dashiell und mir standen Dinge, über die wir reden sollten. Nur machte keiner von uns den ersten Schritt.
Erneut ertappte ich mich dabei, wie ich gedankenverloren meinen Blick im Raum umherschweifen ließ. Verärgert biss ich die Zähne zusammen und fokussierte mich wieder auf die Unterlagen. Wieso konnte ich nicht ein einziges Mal bei der Sache bleiben?
Ich beantwortete mir meine Frage selbst: Wegen Dashiell.
Seufzend schob ich meine Unterlagen zusammen, an denen ich gearbeitet hatte und öffnete dann meine oberste Schreibtischschublade, aus der ich eine Tafel Schokolade hervorkramte. Während ich die Tafel vom Papier befreite, sah ich auf die Uhr.
Schon fast Mitternacht. Erschöpft lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und schob mir ein Stück Schokolade in den Mund. Mein akuter Schlafmangel machte sich schon seit einigen Tagen bemerkbar und ich spürte, wie mir langsam die Lieder schwer wurden.
Doch ich konnte einfach nicht zur Ruhe kommen. Die Hochzeit mit Dashiell schien langsam wie ein Damoklesschwert über mir zu schweben und dass wir bisher noch nicht miteinander geredet hatten, schien die Situation nur stetig zu verschlimmern.
Nach etlichen weiteren Minuten konnte ich noch immer keinen anständigen Gedanken fassen. An das Arbeiten war jedenfalls nicht mehr zu denken. Also legte ich den Stapel wieder in meine Mappe, verstaute diese in meiner zweiten Schreibtischschublade – die erste war der vorzüglichen Schokolade vorbehalten, von der ich mir noch ein Stück nahm, bevor ich auch sie wieder zurücklegte.
Unschlüssig stand ich da und überlegte, ob ich wohl schon zu Bett gehen sollte. Die letzten Nächte hatte ich erst in den Schlaf gefunden, als ich kein Auge mehr offenhalten konnte vor Erschöpfung, nachdem ich stundenlang wachgelegen hatte.
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Selection - Elyanor
FantasyEndlich ist es soweit. Die Selection der jungen Königin Elyanor von Arvandor steht bevor. Zweiunddreißig junge Männer sind in den Palast gekommen und kämpfen um ihr Herz. Aber nicht alles verläuft nach Plan und als Königin hat Elyanor noch ganz ande...